Gefühlte Ewigkeiten trotte ich jetzt schon auf diesen Sandweg hier her. Jeden zweiten, auf den Boden liegenden Kieselsteinen wird von meinem Fuß ein Stückchen näher zum Wegrand hingekickt. Meine langen, braunen Haare fallen mir immer wieder ins Gesicht, egal wie oft ich sie auch hinter meinen Ohren verstecken versuche. Die Maisfelder, welche den Weg umschließen, funkeln golden hell in der Abendsonne. Sie lässt ihre letzten Strahlen auf meinem Gesicht erglühen bis auch sie schließlich langsam hinter dem Horizont verschwindet.
Ich merke förmlich, wie sich die große Leere in mir immer weiter ausbreitet und Stück für Stück ein bisschen mehr von mir aufsaugt. Wie konnte ich das nur machen? Warum habe ich sie zurückgelassen? Meine beste Freundin ist jetzt noch dadrin im Waisenheim und muss sich mit dem drachenartigen Wesen namens Miss Blace herum schlagen.
Wahrscheinlich wird sie jeden Moment von Ihr angeschrien. Das ist doch nicht fair. Sie hat so was nicht verdient. Rosé wäre zu Größerem, zu Besserem im Stande gewesen. Und jetzt muss sie vielleicht für ihr restliches Leben dort in der Einöde vergammeln. Und wieso hat sie das zugelassen? Die Antwort ist einfach, wegen mir. Sie hat das nur für mich getan.
Sie hat einzig und allein den Gedanken verfolgt, dass ich nach London fahren kann. Menschen mit einem so großen Herzen wird man nicht leicht in dieser mit Hass erfüllter Welt finden. Vermutlich werden ich kein zweites Mal einen solchen Menschen finden. Mit Rosé an meiner Seite wäre es so viel besser gewesen, es wäre leichter gewesen.Nach einer Weile merke ich auf meinen Kopf etwas feuchtes. Ich schaue nach oben. Mehrere kleine Regentropfen fallen auf mein Gesicht herunter. Ehe ich mich versah, hat es angefangen zu regnen.
So schlau wie ich bin, habe ich natürlich nicht an eine wasserfeste Jacke gedacht und jetzt stehe ich hier draußen mit meiner Strickjacke im Freien.
Ich gehe einen Schritt schneller. Die Regentropfen werden größer und der Himmel immer dunkler.
Da ich keine Lust habe noch nasser zu werden, fange ich an zu rennen.
Der Boden ist aufgeweicht und noch die eben feste Erde hat sich in ekligen Schlamm verwandelt.
Ich muss mich bemühen nicht auszurutschen, denn das ich noch voller Matsch überseht bin, steht definitiv nicht auf meiner Tagesordnung.
Etwas weiter vor mir entfernt höre ich eine Art ,,Tutut".
Ganz ohne Zweifel ist das der Zug. Ich versuche noch schneller zu rennen, als ich es ohne hin schon tue.
Vor mir taucht der Zug auf. Es ist eine Scharlach rote Dampflock mit zwei weiteren Anhängern. Aus der Dampfpfeife kommen weitere ohrenbetäubende Geräusche. Schwarzer Rauch steigt aus dem Schornstein auf. Die Dampflock ist zur Abfahrt bereit. Die Türen schließen sich. Die Räder fangen an sich zu bewegen. Gleich ist die Lock auf und davon. Weg. Und ich würde meine letzte Chance verpassen.
Ohne Nachzudenken setze ich zum Sprung an. Ich springe auf das Ende des letzten Wagons. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, von dem Zug wieder hinabzusteigen, hat er schon sein Höchsttempo erreicht. Mit angewinkelten Armen lehne ich mich ans Geländer des Zuges an. Mein Blick schweift über die immer weiter hinter mir liegende Landschaft.
An den vielen Apfelbäumen am Wegrand, die endlos weiten, grünen Felder dahinter und der Mond der mächtig am Himmel zwischen all den vielen dunkelgrauen Wolken hervorsticht.
Doch so langsam wird mir kalt. Der Regen hat immer noch nicht ganz nachgelassen, aber auf dem Wagonende ist immer hin die Ladefläche zum Teil überdacht. Trotzdem beschließe ich lieber ins Innere des Zuges zu gehen.Ein paar Meter von mir entfernt sehe ich eine schwarze Tür, die wohl ins Innere führen muss.
Zum Glück ist die Tür zu dem Wagon nicht verschlossen. Ich drücke die mit Staub beschmierte Türklinke, anscheinend wurde diese Tür schon etwas länger nicht benutzt, herunter.In dem Wagon standen viele aufeinander gestapelte Kisten aus Holz. Ich mache es mir zwischen ein paar dieser Kisten in der hintersten Ecke beim Fenster gemütlich. Meinen Beutel stelle ich neben mir ab. In der Hoffnung einen dicken Pullover zu finden, da mir immer noch ziemlich kalt ist,
krame ich in meinem Beutel herum.
Doch anstatt einen Pullover zu finden, erfühlen meine Hände einen viereckigen Gegenstand. Ich hole diesen aus meinem Beutel und in meiner Hand halte ich ein Bild.
Es befindet sich in einem schlichten, dennoch edlen Holzrahmen. Das Fotopapier ist schon etwas älter, an manchen Stellen eingerissen und die Ecken sind unsauber abgeknickt. Mit einem etwas fokussierteren Blich mustere ich den Gegenstand in meinen Händen. Es zeigt mich mit meiner besten Freundin Rosé. Wir liegen uns glücklich und lachend in den Armen und stehen vor unserer Zimmerwand.
Rosé muss es wohl mit Absicht in den Beutel gelegt haben. Als Erinnerung an unsere schöne Zeit. Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als wir das Foto aufgenommen haben. Es war die erste Woche, seid Rosé ins Waisenheim gekommen ist. Nie werde ich den Moment vergessen, als ich ein Klopfen an meiner Zimmertür vernahm, gefolgt von einem kleinlauten ,,Hallo."Die Tür ging auf und ich sah Rosé zum ersten Mal.
Sofort sind mir ihre schönen glatten Haare aufgefallen, ihre schimmernd blauen Augen und die einzelnen Sommersprossen die über ihrem Gesicht verteilt waren.
Sie machte zunächst auf mich einen ängstlichen und eingeschüchterten Eindruck. Als wir uns dann aber unterhielten merkte ich welch freudiger, verrückter und liebenswerter Mensch sie ist.
An dem Tag war mir noch nicht bewusst, dass sie mir so wichtig werden könnte.
Eine kleine Träne hat es geschafft mein Auge zu verlassen und fällt auf das Bild nieder. Reiß dich zusammen Alexis. Du wirst jetzt nicht weinen, nicht wo es erst wenige Stunden her ist, dass du Rosé gesehen hast. Ein letztes Mal schaue ich mir das Bild an, ehe ich es zurück in meinen Beutel stecke.
Ich lehne mich zurück und denke nach. Über das was mich wohl in London erwarten wird. War es wirklich die richtige Entscheidung fort zu gehen? Ehe ich genauer auf die Frage in meinen Kopf eingehen kann, werden meine Augenlieder schwerer und bevor ich es verhindern konnte, bin ich eingeschlafen.+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=
Hallo und Ja ich lebe auch noch. ;)
Tut mir Leid das seid längerem nichts mehr kam, aber ich hatte irgendwie keine Zeit, die Geschichte weiter zu schreiben.
Ich werde mich bemühen die Geschichte wieder etwas schneller zu aktualisieren. :)Hoffe natürlich, dass euch das Kapitel einigermaßen gefällt, auch wenn es nicht wirklich spannend ist.
Reviews, Kommentare etc. sind wie immer erwünscht.;)
DU LIEST GERADE
Schicksalsschläge (wird überarbeitet)
FanfictionAlexis erfährt eine schlimme Nachricht, die ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt. Sie hatte es ohne hin schon nicht leicht, denn sie lebt in einem Waisenheim in England. Wäre dort nicht Rosé, ihre beste Freundin wäre das Leben für sie unerträglich...