Nachdem wir noch eine gefühlte Ewigkeit im Regen gestanden haben sind wir wieder zurück gegangen. Keiner gab ein Wort von sich und wir liefen, wie zwei fremde Menschen neben einander.
Erleichternd betrete ich das Haus. Draußen ist es so kalt, das ich einem Eiswürfel Konkurrenz machen könnte. Im Gedanken liege ich schon im Bett, eingepackt in meiner warmen Decke.Ich steuere mit direktem Weg die Treppe an. Aber wie schon zu erwarten, kommt mir Harvey mit einer äußerst miesen Laune entgegen. Wie kann man nur die ganze Zeit so niedergeschlagen sein? Das schaffe ja noch nicht mal ich und ich habe wirklich allen Grund dazu.
Sein Blick führt ins Leere, wahrscheinlich hat er mich überhaupt nicht wahr genommen.
Ich setzte meinen Weg fort und verschwinde hinter meiner Zimmertür.
Die Vorhänge des Fensters sind noch offen, so dass ich direkten Blick auf den Mond haben oder eher dass, was vom Mond zu erkennen ist, denn es ist nebelig, bewölkt und dunkel draußen.
Mit erschöpften Beinen lasse ich mich aufs Bett fallen. Sofort gleite ich unter die Decke. Mein Körper entspannt sich langsam, sowie meine Augen. Ohne jegliche Sorgen, die mir im Moment den Schlaf rauben, lasse ich sie zufallen. Ich hatte endlich zur Ruhe gefunden, um einzuschlafen. Doch wie es der Zufall will, hindert mich irgendetwas wieder daran. Aus dem Nebenzimmer drängen Stimmen zu mir rüber. Genau verstehen, worüber gesprochen wird kann ich nicht, aber die Stimmen werden immer lauter und so wie es scheint auch aggressiver. Misswillig öffne ich meine Augen, auch, wenn jetzt der Schlaffortschritt komplett für die Tonne ist.Ich verlasse mein, noch so eben warmes und gemütliches Bett und spüre den kalten, rauen Boden unter meinen Füßen. Sofort erfasst mich erneut die Kälte und ein Schauer überkommt mir. Wer auch immer mich am Schlafen hindert, bekommt gleich ordentlich meine Meinung zu hören. Wenn es um Schlaf geht ist mit mir nicht zu spaßen. Heute morgen wurde ich schon viel zu früh von Max geweckt, dann ist es ja wohl das Mindeste, wenn ich in Ruhe einschlafen kann.
Wut geladen mache ich mich auf dem Weg zum Nebenzimmer. Die Tür ist nur leicht angelehnt und ich mache mich bereit, sie weit aufzuschlagen und Demjenigen gehörig meine Meinung zu geigen.
,,Was ist nur verdammt nochmal los mit dir? In letzter Zeit hast du dich so verändert. Du bist nicht mehr der Mensch, der du mal warst."
Verwundert ziehe ich meine Hand von der Türklinke wieder zurück. Ohne Zweifel ist das Max.
Mit immer schnellerem Herzschlag stehe ich still vor der Zimmertür.
,,Ach was weist du schon. Du hast mich noch nie verstanden und verstehst nicht im Geringsten, was ich gerade durch mache."
Endlich kann ich auch die zweite Stimme zuordnen und so wie es scheint Streiten sich Max und Harvey. Aber worüber?
Auch wenn es falsch ist, deren Gespräch zu lauschen, bin ich einfach zu neugierig. Ich versuche meinen Atem ruhig zu halten und stehe wie eingefroren vor der Tür.
,,Oh doch, dass verstehe ich." Max wird zunehmend lauter. ,, Das einzige was ich möchte, ist meinen Bruder zurück zu bekommen. Seit Wochen sitzt du hier alleine im Zimmer, abgegrenzt von uns allen. Verstehst du nicht, dass ich dich brauche."
Er versucht sich ein Schluchzen zu unterdrücken. Wahrscheinlich fließen ihm gerade tausend Tränen über die Wange.
,,Jetzt hör schon auf Max, wenn du nicht wärst, wäre das alles nicht passiert." Der noch eben auf dem Bett sitzende Harvey erhebt sich und stellt sich bedrohlich vor Max. Mit lauter und eindringlicher Stimme schreit er ihn mitten ins Gesicht an. ,, Ich wünschte du wärst nie geboren und erst Recht nicht mein Bruder." Überrumpelt von diesen Worten weicht Max ein Schritt zurück, dreht sich um und verlässt Augenblick den Raum.
Vergeblich versuche ich mich, bevor mich sieht, zu verstecken. Mit einem gewaltigen Ruck pfeffert er die Zimmertür zu, bis er direkt vor mir steht.
,,Ich... äh... wollte nicht.... tut mir Leid." Ich rechne schon damit, dass er mir lautstark mitteilt, dass ich nicht die Gespräche zwischen seinem Bruder und ihm belauschen soll.
Meine Beine zittern und ein mulmiges Gefühl breitet sich in meinem Bauch aus. Ich hätte einfach liegen bleiben sollen. ,,Ich nehme an, du hast alles gehört oder?" Mit einem vorsichtigen Nicken bestätige ich seine Frage. ,,Willst du darüber reden?", bringe ich kaum hörbar über meine Lippen. Ich kann nicht einschätzen wie er antworten wird, was mir ein bisschen Angst ein jagt.
,,Ja, aber nicht hier." Max geht an mir vorbei in Richtung seines Zimmers. Schnellen Schrittes folge ich ihm. Ich schließe die Zimmertür hinter mir und gehe ein paar Meter näher auf Max zu. Wir setzten uns auf sein Bett. Seine Arme sind verschränkt und seine Augen führt zu den Wänden des Zimmers.
Er würdigt mich keines Blickes. Schweigend sitzt er einfach nur da, wie eine reglose Puppe. Sein Körper ist Anwesend, aber sein Geist nicht.
Bevor er etwas sagen kann, laufen ihm Tränen die Wangen herunter. Mit dem Kopf auf seinen Handflächen abgestützt, weint er einfach drauflos.
Mir fällt keine bessere Lösung ein, als meinen Arm um ihn zu legen und ihm beruhigend über den Rücken zu streicheln. Ich kann es nicht leiden wenn Menschen weinen, innerlich zerbrechen und sich selbst verlieren. Darum versuche ich immer glücklich und fröhlich auf andere zu wirken. Sie haben selbst Ihre eigenen Probleme und sollten sich nicht noch mit meinen Befassen.
,,Max... ich kann nicht viel ausrichten und dir die Last von den Schultern nehmen erst recht nicht, aber es macht mich unglücklich, dich weinen zu sehen. Wenn du mit mir reden willst, werde ich dir zuhören.
Sein Puls verlangsamt sich ein wenig und seine Atmung wird sanfter. Seine Augen, welche vom vielen Weinen rot unterlaufen sind blicken mich eindringlich an. ,,Harvey.... er ist nicht mehr so wie früher." Er setzt ein paar Sekunden aus, bevor er wieder das Wort ergreift.
,,Früher haben wir alles zusammen gemacht, der eine konnte nicht ohne den Anderen. Wir haben uns immer alles erzählt, aber jetzt... " Sein Weinen unterbricht ihn erneut. "...ist er nur noch allein in seinem Zimmer, redet kaum noch etwas und ist sauer auf mich." Die Tränen vermehren sich wieder und das Schluchzen wird lauter. Die Gedanken fressen ihn innerlich auf und sie auszusprechen muss für ihn mehr als schwer genug sein. ,,Willst du mir den Grund erzählen? Wenn man darüber spricht, geht es einem meistens danach besser." Er versucht sich wieder zu fangen und die Traurigkeit zu unterdrücken. ,,Die genaue Situation sollte dir lieber Harvey berichten, aber es gibt eine Sache die ich dir erzählen kann." Nachdenklich guckt er zu mir hoch, so als ob er überlegt, ob es wirklich das Beste wäre mit mir darüber zu sprechen. ,,Harvey hatte eine Freundin, aber wegen einem Vorfall ist alles schief gelaufen. Sie hat sich von ihm getrennt, seid daher ist sein Herz gespalten und er lebt in seiner eigenen Welt. Einer Welt voller Verlust, Trauer und Schmerz. Er ist sauer auf mich und wenn wir die seltenen Male miteinander reden, streiten wir nur noch.
Ich möchte doch nichts, außer meinen Bruder zurück." Max beendet seinen Vortrag und wendet sich wieder der Zimmerwand zu.
,,Wenn du willst kann ich ja mal versuchen mit Harvey zu reden?"
,,Das würdest du für mich tun?"
,,Klar, du bist ja schließlich mein Freund."
Ich entlocke ihm sogar ein leichtes Schmunzeln.
,,Dann gehe ich mal wieder zurück in mein Zimmer." Ich erhebe mich vom Bett und bewege mich auf die Tür zu. ,,Alexis, kannst du nicht für heute hier bleiben?" Die Art wie er mich fragt, ist so liebevoll. Er versucht ein kleines Lächeln hervor zu bringen, was ihm aber noch nicht wirklich gelingt. Die Betrübnis hat immer noch die Oberhand in seinem Inneren.
,,Wenn du das unbedingt willst." Von der Tür abwendend gehe ich zurück zu Max. Wir legen uns Seite an Seite neben einander. Auch wenn noch eine Menge Platz zwischen uns ist, kann ich deutlich sein Wärme spüren, die er ausstrahlt. Unauffällig blicke ich zu Max, wessen Blick aufs Fenster gerichtet ist. Ähnlich wie bei meinem Zimmer, hat man klare Sicht nach draußen. Schwach erkennt man den Regen, der vom Himmel fällt. Die Tropfen haften an der Scheibe und scheinen ein Wettrennen zu veranstalten, wer es als erstes nach unten, ans Ende der Fensterscheibe gelangt. Mit dem Geräusch der prasselnden Regentropfen entspanne ich mich und schlafe schließlich ein.+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+=+
Die Schule hat mich mal wieder daran gehindert, ein Kapitel zu schreiben, also gibt den Lehrern die Schuld ;)
Ich hoffe es gefällt euch. Feedback, Reviews und Kommentare sind wie immer erwünscht.
Noch einen schönen "was-auch-immer" :)~Star
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Schicksalsschläge (wird überarbeitet)
FanfictionAlexis erfährt eine schlimme Nachricht, die ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt. Sie hatte es ohne hin schon nicht leicht, denn sie lebt in einem Waisenheim in England. Wäre dort nicht Rosé, ihre beste Freundin wäre das Leben für sie unerträglich...