Mein erster Mord

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 Kapitel 17:

Mein erster  Mord

-Katniss Sicht-

Blinzelnd öffne ich meine Augen. Wo bin ich? Plötzlich fällt es mir wieder ein, ich bin im Kapitol. Die Schmerzen sind unerträglich, gequält schreie ich auf. Ein heißer Atem an meinem Ohr, dann ist es wieder still. Verwirrt sehe ich mich um, erst jetzt betrachte ich meine Umgebung genauer: alles ist steril, nein, nicht alles. Eine zähflüssige, dunkle Flüssigkeit befleckt den sauberen Untergrund. Ich frage mich, was das wohl ist, als ich den metallischen Geruch wahrnehme. Blut. Panisch drehe ich mich um, ich versuche herauszufinden was passiert ist, aber ich kann es einfach nicht. Die Schmerzen in meinem Kopf hindern mich daran, nachzudenken. Einzelne Bilder blitzen vor meinem inneren Auge auf. Snow, wie er mit einer Peitsche auf mich einschlägt. Einige Friedenswächter, die mir die Arme und Beine mit Messern aufschlitzen. Die Bilder sind zu viel für mich. Gequälte Schluchzer verlassen meinen Mund und Tränen rinnen meine Wangen herab. Sie wollten mich umbringen. Sie wollten mich umbringen, und ich habe es überlebt! Erstaunen macht sich in mir breit. Plötzlich höre ich Schüsse. Sind sie da, um es erneut zu versuchen? Die Töne machen mir Angst. Auf einmal höre ich einen schrillen Schrei. Prim! Schießt es mir durch den Kopf. Entsetzt sehe ich mich um. Wollen sie mich diesmal so foltern? Sie wissen, dass ich für meine Schwester alles tun würde! Ich höre ein metallisches Krachen, und mein Blick fliegt zur Tür. Gerade in dem Augenblick, in dem ich sie sehe, bricht sie vor meinen Augen aus den Angeln. Was ich dann erblicke, nimmt mir den Atem: Cato, Prim und noch ein Junge stehen vor mir! Ich traue meinen Augen nicht und blinzle, doch sie sind immer noch da. „Prim!“, hauche ich, „Cato!“ Ich springe auf, und mir wird schwindelig. Schnell stütze ich mich mit einer Hand an der Wand ab. Cato läuft auf mich zu. Er und Prim umarmen mich im gleichen Augenblick und ich bin einfach nur glücklich. Plötzlich lassen mich die Beiden los und sehen mich an. Verwirrt starre ich zurück. „Katniss…“, murmelt Cato. „Ja?“ „Du… du bist voller Blut! Was ist passiert?“, seine Stimme wird immer lauter, immer besorgter. Wenn die Situation nicht so absurd wäre, würde ich mich bestimmt wundern, warum Cato um mich besorgt ist. Aber diesmal fällt es mir nicht einmal auf. „Snow… Die Friedenswächter… Es war so schrecklich Cato!“, wimmere ich. Prim sieht mich mit großen Augen an. Cato reagiert schneller. Er nimmt mich einfach in den Arm. Ich wünschte, er würde mich für immer umarmen, als sich der Junge an der Tür räuspert: „Ich will euch ja nicht stören oder so, aber wir sollten wirklich langsam los!“ Cato nickt, lässt mich los und zeigt zur Tür. „Gehen wir“, sagt er zu niemand bestimmtes.

Als wir aus meiner Zelle treten, bin ich schockiert: Eine dunkelrote Blutspur zieht sich über den gesamten Boden. Das erklärt wie sie mich gefunden haben. „Wie seid ihr an den Friedenswächtern vorbeigekommen?“, frage ich. „Nun ja… Wir haben sie… Aus dem Weg geräumt…“, erklärt der Junge, dessen Name ich noch immer nicht kenne. Ich nicke nur. Cato unterbricht uns, indem er an uns vorbeigeht. Er überholt uns, und öffnet eine Tür. Wir folgen ihm. Hinter der Tür werde ich von strahlendem Sonnenlicht geblendet. „Wir sind in Sicherheit!“, erklärt Cato. Ich nicke. In Sicherheit. Diese Worte machen mich glücklich.

-Catos Sicht-

Endlich sind wir aus der schrecklichen Zelle herausgekommen. Erleichtert blinzle ich in das gleißende Licht. „Wir müssen zurück!“, sage ich schließlich. Katniss und Prim sehen mich an. Uriah sieht lieber in die andere Richtung. Idiot. Ich beschließe, ihn zu ignorieren, und setze mich in Bewegung. Katniss und Prim kommen kaum hinterher, sie müssen beinahe laufen um mit meinen schnellen, langen Schritten mitzuhalten. „Cato!“, ruft Prim. Ich bleibe stehen und drehe mich um. „Ja?“, frage ich. „Bitte geh langsamer!“, keucht sie. Ich nicke und sehe zu Katniss. Auch sie atmet schwer und muss sich mit der Hand an dem Zaun abstützen, um nicht vor Erschöpfung zu fallen. Ich hatte vergessen, dass sie verletzt war… „Alles okay?“, frage ich deswegen zögerlich. Immerhin ist es meine Schuld, dass es ihr im Moment so schlecht geht. Sie nickt, stöhnt aber bei der Bewegung. Ich sehe verwirrt von ihr zu Prim und wieder zurück. „Können wir weiter?“, frage ich unschlüssig. Ich verstehe einfach nicht, was Mädchen immer haben! Sie sehen sich an und scheinen sich nur durch ihren Blick zu verständigen. Einfach nur merkwürdig! Katniss nickt erneut und ich gehe wieder los, langsamer diesmal. Prim lächelt mich dankbar an. Ein kleines Lächeln huscht über meine Lippen, verschwindet aber schnell wieder. Ich lächle nicht oft, und wenn, dann lächle ich nur bei Leuten die ich sehr gut kenne. Bei Clove zum Beispiel. Bei dem Gedanken an Clove werde ich traurig. Ein leises Seufze verlässt meinen Mund. Prim sieht mich interessiert an. Schnell sehe ich weg. Doch auch dadurch lassen sich die Gedanken an Clove nicht verscheuchen… Ich spüre, wie meine Augen feucht werden. Sofort blinzle ich heftig. Niemand darf mich weinen sehen. Es würde die Fassade zerstören, die ich mir mühsam aufgebaut habe. Die Einzige Person, die mich je weinen gesehen hat, ist Clove. Und ich merke langsam, dass ich nichts wert bin für sie. Für sie war ich immer nur ihr bester Freund. Nicht mehr und nicht weniger. Lange Zeit war das okay. Es war okay, weil ich bei ihr sein durfte. Das hat immer gereicht. Ich verstehe einfach nicht, warum es plötzlich nicht mehr reicht…

Wir haben so viel miteinander erlebt… Meine wichtigsten Erinnerungen verbinde ich mit ihr. Den ersten Schultag. Den ersten Tag im Trainingscenter. Die Zeit in der Arena. Die Siegertour. Doch ich verbinde nicht nur gute Gefühle mit ihr. Meine Trauer. Meine Wut, als sie sich freiwillig gemeldet hat. Meine Angst um sie. Eifersucht. Und das ist nicht alles…

Ich habe auch eine schreckliche Erinnerung. Clove hatte einen Freund. Und es war nicht ich. Zu dieser Zeit waren wir erst einige Monate auf der Akademie, und ich war dabei, mein Waffentalent zu entdecken. Er hatte mich so unglaublich wütend gemacht!

Ich sehe ihn vor mir. Wir stehen in einer engen Gasse. Er hat sich gerade von Clove verabschiedet. Er hat sie geküsst! Und ich musste es mit ansehen. Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Nun steht er vor mir und ich spüre die Klinge meines Messers an der Handfläche. Ein einzelner Blutstropfen rinnt meine Hand hinab. Noch hat er mich nicht entdeckt. Langsam komme ich näher auf ihn zu, die Schatten verbergen mich. Noch. Jetzt ist es so weit. Er hat mich entdeckt. Verwirrt sieht er mich an. Als er das Blut an meiner Hand sieht, fragt er, ob ich Hilfe brauche. Das Messer hat er noch nicht gesehen. Plötzlich trübt ein roter Schleier meine Sicht. Ich kann nur an meine brodelnde Wut denken, an meine Wut und an sein Blut. Ich will ihn sterben sehen. Für das, was er mir angetan hat. Langsam hebe ich die Hand mit dem Messer. Erst dann begreift er, was ihm droht. Doch es ist bereits zu spät. Ich stürze auf ihn zu, das Messer hoch erhoben. Es geht so schnell, dass er es nicht einmal schafft zu schreien. Mein Messer landet in seiner Brust und sofort beginnt das Blut zu tropfen. Aus den Tropfen werden Rinnsale, und daraus Bäche. Der Boden um ihn ist blutdurchtränkt. Ich lasse das Messer neben ihm zu Boden fallen und wende mich ab. Erst als ich die dunkle Gasse hinter mir zurücklasse, wird mir bewusst, was ich getan habe. Mein erster Mord.

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Hey Leute!

SORRY, dass soooooooo  lange nichts kam... Dafür habe ich mir bei diesem Kapitel richtig viel Mühe gegeben :) Dieses Kapitel widme ich LoveEragon, weil sie mich dazu überredet hat, weiterzuschreiben!  Viel Spaß, ich hoffe es gefällt euch!

Liebe Grüße, Emmy <3

Nach den 74. HungerspielenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt