Kapitel 25

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Mira POV:

"Warte was?!", schrie Hannah schon fast, als ich ihr von unserem Kuss erzählt hatte, "Er hat dich geküsst?!"

"Ja", murmelte ich und senkte meinen Blick, als ich wieder daran dachte.

"Meine Güte, ich darf wirklich nie wieder krank sein, da du wahrscheinlich beim nächsten Mal, sogar deine Jungfräulichkeit an ihm verlieren würdest", murmelte sie leise vor sich hin, doch ich hatte es trotzdem gehört und schlug ihr spielerisch auf ihren Oberarm.

Obwohl ich das nicht tun wollte, stellte ich es mir eine einzige Millisekunde vor, und mir wurde sofort ganz heiss und mein Körper fing irgendwie an zu prickeln.

Hannah die ganz genau wusste, dass ich daran gedacht habe, wackelte nur mit den Augenbrauen und grinste mich an.

"Du stehst auf ihn", lachte sie plötzlich leise, "Und wie du auf ihn stehst."

"Tue ich nicht!", antwortete ich ihr ein bisschen zu schnell, weshalb sie nur noch mehr lachte.

"Hör auf, ich stehe wirklich nicht auf ihn! Nicht wie du auf Marco.", entgegnete ich und dachte sie würde nun weiter lachen, doch sie verstummte augenblicklich.

In ihren Augen sah ich Verletzlichkeit aufblitzen und ihre Augen füllten sich mit Tränen.

Besorgt und zugleich ein wenig geschockt nahm ich sie einfach direkt in den Arm. Das schien mir in diesem Moment am sinnvollsten.

Einige Minuten verharrten wir in dieser Position und schwiegen uns einfach nur an.

Klar wollte ich wissen was geschehen war, doch ich würde sie keinesfalls dazu bedrängen.

"Er hat kein Interesse an mir. Zumindest nicht auf diese Art, wie ich sie gerne gewollt hätte.", schniefte sie.

"Was meinst du damit?", fragte ich vorsichtig.

"Er wollte mich anscheinend nur ins Bett kriegen, nichts weiter.", antwortete sie mir fast schluchzend.

"Warum denkst du sowas?", war meine nächste Frage.

Ich kannte Marco zwar nicht, doch Hannah hatte nur gutes von ihm erzählt.

Er hatte sie ganz charmant auf einer Party angesprochen und sie anschliessend auf ein Date ausgeführt, was hatte sich nun geändert?

"Ich war letztens mit meiner Mutter einkaufen. Wir wollten nur kurz etwas kleines in einem Supermarkt besorgen, also ganz spontan. Dort habe ich ihn gesehen, aber leider nicht alleine. Ein Mädchen war bei ihm.", schniefte sie.

"Vielleicht war das Mädchen seine Cousine oder eine Verwandte von ihm.", versuchte ich eine andere Möglichkeit zu finden.

"Nein nein, du verstehst es nicht. Sie haben sich geküsst. Nicht so wie man eine Cousine küssen sollte.", ihre Stimme war so zerbrechlich in diesem Moment, dass ich sie nur noch fester an mich drückte.

Warum hatte Marco ihr das nur angetan? Sie war ein bildhübsches Mädchen und hatte einen wundervollen Charakter und doch wurde sie von ihm eiskalt verarscht.

Sie waren zwar nicht zusammen gewesen, doch trotzdem hatte er ihr das Herz gebrochen.

Ich verstand sowas einfach nicht.

Warum verarscht man ein Mädchen nur um sie ins Bett zu kriegen?

Warum täuschte man jemandem Gefühl und Liebe vor, wenn man das sowieso nicht ernst meint?

Es gibt genug Mädchen, welche freiwillig eine Nacht mit einem Jungen verbringen würden, um einzig und alleine deren Bedürfnisse zu stillen. Weshalb nahm man nicht einfach die, sondern probierte es weiter? An ganz normalen Mädchen, welche dieser Person nur Vertrauen und Liebe schenkten und am Schluss liegen gelassen werden.

Das war sicherlich ein schlimmes Gefühl und Hannah hatte sowas einfach nicht verdient. Niemand hatte das.

"Hannah, du bist einfach wundervoll, hörst du? Du sollst nicht die sein, welche um ihn weint, sondern er! Denn er hat dich verloren, und so jemanden wie dich findet man selten, eigentlich nie. Er hat dich nicht verdient!", sprach ich auf sie ein.

Ich wollte ihr noch viel weitere Sachen sagen, doch ich wurde unterbrochen.

Sofort schellte mein Blick zur Tür, von der mein Bruder eintreten war und uns nun unbeholfen musterte.

Genauer gesagt, blickte er Hannah, nicht mich an.

Sie blickte ihn ebenso mit verheulten Augen und einem verwirrten Gesichtsausdruck an, als mir plötzlich einfiel, dass sie garnicht wusste wer Kyle war.

"Das ist Kyle, mein älterer Bruder", stellte ich ihn vor.

Dieser machte einen Schritt näher auf uns zu und reichte Hannah seine Hand, welche sie auch ohne zu zögern schüttelte und ihm sogar ein kleines, schüchternes Lächeln schenkte, was er auch erwiderte.

Nun drehte er sich zu mir und blickte mich kurz ein wenig durcheinander an, doch fasste sich auch schon Sekunden später wieder.

"Wir sollten nun gehen, es ist schon spät", sagte er und ich nickte nur, da ich wusste das er Recht hatte.

Ich verabschiedete mich von Hannah, welche mir noch ein kleines 'Danke' zugeflüstert hatte, und verschwand aus ihrem Zimmer, gefolgt von meinem Bruder.

Bevor wir endgültig das Haus verliessen, verabschiedeten wir beide uns noch von Hannah's Mutter, welche uns direkt in eine herzliche Umarmung schloss, ehe wir uns nun in Kyle's Auto befanden.

Ich dachte Kyle würde nun fragen was heute mit mir los war, doch er blieb stumm. Er war so tief in seinen Gedanken versunken, dass ich schon Angst hatte, er würde einen Unfall bauen.

"Wie ist sie so?", hörte ich das erste Lebenszeichen, einige Minuten später von meinem Bruder.

"Wer?"

"Hannah", antwortete er.

"Sie ist wundervoll, von innen, wie auch von aussen.", erwiderte ich und sah kurz ein kleines Lächeln über sein Gesicht huschen.

Die restliche Fahrt über, schwiegen wir uns an. Er war ebenso wie ich, in seine Gedanken versunken.

Ich dachte daran, was Hannah mir erzählt hatte.

Sie hätte nie erwartet, dass Marco sie so verarschen würde, und doch war es passiert.

Woher wusste ich dann, ob Jayden es wirklich ernst meinte?

"Kyle?", fragte ich meinen Bruder, welcher mich auch sofort fragend ansah, "Woran erkennt man, ob ein Junge, ein Mädchen wirklich mag?"

Einige Minuten herrschte stille.

"An den Augen.", antwortete er plötzlich, "Der Mund kann lügen, doch die Augen niemals."

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