Ein Funke Menschlickeit

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Ein Funke Menschlickeit

Mit schnellen Schritten stapfe ich tiefer in den Wald. Ich habe gedacht, ich muss mich nur fest genug auf die Jagd konzentrieren, dann kann ich Clove zumindest für eine kurze Zeit vergessen. Erfolglos. Sie verfolgt mich in meinen Gedanken und lässt mir keine Ruhe. Als ich es nicht mehr aushalte, bleibe ich stehen und lehne mich gegen den Stamm eines Baumes. Ich seufze, und schließe kurz die Augen. Als ich sie wieder öffne, bleibt mir fast das Herz stehen. Sie steht vor mir, nur ein paar Meter entfernt und sieht mich an. Clove. Ich keuche entsetzt auf, sie kann mir doch nicht gefolgt sein! Oder? Langsam kommt sie auf mich zu. „Clove..", krächze ich. Ich will noch mehr sagen, aber meine Stimme versagt. „Cato.", sie steht jetzt nur noch eine Armeslänge vor mir, und muss den Kopf in den Nacken legen um mir weiter in die Augen schauen zu können. Ich bin viel größer als sie, ich war es schon immer. „Wir müssen reden...", flüstert sie. Ich nicke, denn ich traue meiner Stimme nicht. Sie nimmt meinen Arm und zieht mich noch weiter in den Wald. Der Ort an dem wir uns jetzt befinden, ist ziemlich dunkel. Nur ein paar Sonnenstrahlen schaffen es, sich durch das dichte Blätterdach zu kämpfen. Clove bleibt stehen. Ihre braunen Augen glänzen, und sie schaut mich weiterhin an. „Was ist los?", fragt sie leise. Ich habe mich geirrt. Sie ist nicht anders geworden. Sie hat sich nicht verändert. Ich habe sie nur einfach ganz anders wahrgenommen, als bisher. „Ich.. Ich weiß es nicht.", flüstere ich. Ein kleines Lächeln umspielt ihre Lippen. „Doch.", sagt sie. „Du weißt es." Ich weiß es. Sie hat Recht. Aber ich kann es ihr nicht sagen. Ich kann es niemandem sagen... Clove rüttelt leicht an meinem Arm. Ich hatte wohl ziemlich lange nichts mehr gesagt. „Denk einfach darüber nach, okay?", bittet sie mich. Dann lässt sie meinen Arm los und läuft zurück zu den anderen. Ich will, dass sie hierbleibt, ich will nach ihr rufen, ihr nachlaufen. Aber ich tue nichts davon. Ich bleibe einfach stehen und sehe ihr nach. Ich soll darüber nachdenken, hat sie gesagt. Das werde ich tun. Ich werde ab jetzt mehr denken. Nicht einfach aus einem Gefühl heraus handeln. Denken.

Nach einiger Zeit habe ich erst zwei Hasen gefangen. Wir sind zu viert und ich weiß, dass zwei Hasen nicht genügen. Aber ich muss die ganze Zeit an Clove denken und, ich weiß nicht warum, an Katniss. Ich seufze. Ich sollte eigentlich zurückkehren, aber ich will noch nicht. Aber die anderen warten, und ich muss noch mehr Beute erwischen. Das was ich bis jetzt habe, ist einfach zu wenig. Mit einem erneuten Seufzen gehe ich weiter, den Speer fest in der rechten Hand, und sehe mich um. Plötzlich springt ein Eichhörnchen von einem Baum und ich schleudere reflexartig meinen Speer auf es. Wie beabsichtigt treffe ich genau in den Bauch. Das kleine Tier fällt zu Boden und regt sich nicht mehr. Langsam gehe ich darauf zu und ziehe den Speer heraus. Dann hebe ich das Eichhörnchen auf und gehe zurück zu den anderen. Kurz bevor ich den Felsüberhang erreiche, höre ich ein Lachen. Langsam drehe ich mich um und schleiche zu dem Ort wo das Geräusch herkommt. Da sehe ich es und wünsche mir, es nie gesehen zu haben.

Peeta sitzt auf einem Baumstumpf, Clove auf dem Schoß. Sie schmiegt sich an Peeta und kichert. Ich traue meinen Augen nicht und kann es nicht glauben. Jetzt scheinen die Beiden mich entdeckt zu haben, denn Clove springt auf. ,,Es...ist nicht so wie es aussieht!", ruft sie erschrocken. ,,Ach nein?", gebe ich trocken zurück. Mir kommt es ziemlich klar vor, was ich da sehe. „Nein! Wirklich nicht Cato!", ruft sie. Doch es reicht mir. „Mach doch was du willst!", brülle ich ihr entgegen und stürme an ihr vorbei. Meine Finger krampfen sich um den Speer, den ich noch immer in der Hand halte. Clove schreit irgendwas hinter mir her, aber ich höre es nicht. Ich laufe tiefer in den Wald. Irgendwann geht mir der Atem aus, und ich muss anhalten. Ich schaue mich um. Plötzlich höre ich ein Keuchen hinter mir. Blitzschnell drehe ich mich um und hebe den Speer, bereit ihn zu werfen. Doch es ist nur Prim und ich lasse den Speer langsam sinken. Einen Moment sieht sie mich erschrocken an, doch dann lächelt sie mir zaghaft zu. „Bevor du fragst, ich werde ganz bestimmt NICHT zurückkommen.", knurre ich. Sie zuckt zusammen, nickt jedoch. ,,Das wollte ich gar nicht.", sagt sie leise, ,,Ich will nur nicht bei Peeta und Clove bleiben, die den ganzen Tag lang nur rumkichern. Ich will Katniss retten. Und die zwei werden mir ganz bestimmt nicht dabei helfen!" Ich lächle sie an. ,,Na dann, komm!", sage ich und versuche fröhlich zu klingen während ich mich umschaue. Prim grinst erfreut. „Du hilfst mir?" , fragt sie lächelnd. Ich nicke, und lasse meinen Blick in den Wald hinter mir schweifen. ,,Weißt du zufälliger Weise wo wir sind?", frage ich beiläufig. ,,Ja.", sagt sie und strahlt, „Wir sind in Distrikt 11!" Ich drehte mich einmal um mich selbst.

Erst jetzt bemerke ich den Zaun der den Wald von Distrikt 11 abtrennt. ,,Oh" Mehr bringe ich nicht heraus. Sie grinst mich an. „Und ich dachte immer, Karrieros müssen aufmerksam sein!", meint sie und lacht. Ich grinse und mustere den Zaun. ,,Und wie sollen wir da reinkommen?", frage ich eher mich selber als Prim. ,,Wenn wir Glück haben ist der Strom abgestellt. Ach ja, ich würde den Speer hierlassen.", murmelt Prim. Ich nicke und lehne ihn an einen Baum. Prim geht auf den Zaun zu und lauscht. Nichts. Dann lässt sie sich auf den Bauch fallen und kriecht unter einem kleinen Riss im Zaun durch. ,,Jetzt du!", fordert sie mich auf als sie auf der anderen Seite des Zauns ankommt. Zweifelnd mustere ich das Loch. ,,Da passe ich doch nie durch!", murmle ich. Prim grinst. „Streng dich an!" Ich verdrehe die Augen und gehe in die Knie. Dann lege ich mich auf den Bauch wie Prim es gemacht hat und versuche mich durch das Loch zu zwängen. Doch meine Schultern sind zu breit, und ich komm nicht mehr weiter. Ich presse die Schultern so gut es geht zusammen und schiebe mich ein Stück nach vorne. Prim kippt fast um vor Lachen. Ich beiße die Zähne zusammen und versuche sie zu ignorieren. Dann schiebe ich mich weiter. Als ich es endlich geschafft habe, stehe ich so abrupt auf, dass Prim erschrocken zusammenzuckt. Ich grinse. ,,Wart mal hier, ich komme gleich wieder!", sagt sie plötzlich, und rennt in Richtung des Dorfes.

Nach gefühlten Stunden kommt sie wieder. ,,Ich hab jemanden getroffen, der uns helfen wird, unbemerkt zum Kapitol zu kommen!", erklärt sie stolz. Ich mustere den Typ den sie mitgebracht hat. Er schaut zurück und sein Blick wechselt von gelangweilt zu panisch und wütend. Erst jetzt sehe ich warum. Die entsetzliche Ähnlichkeit mit Thresh, ist wahrscheinlich kein Zufall. ,,Wer ist das?", knurre ich. ,,Uriah, Thresh's Bruder.", erklärt sie. Ich stöhne innerlich auf und mache mich auf eine lange Reise gefasst.

Nach den 74. HungerspielenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt