14. Kapitel: Paargespräch

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Im Taxi herrschte eine eisige Stimmung. Molli schaute die ganze Zeit aus dem Fenster, sah Hochhäuser und Bäume vorbeiziehen. Marc links neben ihr versuchte, das Eis zu brechen. Normalerweise gelang ihm so etwas ziemlich gut, Gespräche anfangen, Stimmungen auflockern. Diesmal scheiterte er erbärmlich.

Vielleicht lag es daran, dass Mollis Herz, wie ihr Verhalten, beinahe vereist war? Molli wusste selbst, dass dies nicht mehr der Fall war. Ihr Herz hatte sich in den Tagen froh gefühlt, lebendig, warm. Es schlug jetzt immer noch lebendig und warm in der Brust. Sie besaß nur eine dünne Eiskruste, und weigerte sich, sie schmelzen zu lassen.

Nicht, dass sie überhaupt nicht sprachen. Marc erzählte ihr von der Hangzhou-Reise, vom Tempel, vom Westsee, nur nicht von den Long-Drachen. Das durften sie in der Anwesenheit des Taxifahrers nicht tun, auch wenn er Deutsch nicht verstünde. Molli antwortete mit „Hm", „Cool", „Find ich auch".

Über sie beide sagte Marc nichts. Das hatte noch Zeit. Molli war nicht sonderlich erpicht auf den Moment.

Endlich kam das Auto zum Stillstand. Molli zahlte und sie stiegen aus.

„Soll ich einfach sagen, dass die Reisegruppe die Reise einen Tag vorverlegt hat?", wollte Marc wissen. Molli zuckte die Schultern.

„Du bist von selbst hergekommen. Das musst du wissen. Solange du nichts von Long-Drachen erzählst, sag, was du willst." Auf einmal fühlte sie sich unglaublich müde. Sie wollte sich nur noch auf dem Bett ausstrecken. Ohne jegliche Vorfreude dachte sie an das Treffen gleich mit ihren Eltern. Ihre Mutter würde eins auf alles ist wieder gut machen, ihr Vater... hm. Vielleicht würde er ein Bier mit ihm trinken und ihm versuchen beizubringen, wie man Frauenherzen wiedergewinnt; oder er würde ihm eins reinhauen.


„Wir wohnen im vierten Stock", informierte sie Marc. Dieser nickte und fragte:

„Und, wie ist es so, in einem Hochhaus zu wohnen? Ungewohnt, oder?"

„Eigentlich ist das ziemlich cool, wegen der Aussicht. Aber manchmal vermisse ich den Garten, das stimmt."

Der Aufzug kam und sie traten ein. Molli drückte auf „5". Sie betrachtete sich und Marc in dem Spiegel, der die gesamte Wand ausmachte. Sie erinnerte sich, wie ihre Freunde ständig erzählten, wie gut sie doch zusammenpassten. Der Spiegel schien derselben Meinung zu sein. Er zeigte nicht, dass sie sich getrennt hatten.

Marc schaute ebenfalls den Spiegel an. Er studierte Mollis Gesicht im Spiegel, und entdeckte endlich die Röte um die Augen.

„Hast du viel geweint?", fragte er leise. „Wegen mir?" Sie schwieg.

„Hätte ich nicht nach China kommen sollen?" Seine Stimme war sanft, und er griff nach ihrer Hand. In dem Moment öffneten sich die Türen. Gottseidank.

„Marc, seit wann fragst du, wenn du etwas tun willst?", erwiderte Molli und riss ihre Hand weg. Sie schloss die Haustür auf. Ihre Mutter saß lesend auf dem Sofa. Als sie zur Tür schaute, stutzte sie.

"Marc? Wo kommst du denn auf einmal her?", rief sie und schüttelte seine Hand.

"Meine Reisegruppe. Sie haben beschlossen, doch einen Tag früher nach Shanghai zu kommen.", antwortete Marc wie aus der Pistole geschossen.

"Das hättest du doch etwas früher Bescheid sagen können, dann bräuchte Molli dich nicht abzuholen, das hätte ihr Vater schon gemacht. Ich habe mich schon gewundert, wo Molli heute Mittag hin wollte.", sagte ihre Mutter, während sie hineingingen. "Was möchtest du trinken?"

"Wasser reicht, danke", sagte Marc. Er stand ein wenig unbehaglich herum, also ging er zum Fenster und bewunderte den Ausblick. Molli saß auf dem Sofa suchte nach einer Ausrede, mit welcher sie sich zurückziehen konnte.

Die Long-DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt