1. Kapitel

4.4K 166 21
                                    

Es regnete.

Mal wieder. 

Immer wenn Mikael, der von allen nur Mick genannt wurde, sich unwohl fühlte, regnete es.

Und er fühlte sich gerade sehr unwohl!

Er saß im Büro des Direktors des Waisenhauses und das war meist ein schlechtes Zeichen.

Seit fünf Jahren war er nun in diesem verfluchten Waisenhaus. Schon von Anfang an hatte man ihm gesagt, dass es schlecht aussehen würde, für ihn eine Familie zu finden. Er war damals neun gewesen, als die Polizei ihn hierher gebracht hatte.

Seine Mutter hatte sich umgebracht. Mick war von der Schule gekommen und hatte ihre Leiche im Wohnzimmer gefunden. Mick glaubte, dass es ihre letzte große Rache an ihm war. Auch wenn man es von einer Mutter nicht glauben konnte, so hatte sie ihren Sohn gehasst.

Manchmal hatte er sie murmeln hören, dass er genau wie sein Vater sei.

Er kannte seinen Vater nicht.

Hatte ihn noch nie kennen gelernt.

Aber Mick war sich sicher, dass er ein Arschloch gewesen sein musste. Wer verpisste sich schon, sobald er erfährt, dass seine Freundin schwanger war? Richtig! Genau! Ein Arschloch!

Nun ja!

Es gab hier im Waisenhaus zwei Regeln, was das Büro des Direktors betraf.

Erstens: Er hatte endlich eine passende Familie für jemanden gefunden!

Zweitens: Er hatte herausgefunden, dass man mächtig Scheiße gebaut hatte.

Mick war Realist, auch wenn er noch sehr jung war.

Man fand für einen vierzehnjährigen Jungen, der einen Mist nach dem anderen baute, keine Familie. Es sei denn, es war eine Pflegefamilie, die für Kohle alles annehmen würde. Auch so ein verkommenes Kind wie Mick.

Wenn es also das nicht war, dann hatte der Direktor irgendetwas gefunden. Irgendein Vergehen, dass ihn dazu bemächtigte Mick zu bestrafen. Und das machte er besonders gerne.

Endlich ging die Tür auf und der Direktor kam mit einer Frau und einem Mann herein. Beide waren sehr groß und sie sahen nicht gerade fröhlich aus. Zumindest lachte keiner der beiden oder hatte wenigstens die Andeutung eines Lächelns auf den Lippen.

Mick hob verblüfft die Augenbrauen.

Was sollte das?

Hatte sich doch jemand gefunden, der sich für ihn interessierte? Mick lachte innerlich. Das konnte nicht wahr sein. Er hatte es doch beinahe geschafft und war raus aus dem verdammten Haus. Und nun sollte er vermittelt werden? Das passte ihm gar nicht in den Kram. Er wollte unabhängig sein und das tun, was er wollte. Bestimmt würde er sich nichts vorschreiben lassen. Vor allem nicht von so einer verklemmten Tante, wie es die Frau war. Sie hatte tatsächlich ein graues Kostüm an und die Rüschenbluse vervollständigte das Bild einer alten Gouvernante. Außerdem trug sie einen Dutt. Das konnte Mick schon gar nicht leiden. Das einzige, was cool an ihr war, waren die knallroten Pumps, die einen Absatz von mindestens zehn Zentimetern hatten.

Die Frau sah ihn lange an, dann sprach sie mit dem Mann in einer Sprache, die Mick noch nie gehört hatte. Dennoch kam sie ihm seltsam vertraut vor.

Der Direktor setze sich hinter seinen Schreibtisch und faltete seine Hände zusammen.

„Und? Kann er es sein?", fragte er mürrisch, als ob er es kaum glauben konnte, dass Mick gesucht werden würde.

Die Frau trat näher an Mick.

DEMONSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt