Ich lehnte an der Bande, die die Eisfläche begrenzte. Meinen Daumen hatte ich durch die kleine Öffnung im Ärmel der Trainingsjacke geschoben, sodass meine Hände ein wenig vor der Kälte der Halle geschützt wurden. Über der grauen Jacke lag eine schwarze Weste, beide waren bis ganz oben geschlossen, mir wurde immer schnell kalt, wenn ich mich bei diesen Temperaturen nicht bewegte. Ich blickte auf die Fläche vor mir und sah meine Tante, die über das Eis zu schweben schien. Ein paar braune Strähnen hatten sich aus ihrem Dutt gelöst und sie hatte die Arme ausgestreckt. Hinter ihr fuhren drei kleine Mädchen, welche die selbe Haltung hatten, dabei aber noch lange nicht an Tante Romys Eleganz heranreichten. Wie auch? Sie war noch bis vor einigen Jahren erfolgreiche Wettbewerbsläuferin gewesen, hatte dies aber aufgegeben als sie mich aufnahm. Das war der wahre Grund, sie meinte bloß, dass sie zu alt war, was definitiv nicht stimmte. Auf dem Eis war sie eine junge Göttin. Ich wusste, dass ich an ihrem Ausstieg Schuld war und nicht nur ich glaubte fest daran. Yakov, ihr ehemaliger Trainer, war der selben Ansicht was mich bei ihm nicht unbedingt beliebt machte.
"Yara! Hör auf zu träumen und schalte endlich die Musik an!", ich bemerkte erst jetzt, dass die Gruppe gehalten hatte. Seufzend stieß ich mich von der Bande ab und erfüllte meine Aufgabe. Als das Lied, ein fröhliches Kinderlied auf Russisch, aus dem Lautsprecher dudelte, lauschte ich kurz, eh ich die Hülle der CD kurz musterte, dann schob ich die Hände in die Taschen der Weste und drehte mich zur Eisfläche zurück. Romy und ihre Gruppe schwebten nun wieder über das Eis. Ich beobachte sie noch, dann tippe ich eine Weile auf meinem Handy herum. Meine Mutter hatte mir geschrieben. Ich löschte die Nachricht ohne sie zu öffnen, so wie ich es immer tat."Willst du es dir wirklich nicht noch mal überlegen?", quengelte Romy, beinah wie ein Kind, als wir nach Hause liefen. Ich hätte die Hände wieder in die Taschen versenkt und starrte nach vorn.
"Nein. Da gibt es nichts zu überlegen.", antwortete ich knapp.
"Aber ich könnte dich bezahlen und ich müsste mir die Choreografien nicht allein ausdenken.", murrte sie.
"Ich helfe dir doch bei den Choreografien aber ich lasse die Schlittschuhe da wo sie sind, nämlich in der Abstellkammer."
"Du verschwendest dein Potential, Yara.", seufzte sie. Der Wind wehte meine langen, schwarzen Strähnen wild umher.
"Das ist nicht alles was ich kann.", murmelte ich und band meine Haare zurück.
"Sicher, sicher aber das, was du am Besten kannst. Du wurdest für das Eis geboren.", hielt sie mir sicher zum tausendsten Mal vor.
"Ich wäre gerne für mehr geboren, als für einen Aggregatzustand von Wasser.", ich zückte mein Handy und tippte darauf herum.
"So meinte ich das gar nicht. Es liegt dir einfach im Blut.", erklärte sie und starrte mich und das Handy missbilligend an. "Ich könnte dich wieder trainieren. Das würde mir gar nichts ausmachen. Oder wir fragen Yakov..."
"Danke, aber nein danke. Ich gehe nicht auf das Eis zurück.", versuchte ich sie abzuwimmeln.
"Du bist sturer als ein Esel.", meckerte sie. Ich zuckte mit den Schultern. Sie kamen an das Mehrfamilienhaus. Romy und ich begannen parallel nach dem Schlüssel zu kramen, heute fand sie ihn zuerst und schloss auf, eh sie sich dem Briefkasten zu wandte. "Elende Werbung." Sie warf das Bündel Papier direkt in die Tonne vor dem Haus, nur einige Umschläge behielt sie, während ich bereits die Steintreppen nach oben stieg. "Schaust du dir die Show wenigstens an?"
"Ich muss nicht arbeiten, also von mir aus.", lenkte ich ein. Es machte keinen Sinn, sich ewig gegen Tante Romys Überzeugungskraft zu wehren, da machte ich lieber einen Schritt auf sie zu. Das sparrte Zeit.
"Weißt du, du müsstest ja nicht mal auf das Eis ganz zurück. Du könntest andere trainieren. Die Fähigkeiten und die Erfahrung hast du.", begann sie schon wieder mit dem Thema.
"Wer würde sich von mir schon trainieren lassen? Ich bin gerade Mal zwanzig.", murmelte ich.
"Ich denke, manches junge Mädchen würde sich um dein Training reißen.", sie lächelte mich warm an.
"Nein, lass mal lieber. Mit dem Eis habe ich nichts mehr an Hut.", antwortete ich und lief in mein Zimmer. Es war klein und schlicht, beinah unpersönlich. Die Wände waren weiß, es gab nicht mehr als ein Bett, ein Schrank, ein Beistelltisch und ein Bücherregal. Auf Letzterem türmten sich verstaubte Pokale, Auszeichnungen oder Medaillen. Ich weiß nicht, warum ich den Ramsch behielt. Auf dem Beistelltisch standen zwei Bilder, eines von meiner Mutter und Romy, wobei das Gesicht meiner Mutter von einem Aufkleber in Form eines Einhorns verdeckt wurde, und eines von mir, als ich meinen ersten Preis gewonnen hatte. Auch hier wusste ich nicht, warum ich es behielt. Ich öffnete meinen Schrank und holte meine Arbeitskleidung heraus, dann zog ich mich schnell um und griff meine Tasche, mit meinem Schlüssel und meinem Handy.
Ich beeilte mich, da ich eh schon spät dran war. Da würde Hektor sich wieder sehr freuen. Mit drängte sich immer mehr der Verdacht auf, dass Männer über vierzig mich nicht leiden konnten."Na Eisballerina, zu fein dafür pünktlich aufzukreuzen?", blaffte mich der Mann in den Mittfünfzigern an. Sein, viel zu langes, ergrautes Haare hatte er zu einem Zopf gebunden und auf der Küchenuniform sammelten sich die Flecken. Na ja, hier verpasste ich ja nichts, der Laden war wie ausgestorben. Kein Wunder bei der Dekoration und dem permanenten Gefühl, Lungenkrebs von nur einem Atemzug zu bekommen.
"Elsa!", quietschte plötzlich eine Stimme und dann hing mir eine dürre Blondine um den Hals. Valja, meine Arbeitskollegin, einzige Freundin und bekennender Fan von allem Kitschigen, nannte mich dank meines ehemaligen Hobbies und eines gewissen Disneyfilms wie eine gewisse Prinzessin. Sie begann sofort, mich zu zuplappern, bis Hektor und Beide freundlich darauf hinweiß, dass wir noch zu arbeiten hatten.
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Broken Queen // Yuri on Ice FanFiction
FanfictionYara lebte für das Eis, bis ein Tag alles veränderte. Sie fiel und stand nicht mehr auf. Sie versuchte danach sich in ein normales Leben einzugewöhnen und es gelang ihr auch mehr oder weniger, bis sie eines Tages gefeuert wird. Arbeitslos und mit ei...