7. Das, in dem ich nicht schlafen kann

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*7.Kapitel*

„Es gibt Essen!"
„Ja."
„Wir kommen."

Immer noch nicht ganz wach trotteten wir ins Esszimmer.
„Mmm... Lecker Pizza!" Bills Gesicht erhellte sich schlagartig und er schnappte sich eine Schachtel.
Wie konnte jemand nur so viel essen und dabei nicht einmal zunehmen.
„Du hast doch schon vorhin die ganzen Süßigkeiten aufgefressen."
„Na und? Ich hab halt Hunger."

„Was habt ihr eigentlich den ganzen Tag gemacht?!", wollte Simone jetzt wissen.
„Geschlafen?!"
„Außer schlafen!?"
„Nicht viel..."
„Tja, ihr desozialisiert." Ich sah die beiden vorwurfsvoll an.
„Gar nicht. Und Andi war doch auch heute da..."
„Wow. Und was haben wir gemacht? 'Nen Film geguckt..."
„Aber ihr habt doch nicht vor die ganzen Ferien mit Schlafen und Fernsehen zu verbringen, oder?" Simone schaute ihre Söhne mit zweifelndem Blick an.
„Du hast Essen vergessen.", warf ich genervt ein.
„Doch."
„Jungs, das ist nicht euer Ernst, oder?"
„Ähm... Eigentlich schon..."
„Naja morgen müsst ihr so oder so aufstehen."
„Wieso? Was habt ihr morgen denn vor?"
„Schwimmen mit Andi."
„Na bitte. Dann macht ihr wenigstens mal etwas sinnvolles."
„Von alleine wären die nicht darauf gekommen." Und ich würde noch vor Langeweile sterben.
Simone sah sie noch einmal an und seufzte.

„Darf ich 'n Stück von deiner Pizza haben?"
„Tom!"
„Nein, nein. Ist okay. Ich hab sowieso keinen Hunger." Ich schob ihm den vollen Pizzakarton entgegen.

„Bill, du bringst heute den Müll raus.", eröffnete Simone ihm, nachdem wir zu ende gegessen hatten.
„Ich bin dann weg, ne?" Tom schob seinen Stuhl zurück und flitzte die Treppe hoch.
„Arschloch..."
„Bill?" Sie sah ihren Jüngsten warnend an.
„Och man, wieso ich?"
„Ich diskutiere nicht mit dir. Du bringst ihn raus und fertig."
Bill verschränkte seine Arme vor der Brust und ließ sich an der Stuhllehne herunter rutschen. Ich verdrehte nur die Augen, stand auf, ließ ein schnelles „Gute Nacht" hören und ging nach oben. Das konnte noch lange dauern. Er würde jetzt so lange die beleidigte Leberwurst spielen, bis es Simone zu viel wurde und ihn mit einem Seufzen nach oben schicken würde.
Er war und blieb halt unbeschreiblich faul. Und ich glaubte auch nicht, dass sich das jemals ändern würde.

Ich suchte mir meine Schlafsachen heraus und zog mich um. Auf dem Weg ins Badezimmer kam mir ein grinsender Bill entgegen.

„Lass mich raten. Du musstest den Müll nicht raus bringen?"
Sein Grinsen wurde breiter.
„Oh man..." Ich drehte mich zur Badezimmertür, wollte reingehen und stieß mit Tom zusammen, der aus dem Badezimmer kam.
„Wie hast du die letzten Jahre mit dem da bloß überstanden?" Ich schob mich an ihm vorbei und sah erst Bill, dann Tom an.
„Das weiß ich auch nicht... Aber jetzt habe ich ja Unterstützung." Er tätschelte mir die Schulter.
Ich nickte. „Geteiltes Leid, ist halbes Leid."
„Ihr seid unfair.", schmollte Bill. „Nur weil ich faul bin?!"
„Du bist auch noch nervig, egoistisch -", fing Tom an aufzuzählen, wurde aber von Bill unterbrochen.
„Na vielen Dank auch." Damit verschwand er in seinem Zimmer.
Wir zuckten nur mit den Schultern, er ging ebenfalls in sein Zimmer und ich fing an meine Zähne zu putzen.

Ich lag jetzt bestimmt schon über eine Stunde in meinem Bett, wälzte mich von einer auf die andere Seite und konnte nicht einschlafen. Warum hatte ich auch heute Nachmittag schlafen müssen?
Ob die Zwillinge wohl genau so wach waren wie ich? Ich spielte mit dem Gedanken einfach rüber zu gehen.
Als ich nach einer weiteren halben Stunde immer noch nicht schlafen konnte, beschloss ich bei Tom vorbeizuschauen. Zu Bill wollte ich nicht gehen. Der würde mich nur zutexten. Da hätte ich nichts gewonnen. Irgendwie tat er mir ja schon leid, dass wir ihn alle mobbten. Ich hatte ihn ja wirklich lieb, aber bei aller Liebe; er konnte einen zu Tode labern und nerven.

Ich tapste mit meinem Bettzeug durch den Flur und blieb vor Toms Tür stehen. Sollte ich wirklich klopfen? Ich meine, ich wollte ihn ja nicht nerven oder so... Ich schüttelte den Kopf; bei anderen war es mir auch egal.
Also klopfte ich.
„Hm?" Ich öffnete die Tür.
„Ich bins. Kann ich reinkommen?"
„Klar."
„Ich kann nicht einschlafen..."
„Ich auch nicht."

Ich tastete mich durch das Zimmer und trat bei erstbester Gelegenheit in etwas spitzes.
„Autsch!"
„Was 'is?"
„Bin in irgendwas reingetreten."
„Achso."
„Achso?"
„Ja was soll ich deiner Meinung nach denn sagen?"
„Wie wärs mit ,Armes Linchen', Tommi?"
„Armes Linchen..."
„Mach mal bitte Licht an."
Er schaltete seine Nachttischlampe an und ich räumte den Krims Krams vor seinem Bett aus dem Weg und breitete mein Bettzeug auf dem Boden aus.
„Okay. Kannst wieder ausmachen."

Ich wollte mich gerade hinlegen, als es klopfte.
„Ja?", knurrte Tom aus seinem Kissen und schaltete seine Lampe erneut ein.
Die Tür ging auf und ein ziemlich zerzauster Bill stand in der Zimmertür.
„Ich kann nicht einschlafen."
„Komm rein, Billy.", seufzte sein älterer Zwilling und ließ sich zurück in sein Kissen sinken.
„Du kannst die Lampe ausschalten.", bemerkte Bill, als er es sich neben mir auf dem Boden gemütlich gemacht hatte.
„Das ist das letzte Mal an diesem Abend, dass diese Lampe an oder aus geht!" Tom schaltete die Lampe aus.

„Ich kann immer noch nicht schlafen."
„Boah Bill, dann zähl Schafe!"
„Ein Schaf, zwei Schafe..."
Ich hörte wie Tom sich seine Hand gegen die Stirn schlug. „Du bist so seltendämlich!"
„Gar nicht." Aber er sagte nichts mehr und drehte sich auf die andere Seite.
„Billy, Tommy und Linchen sollten jetzt wirklich schlafen."

Nach ein paar Minuten war dann Seitens Bill nur noch ein leises Schnarchen zu hören.
„Den lass ich nicht mehr hier schlafen."
„Lass ihn doch. Wenigstens ist er jetzt still."
„Mehr oder weniger..."

Ich drehte mich auf den Rücken und wieder zurück. Man, dieser Boden war aber auch hart. Toms Bett hingegen war bestimmt warm und weich... Ich könnte ihn ja fragen, ob ich mit darin schlafen dürfte. Wie es wohl war neben ihm zu schlafen? Ganz nah bei ihm? - Stop! Lina, was denkst du denn da? Er ist dein Bruder! Na gut, Stiefbruder... Trotzdem!
Aber der Boden wurde wirklich unbequem und auf Rückenschmerzen hatte ich nun wirklich keinen Bock.

„Tom? Der Boden ist voll hart..."
„Willst du hochkommen?"
„Wenn ich darf?"
„Hätte ich's dir sonst angeboten?"
„Kann ja sein..."
„Na los, komm schon rauf."
Ich stand auf und krabbelte unter seine Decke. Ja, hier war es viel gemütlicher...

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Geschwisterliebe Tokio Hotel Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt