"Yara! Reiß sich gefälligst in den letzten Minuten noch zusammen! Der Wettbewerb ist in nicht mal mehr einem Monat!", ich verdrehte die Augen und wirbelte herum. Aus der Drehung glitt ich eine Weile gerade über das Eis, eh ich einen Sprung vollführte. Meines Erachtens nach war er sauber aber sobald ich gelandet war, meckerte Yakov weiter. Man konnte ihn nur zufrieden stellen, dass hatte ich im letzten Jahr lernen müssen.
Es war der erste Wettbewerb, den ich wieder fahren würde. Dank Yuri und dem Training mit ihm, hatte ich bemerkt wie sehr ich das Eis dann doch vermisst hatte. Mehr als ich es zugeben wollte, was auch keine Kunst war, ich wollte ja nie etwas zugeben. Das war auch der Grund warum Yuri und ich regelmäßig stritten. Er gab nämlich mindestens genau so ungern etwas zu wie ich, was er natürlich auch nie zugeben würde. Es war ein Teufelskreis. "Yara! Konzentrier dich!" Ich darf Yakov einen düsteren Blick zu und rettete gerade noch die nächste Figur. "Sag mal willst du mich provozieren?!" Verlockend klang es jedenfalls. Mir fielen bald die Füße ab, da Yakov heute eine extra lange Trainingsstunde angesetzt hatte, da schwirrten mir schon ein paar Rachepläne durch den Kopf. Die Musik endete und ich mit ihr. "Na gut, lassen wir es gut sein, bringt vermutlich eh nicht mehr viel." Er rieb sich die Stirn und ich glaubte eine kleine, pulsierende Ader auf dieser zu erkennen. "Mila! Du bist dran!" Ich stieg vom Eis, wo mir die Rothaarigen entgegen trat.
"Triffst du dich jetzt mit Yuri?", fragte sie grinsend. Ich verbrachte mit Mila viel Zeit und sprach mit ihr über alles, worüber ich mit Valja manchmal nicht reden konnte, besonders, da sie Yuri schon lange kannte und da Valja manchmal eben einfach zu sehr in ihrer pinken Prinzessinnen-Wolke schwebte. Bei ihr war alles romantisch und Yuri der Prinz auf dem weißen Ross mit der silbernen Rüstung. Dass er aber manchmal mehr der schwarze Ritter auf dem Drachen mit Tigermuster war wollte sie nicht sehen.
"So wie du grinst, weißt du das doch bereits.", antwortete ich und zog mit meine Trainingsjacke an.
"Sag liebe Grüße.", schmunzelte sie. "Und denk dran: Safety first."
"Mila!", ich sah sie böse an, während meine Wangen verräterisch brannten, doch die Rothaarige grinste bloß und zwinkerte mir zu.
"Mila! Hör auf zu quasseln!", meckerte Yakov ungeduldig. Ich schnallte kopfschüttelnd die Schoner an die Kufen und lief in die Umkleide. Dort wechselte ich die Trainingskleidung gegen eine schwarze, zerschlissene Hose, ein weites Shirt und eine Lederjacke, eh ich in meine bequemen Boots schlüpfte, meine Trainingsjacke schulterte und nach draußen lief. Dort schob ich die Hände in die Jackentaschen, da es kühl war und ich wusste, dass Yuri mich noch mindestens zehn Minuten warten lassen würde. Er tat das, weil ich mich immer schrecklich darüber aufregte und er liebte es mich zu provozieren. Das hatte er immer und das würde er immer.
Ich trat von einem Fuß auf den Anderen, nicht nur, weil ich fror, sondern auch, weil meine Ungeduld jede Sekunde wuchs und außerdem fragte ich mich, ob er wohl daran gedacht hatte und das verursachte etwas Nervosität in mir. Eigentlich war er für darin auch wichtige Dinge zu merken aber manchmal gingen unsere Definitionen des Wortes 'wichtig' weit auseinander.
Plötzlich schlangen sich zwei Arme von hinten um mich, kurz erschrak ich und zuckte zusammen. Mein Hirn machte sich sogar schon bereit nach hinten aus zutreten, dann jedoch erkannte ich den Leo-Print der Jackenärmel.
"Ich hasse dich, du bist so tot.", fluchte ich leise und musterte sie Wölkchen, die meinen Atem in der Luft hinterließ.
"Uh, hat da jemand schlechte Laune?", spöttelte er und ich spürte seinen warmen Atem an meinem Ohr, was mir eine Gänsehaut über den Körper jagte.
"Nein aber abgefrorene, schmerzende Füße.", grummelte ich und war froh, dass sie Kälte mein Gesicht rötete, so sah man nicht, dass er mich erröten ließ oder ich konnte es zumindest darauf schieben. Diesen Erfolg gönnte ich ihm wirklich nicht. Er trat neben mich und legte einen Arm um meine Schultern um mich dann ein wenig an sich zu ziehen. Das tat er merkwürdigerweise gern, lieber als mich an der Hand zu nehmen. Anfangs war das etwas merkwürdig aber inzwischen ließ ich mich eben so durch die Gegend ziehen. Ich hatte mich daran gewöhnt auch wenn ich nicht verstand, was es ihm brachte. Vielleicht war ihm Händchenhalten zu uncool.
"Sag bloß, Yakov hat dich getriezt?", spottete er weiter.
"Würde er es nicht tun, hätte ich wohl noch weniger Chancen auf einen Sieg bei dem nationalen Wettbewerb.", seufzte ich und mir wurde schlecht, wenn ich an die ganzen Artikel dachte, die feierlich das 'Comeback der Eiskönigin' ankündigten. Yuri verdrehte die Augen.
"Ach halt die Klappe, du Dramaqueen.", ich spürte, dass er mich auf die Stirn küsst und ich lächelte leicht, denn diese Geste brachte mich immer zum Lächeln, selbst wenn ich sauer war. Dann lief er los, den Arm noch immer um meine Hüfte. Ich wurde also wieder mal mitgezogen und ließ mich auch ziehen.
"Ich meine ja bloß, dass ich wirklich starke Konkurrenz habe.", antwortete ich dann. "Und ich fühle mich wieder wie eine blutige Anfängerin."
"Dann musst du dich wohl zusammenreißen, immerhin wollten wir gemeinsam zum Cup of China fliegen, schon vergessen?", er blickte unbeeindruckt auf sein Handy, vermutlich schrieb er mit Otabek, einem Eisläufer aus Kasachstan und sein bester Freund.
"Natürlich habe ich das nicht vergessen.", antwortete ich patzig.
"Dann arbeite dir eben den Hintern ab."
"Aber ich hab doch schon gar keinen Hintern mehr.", quengelte ich.
"Du hast einen tollen Hintern.", ich musste schmunzeln, weil wir darüber sprachen, als wäre es normal in der Öffentlichkeit lautstark über meinen Hintern zu diskutieren aber seit ich Yuri durch ein volles Kaufhaus nachgebrüllt hatte, was für ein Arsch er doch sei, war mir wenig peinlich. Ich wusste nicht mal mehr, was er damals angestellt hatte, vermutlich hatten wir uns wegen einer Kleinigkeit gestritten.
"Romy hat dich am Sonntag zu uns zum Essen eingeladen.", informierte ich ihn. Er zog kurz die Nase kraus.
"Muss ich denn gehen? Du weißt ich mag Romy aber die ist schlimmer als jeder Klatsch-Blog.", entgegnete er.
"Das ist eine Pflichveranstaltung.", beantwortete ich seine Frage. Romy wollte wirklich alles über unsere Beziehung wissen und meistens bedeutete das, ein halbstündiges Verhör für Yuri. Er grummelte kurz vor sich hin, akzeptierte sein Schicksal dann aber seufzend. "Und meine Mutter hat uns nach der Saison zu sich eingeladen. Sie meinte, sie will dich kennen lernen." Yuri sah kurz auf und musterte mich, er suchte wohl etwas Düsteres in meinem Blick aber tatsächlich ertrug ich meine Mutter sogar, seit Wien damals.
"Und?", er war wohl aus meiner Mine nicht schlüssig geworden.
"Ich wollte schon immer mal nach Barcelona.", antwortete ich schulter zuckend.
"Also fahren wir?"
"Denke schon.", nickte ich. Er nickte ebenfalls und steckte sein Handy in die Jackentasche zurück.
"Hast du das von deinem Vater gehört?", fragte er dann. Ich verzog das Gesicht. Mein Interesse an dem Gespräch fiel gerade in den negativen Bereich.
"Nicht seit das Stiefmonster in der Klatschpresse verkündet hat, dass es schwanger ist.", murmelte ich. Na ja, ganz wahr war das ja nicht...
"Yara...", er blickte mich warnend an.
"Ist ja gut, ich ignoriere seine Anrufe.", seufzte ich. Das war auch das einzig Vernünftige. "Ich glaube er will mich fragen, ob ich Taufpatin werde."
"Und?"
"Ich hab doch mit dem Kind des Stiefmonsters nichts zu tun.", murmelte ich.
"Du denkst trotzdem darüber nach, ja?"
"Ja...", murmelte ich, wie eine bockiges Kleinkind.
Wir schwiegen wieder eine Weile. Langsam fragte ich mich echt ob er es vergessen hatte. Es wäre nicht schlimm, nur ein wenig enttäuschend. Immerhin war es eine lange Zeit, mir erschien sie ewig aber nicht auf eine negativen Art und Weise. Endlos, war eher das Wort, das passte und ich wollte, dass sie endlos war oder es zumindest ein Happy End gab. Selbst wenn es mir alle Nerven kosten würde und das würde es gewiss. Victor sagte immer, wenn wir stritten müsste man uns in einen Raum sperren und erst wieder raus lassen, wenn wir geredet hatten und selbst da würden wir lieber in dem Raum verrotten als unsere Sturheit zu überwinden. Irgendwie hatten wir es trotzdem geschafft, mir war aber wirklich schleierhaft wie.
Wir kamen an seine kleine Wohnung an, als wir eintraten, schlich uns sofort die Ragdoll-Kater mit dem äußerst kreativen Namen "Puma Tiger Scorpion" um die Beine. Ich griff sie schnell und hob sie hoch, was er vor ein paar Monaten nicht zugelassen hätte.
"Hallo Tiger.", murmelte ich und kraulte ihm hinter dem Ohr. Am Anfang hatte ich dem Kater keine drei Schritte zu nah kommen dürfen, wenn ich micht angefaucht und gekratzt werden wollte, aber nach vielen Leckerlis und langen Gewöhnungsphasen, hatte er mich akzeptiert. Er war im Endeffekt ein wenig wie Yuri. Mürrisch für fremde aber wenn man ihm nah stand und er einen gern hatte, war er sie ein flauschiger Fellball. Bei Yuri natürlich ohne Fell, die blonde Mähne auf seinem Kopf mal ausgenommen.
Das Tier schnurrte leise und kuschelte sich an meine Hand. Yuri verschwand kurz im Schlafzimmer. Okay, auch wenn es Streit geben könnte, ich musste es ansprechen. "Yuri..." Weiter kam ich nicht, denn er hielt mir eine kleine Schachtel unter die Nase, eingepackt in Geschenkpapier mit Tigermuster-Print. Ich brauchte kurz um zu realisieren, dass er es mir geben wollte. Schnell setzte ich Tiger ab und nahm die Schachtel entgegen. Das Papier löste ich sorgfältig um es nicht größer zu beschädigen, es einfach aufzureißen erschien mir respektlos. Eine schwarze Schachtel kam zum Vorschein und ich öffnete sie. "Das..."
"Alles Gute zum ersten Jahrestag.", ich sah mit großen Augen erst ihn und dann wieder das silberne Schmuckstück an.
"Ich...das...das war doch sicher viel zu teuer.", murmelte ich kopfschüttelnd.
"Nein, keine Sorge.", antwortete er und nahm das silberne Armband aus der Schachtel. An ihm baumelten zwei Anhänger, eine kleine Katze und eine Schneeflocke mit einem Stein in der Mitte. "Ich schenke dir jedes Mal wieder einen Anhänger wenn ein Jahr um ist oder du oder ich bei einem Grand Prix mindestens auf Platz drei sind." Er legte das Armband um mein rechtes Handgelenk und schloss es.
"Das...ich...ich bin sprachlos und das kommt nie vor.", wisperte ich.
"Ich gebe zu, es war nicht ganz meine Idee. Ich wollte dir eine Flasche billigen Alkohol kaufen als Erinnerung an unsere erste Nacht aber Valja und Mila meinten, das sei zu unromantisch und haben mich mitgeschleppt, etwas Passenderes zu finden.", ich musste lachen, vor allem, weil ich erleichtert war, dabei bedankte ich mich noch und betonte, wie sehr es mir gefiel.
"Dann muss ich mich ja nicht schämen, dass ich Victor um Hilfe gefragt habe.", ich zog ebenfalls eine Schachtel aus der Jackentasche. Darin befand sich ein Lederband mit einem silbernen Tigerkopf als Anhänge, auf dessen Rückseite ein Datum graviert war. "Der Tag unseres ersten Treffens. Ist zwar nicht der Jahrestag aber ich fand es passend." Ich strich mir eine Strähne verlegen hinter mein Ohr. Er lachte leise.
"Mir gefällt es. Vielen Dank.", er legte die Kette an und der Anhänger hing auf seiner Brust. "Ich hab aber noch ein Geschenk." Er kramte in seiner Hosentasche und zog etwas hervor. Kurz musterte ich es, eh ich erstaunt die Augenbrauen nach oben zog.
"Schlägst du gerade vor, dass wir...dass wir zusammen ziehen?", fragte ich freudig überrascht.
"Na ja, jemand muss sich um Tiger kümmern wenn ich weg bin.", antwortete er grinsend.
"Also bin ich nur ein besserer Katzensitter?", fragte ich, gespielt empört, dann lächelte ich aber.
"Also?", fragte er und sah etwas nervös aus.
"Ja.", nickte ich. "Ja ich möchte gern mit dir zusammenziehen." Er war erleichtert, so erleichtert, dass er mich an sich zog und küsste. Kurz war ich von der Plötzlichkeit so überrumpelt, dass ich kurz perplex war, dann jedoch erwiderte ich den Kuss liebevoll. Er löste sich für kurz darauf.
"Ich liebe dich.", wisperte er und er war mir so nah, dass ich seinen Atem an meinen Lippen spürte, meine Augenlider waren noch gesenkt.
"Ich dich auch, Kitty.", antwortete ich und überwandte den Abstand erneut, eh ich die Arme um seinen Nacken legte, damit ich ihn noch näher zu mir ziehen konnte und ich würde ihn nie wieder, für nichts auf der Welt, loslassen.
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Broken Queen // Yuri on Ice FanFiction
FanfictionYara lebte für das Eis, bis ein Tag alles veränderte. Sie fiel und stand nicht mehr auf. Sie versuchte danach sich in ein normales Leben einzugewöhnen und es gelang ihr auch mehr oder weniger, bis sie eines Tages gefeuert wird. Arbeitslos und mit ei...