Kapitel 3: Kevin

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Lange Zeit passierte gar nichts. Mein Kopf brummte und ich hatte furchtbare Kopfschmerzen, die mich am Einschlafen hinderten. Deshalb lag ich einfach nur auf dem viel zu kleinen Bett, sodass meine Füße weit herausragten und starrte die Decke an. Das Leben war echt zum kotzen. Erst hatte mich meine beste Freundin mal wieder versetzt und jetzt diese Kake. Und das Beste war: Ich hatte keinen gescheiten Fluchtplan, der mich aus diesem Loch hier rausholen konnte. Das war natürlich echt klasse.

Meine einzige Chance bestand darin, dass ich es schaffte, ihm die Schlüssel zu klauen und aus der Tür zu flüchten. Das würde ja auch wahnsinnig gut klappen, wenn die Tatsache nicht wäre, dass ich eine verdammte Platzwunde am Kopf hatte und dieser Typ sau durchtrainiert und muskulös war. Kurz: Mein Plan war echt Scheiße! Also lag ich hier und fragte mich, was mein Leben den noch so alles für mich bereithielt.

Und welch' Überraschung, das Schicksal war mal wieder dabei zuzuschlagen, denn ich hörte, wie sich schnelle Schritte meiner Tür näherten und kurz darauf wurde ein Schlüssel im Schloss umgedreht.

Als nächstes ging die Tür auf und statt des vorherigen Typen, sah ich mich nun einem ganz anderen gegenüber. Mir stockte der Atem.

Da stand der atemberaubendste Typ, den ich je gesehen hatte. Er hatte dunkelbraune Haare, die ihm in allen Richtungen vom Kopf abstanden und volle Lippen, die einem zum Küssen einluden. Passend dazu trug er ein enganliegendes, schwarzes T-Shirt, durch das man seinen durchtrainierten Körper wahrnahm und eine noble Lederjacke, welche seine Augen noch kälter erscheinen ließ, sowie eine schwarze Jeans.

Seine Haltung war selbstbewusst und zugleich bedrohlich, und ich wusste, dass ich mit ihm kein leichtes Spiel haben würde.

Dieser Typ schloss nun hinter sich die Tür ab und lehnte sich lässig an die Wand, wobei er mich genauestens musterte, bis er schließlich an meinen Augen hängen blieb.

Sein intensiver Blick zog mich in seinen Bann und ich konnte meine Augen nicht von Seinen lösen. Es kam mir so vor, als würde er tief in meine Seele blicken können, während seine Augen verschlossen und undurchdringlich blieben.

Irgendwann gelang es mir dann doch, meine Augen abzuwenden und ich starrte stattdessen neben ihn an die Wand. Dann setzte ich mich langsam auf und wartete auf seine Reaktion, die nicht lange auf sich warten ließ.

"So so, du bist also das Mädchen, dass sich so krampfhaft gegen alles und jeden wehrt!", stellte er mit wundervoll rauer Stimme fest, wobei er mich weiterhin beobachtete. Ich hatte Angst, mich wieder in seinen Augen zu verlieren und so antwortete ich ihm mit weiterhin abgewandtem Blick: "Scheint so! Ich bin, wie es aussieht, schon allgemein bekannt!"

"Jap., sieht wohl so aus. Übrigens bin ich gerade einem wütenden Chris begegnet, der nicht sehr gut auf dich zu sprechen ist. Ich muss sagen, das was du getan hast war nicht gerade nett!", meinte er, wobei ich aus den Augenwinkeln wahrnahm, wie seine Augen verräterisch funkelten und er leicht schmunzeln musste. Dies währte jedoch nur kurz, denn schon in der nächsten Sekunde hatte er wieder seine undurchschaubare, kalte Miene aufgesetzt.

"Was du nicht sagst. Aber jemanden zu entführen und dazu zu zwingen Blut zu trinken ist natürlich voll in Ordnung!", sagte ich ironisch, verschränkte meine Arme vor der Brust und zog einen Schmollmund, als wäre ich zutiefst gekränkt. Daraufhin erwiderte er nichts, weshalb ich ihn schließlich doch direkt anschaute und mich seine pechschwarzen Augen sofort wieder fesselten. Er sah mich eine Weile schweigend an und wollte schließlich wissen, wie ich hieß.

"Alica!", antwortete ich wie hypnotisiert und gleich darauf erfuhr ich auch seinen Namen: Kevin. "Also Alica", begann er, "du fragst dich jetzt sicherlich, warum wir dich entführt haben und wollen, dass du Blut zu dir nimmst, oder? Ich nickte nur und er fuhr fort:

"Okay, dann werde ich dich jetzt in etwas einweihen. Also, als erstes solltest du wissen, dass wir uns hier in einem riesigen Gebäudekomplex befinden, wo nur Vampire leben." "Was!?", rief ich aufgebracht und starrte ihn entgeistert an. Doch dann brannte plötzlich eine Sicherung bei mir durch und ich brauste auf:

"Du willst mir doch jetzt nicht ehrlich weismachen, dass es Vampire gibt. Du spinnst doch! Verarschen kann ich mich auch selber. Ich will jetzt sofort wieder nach Hause. Und nur zu deiner Information: Wenn es Vampire geben WÜRDE, hätte mich dieser gepiercte Typ vorhin mit Leichtigkeit zur Strecke bringen können. Und hat er das? Soviel ich weiß nämlich nicht!"

"Das ist wahr!", antwortete er ruhig. "Er hätte dich mit Leichtigkeit überwältigen können. Nur weißt du, wir ziehen es vor unseren Neulingen erst von der Existenz der Vampire zu erzählen, wenn sie sich in der Wandlung befinden, damit so eine Konversation wie hier nicht stattfindet!"

"Ja klar! Das musst du mir erst mal beweisen!", sagte ich spöttisch und schüttelte nur den Kopf. Hier dachten wohl alle, sie könnten mich verarschen. Aber nicht mit mir. Ich war doch nicht völlig bekloppt.

Sollte er seine Lügen doch irgendjemand anderem auftischen. Ich war jedenfalls nicht so dumm und fiel darauf rein.

Gerade kam ich so richtig in Fahrt und wollte schon ganze Schimpftriaden auf ihn loslassen, als meinem gegenüber auf einmal Reißzähne wuchsen. Ja ehrlich!

Dem Typ wuchsen doch tatsächlich Reißzähne. Ich konnte es einfach nicht glauben. Sie wurden länger und länger, bis ich mir sicher war, dass er mir damit auf der Stelle die Kehle rausreißen könnte. Doch er setzte noch einen drauf.

Ehe ich mich versah stand er neben mir, hob mich hoch und stellte mich auf dem Betonboden wieder ab. Dann bis er sich mit seinen übernatürlich scharfen Zähnen ins Handgelenk und drückte dieses anschließend fest an meinen Mund. Ich wollte losschreien und mich dagegen wehren, doch er presste mich mit seiner freien Hand nur stärker an seine Brust, bis ich keine Luft mehr bekam. Gleichzeitig strömte Blut von seinem Handgelenk in meinen Mund, das ich verzweifelt versuchte nicht runterzuschlucken.

Als Kevin das kapierte hielt er mir die Nase zu. Ich braucht Luft. Mein ganzer Körper lechzte danach. Mit meinen Händen versuchte ich vergebens die Seinen von meinem Gesicht wegzuzerren, doch sie waren wie aus Stein gemeißelt. Das alles hier war einfach unglaublich. Das konnte doch nur ein schlechter Traum sein, aus dem ich gleich erwachen würde. Doch das Erwachen blieb aus.

Ich konnte weder atmen noch klar denken. Gleich würde ich ersticken. Hysterisch kratzte ich an seinen Händen, bis er seine Hand von meinem Mund nahm. Gierig zog ich die Luft ein und da passierte es.

Ich hatte vor lauter Panik das Blut ganz vergessen, an dem ich mich jetzt verschluckte. Ich hustete und wollte Kevins Blut umgehend ausspucken, was jedoch seine Hand, die jetzt wieder auf meinem Mund lag, verhinderte. Mir blieb nichts anderes übrig als zu schlucken und ich spürte deutlich, wie das dickflüssige Blut meine Kehle hinabfloss. Langsam ließ er mich frei und da realisierte ich es: Meine Peiniger hatten gewonnen.

Zu guter Letzt hatte ich doch noch das getan, was sie wollten. Die ganze vorherige Aktion war umsonst gewesen. Ich bedachte Kevin mit einem hasserfüllten Blick. "Verpiss dich!", zischte ich ihn an. Ohne ein weiteres Wort kehrte ich ihm demonstrativ den Rücken zu, was sich als großen Fehler herausstellte. Er packte mich nämlich auf einmal an den Schultern und knurrte: "Wage es ja nicht so mit mir zu reden!"

Und sogleich rammte er mir seine Reißzähne in meinen Hals, was mich aufschreien ließ. Ein heftiger Schmerz durchzuckte mich, doch er ließ nicht locker. Er trank immer und immer weiter, bis ich mich verkrampfte. Langsam entglitt mir die Kontrolle über meinen eigenen Körper und ich merkte, wie ich schlaff in mich zusammen sackte. Ich wimmerte und flehte ihn an damit aufzuhören, doch er rührte sich nicht. Als er dann schließlich doch von mir abließ, war ich ganz benommen und nur seine kräftigen Arme verhinderten, dass ich kraftlos auf dem Boden zusammensackte. Kevin redete beruhigend auf mich ein, was, konnte ich nicht richtig verstehen und nahm mich auf seine Arme. Ich legte erschöpft und unfähig zu denken meinen Kopf an seiner Brust ab und fiel in einen tiefen und zugleich traumlosen Schlaf.

Alica&Kevin: Auf der Spur der WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt