Kapitel 7

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Celines Sicht:

Ich wartete auf Tanja, die gerade ein paar Sachen zusammenpackte. Der Streit von den beiden hatte die tolle Party schnell beendet. Während ich mich um Tanja gekümmert hatte, war Marcel Timo hinterher gerannt. Beide brauchten ihren besten Freund oder ihre beste Freundin jetzt mehr denn je. Die letzten Gläser hatte ich gerade abgewaschen, da stand Tanja mit einer Tasche im Wohnzimmer. Ihre Augen waren rot und verquollen. „Ich wäre dann fertig", sagte sie halblaut.

Tanja hatte sich erst mal in das Gästezimmer zurückgezogen, während ich uns etwas zum Abendessen zubereitete. Ich war gerade in Gedanken versunken, als mich der Klingelton meines Handys wieder zurück in die Wirklichkeit holte. Es war Marcel. „Hey, Celine! Ich werde heute mit Timo und Diego ein wenig um die Häuser ziehen. Also wartet nicht auf mich, okay?" „Okay. Wie geht es Timo?" „Wie soll es ihm schon gehen? Seine Freundin hat ihm mehr oder wenig zu verstehen gegeben, dass sie nicht mit ihm gehen würde, wenn er Leipzig verlässt." „Das hat Tanja bestimmt..." „Sorry, Schatz, aber ich muss Timo abhalten noch mehr Alkohol zu trinken. Ich liebe dich." Und dann war das Telefonat auch schon beendet. „War das Marcel?" Erschrocken drehte ich mich um und sah Tanja. „Gott, hast du mich erschrocken." „War nicht meine Absicht. Hast du gerade mit Marcel telefoniert?" Ich nickte, denn ich konnte ahnen, was Tanja auf dem Herzen lag. „Wie geht es Timo?" Ich blickte auf die Pfanne, um ihren durchdringenden Blick auszuweichen. „Er ist ziemlich verletzt und neben der Spur." Sie schlurft zum Esstisch, den ich schon für uns gedeckt hatte. „Ich wollte nicht, dass er es so erfährt." Ich folgte ihr mit der dampfenden Pfanne. „Ich habe gewusst, dass er attraktiv für andere Clubs werden würde, aber so schnell?" „Er ist Deutschlands bester Stürmer. Was hattest du erwartet?" „Ich weiß. Ich kann ihn doch auch verstehen. Wer würde nicht gern bei einem der größten Clubs der Welt wie Real spielen. Aber was soll ICH in Madrid?" „Du könntest an einer internationalen Schule arbeiten. Da gibt es bestimmt ein paar." „Erstens müsste ich dafür nochmal intensiv Englisch studieren oder Spanisch lernen und zweitens kann ich da meine Fächer nicht so ausleben wie hier." „Und eine Fernbeziehung?" Tanja schob den halbvollen Teller von sich und lehnte sich zurück. „In der Woche trainiert er und ich muss arbeiten. Und wenn ich am Wochenende frei habe, dann hat er ein Spiel. Wir würden uns nur über Feiertage und Ferien sehen." Sie atmete tief durch, wahrscheinlich um ein erneutes Weinen zu vermeiden. „Siehst du nicht, dass diese ganze Situation hoffnungslos ist, Celine?" Sie lehnte sich jetzt zu mir vor. „Würdest du mit Marcel nach Madrid gehen und deine Familie und deine Freunde zurücklassen?" Gute Frage. Würde ich das tun? Marcel und ich waren schon länger als Timo und Tanja zusammen, aber trotzdem wusste ich, dass ich diese Entscheidung auch nicht so leicht fällen könnte.

- ein paar Tage später -

Ich saß gerade am Frühstückstisch und starrte mit meiner Tasse Kaffee in der Hand vor mich hin. Marcel erzählte gerade von seiner Reha, aber ich hörte gar nicht zu. Ich dachte immer noch über diese eine Frage nach: Würde ich mit Marcel umziehen, wenn er ein tolles Angebot von einem anderen Club bekommt? „Celine, hörst du mir überhaupt zu?" Ich zuckte zusammen. „Ja, klar", versuchte ich zu lügen, aber Marcel konnte ich nichts vormachen. „Und worüber habe ich gerade die ganze Zeit gesprochen?" Ich überlegte kurz. Das Letzte, was ich mitbekommen hatte, war seine Reha. „Du hast mir von deiner Reha erzählt." „Ja, aber vor 10 Minuten." „Entschuldige. Ich habe mich nur gerade in Gedanken verloren." „Und worüber denkst du nach?" Ich blickte verlegen auf meinen Teller, wo das halbe Croissant lag. „Tanja hat mich vor ein paar Tagen gefragt, was ich an ihrer Stelle tun würde. Ob ich mir vorstellen könnte, mit dir ins Ausland zu ziehen." Sein Blick war neugierig. „Und?" „Ich weiß es nicht, deswegen denke ich ja dauernd darüber nach." „Heißt das, du würdest nicht mitkommen?" Ich konnte die Enttäuschung in seiner Stimme hören. „Hier sind meine Familie und meine Freunde. Und mein Job ist auch hier." „Ja, aber als Architektin könntest du überall arbeiten und deine Familie und Freunde könntest du immer noch jederzeit besuchen. Außerdem gibt es doch heutzutage so viele Wege in Kontakt zu bleiben." „Trotzdem wäre es ein großer Schritt." „Ich verstehe es nicht, Celine. Wir lieben uns. Das ist doch das Wichtigste im Leben und nicht Geld oder Karriere." Er nahm meine Hand in seine und blickte mir tief in die Augen. „Ich würde immer auf dich aufpassen und dafür sorgen, dass du immer glücklich und sorgenfrei lebst." Dann stand er auf und zog mich mit hoch. „Ich wollte das schon so lange machen, aber ich hatte immer das Gefühl, es sei nicht der richtige Zeitpunkt." Ich sah in fragend an. Plötzlich ging er vor mir auf die Knie, öffnete eine kleine Schachtel, die einen wunderschönen Ring enthielt, und ich realisierte langsam, was er da gerade tat. „Celine, ich will dich lieben und ehren bis der Tod uns scheidet. Willst du mich zum glücklichsten Mann der Welt machen und meine Frau werden?" Ich war in einer völligen Schockstarre. „Ja", flüsterte ich, da ich zu nichts anderem in der Lage war. Er stand sofort auf und gab mir einen Kuss.

Im Büro sah ich auf den zierlichen und schlichten Ring. Viele meiner Kollegen hatten mir gratuliert und waren vor Freude ausgeflippt. Nachdem ich mit meinen Eltern telefoniert hatte, waren Tanja und Ronja an der Reihe. Tanja war komplett aus dem Häuschen, sie meinte, sie hätte es die ganze Zeit gewusst und schon ungeduldig darauf gewartet. Ronja dagegen fing gleich an mir Tipps für die Planung und die Feier zu geben. Nur mit Mühe und Not konnte ich sie stoppen, schließlich wollten wir erst nächsten Sommer heiraten. Dann würde Marcel wieder auf dem Platz stehen und das Wetter wäre auch besser. Ich hatte gerade das Telefonat mit Ronja beendet, da kam meine Arbeitskollegin Natalie auf mich zu. „Hey Celine, du sollst mal bitte in das Büro von Herrn Schmidt." Ich sollte zum Chef? Hatte ich irgendetwas falsch gemacht? Schnell machte ich mich auf den Weg ins Büro, klopfte und wartete bis ich hereingebeten wurde. Im Raum standen Herr Schmidt, mein Chef, der Mitte 50 war, und ein unbekannter Mann, der etwas älter als ich zu sein schien. „Celine, meine Lieblingsmitarbeiterin, ich möchte dir gern jemanden vorstellen. Das ist Adrian, mein Neffe. Er wird sich langsam in meinen Posten einarbeiten, sodass ich in ein paar Jahren dann in aller Ruhe und ohne Sorgen in Rente gehen kann." Adrian stand vor mir und schüttelte meine Hand. Dabei sah er mich ziemlich durchdringend an und ich wusste, dass er meine Hand viel zu lange schüttelte. Das war kein gutes Zeichen.

Für immer oder doch nicht?! | RB Leipzig FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt