Kapitel 5

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Robyn

Zielsicher gehe ich durch den Flur auf den Aufzug zu. Mit einem perfekten Timing öffnen sich die Türen dieser und ich kann mit Zachary Raymond eintreten. Die kurze Fahrt über reden wir nicht. Nach seinem verwirrten Blick in meinem Büro, hätte ich erwartet, dass er mich fragt, wohin wir nun hingehen oder was wir nun machen, jedoch war er still. Eins muss ich ihm lassen, das gefiel mir. Es strahlt eine gewisse Professionalität aus und ich bin nur froh, dass er nicht nervig ist. 

Mit einem Ping öffnen sich die Türen wieder und ich trete heraus. Aus meinem Augenwinkel kann ich sehen, dass er mir folgt und mache mir keine weiteren Gedanken mehr darüber. 

"Ich möchte sie alle sofort in dem Konferenzraum sehen. Es wird Zeit, dass wir uns endlich für die nächste Ausgabe einig werden."

Ohne auf eine jegliche Antwort zu warten führe ich meinen Weg durch das Editorial Department durch zum Konferenzraum. 

"Setzen Sie sich bitte. Sie können ruhig an dieser Konferenz teilhaben. Wir sind auf alle Ideen und Gedanken angewiesen."

Weise ich Zachary hin und begebe mich selbst zu dem Tisch, an welchem ich schon so oft die letzten Tage saß und mir mit meinen Mitarbeitern den Kopf zerbrach. Nach und nach kommen alle herein und ich kann in Ruhe die Tür schließen, als der letzte den Raum betritt.

"Nun gut, letztes Mal ward ihr alle schneller hier."

Ich gehe durch den Stuhlkreis, welcher sich am aller ersten Tag ergeben hatte, an meinen Tisch und lehne mich dagegen, so dass ich alle ansehen kann.

"Ungern möchte ich unser Anliegen ein weiteres Mal wiederholen, jedoch wie ihr gemerkt habt, haben wir ein neues Mitglied in unserem Team."

Dabei gelten meine Blicke an die zwei Damen, die Zachary seitdem sie den Raum betreten haben anschmachten.

"Die nächste Ausgabe, die wir veröffentlichen werden, wird unsere 24. sein. Also unser Jubiläum. Hierfür brauchen wir Ideen, sehr gute Ideen."

Meinen Blick richte ich nun wieder in die komplette Runde, da dieser an Zachary gerichtet war.

"Ich will heute zu einer Entscheidung kommen."

"Aber Mrs. Silver, wir haben gestern bereits ein Meeting gehabt. Wir hatten noch keine Zeit, um uns neue Ideen zu überlegen."

Meldet sich eine Dame von Zacharys Verehrerinnen.

"Nun Dakota, eure anderen Arbeiten können warten. Dann nehmen wir uns jetzt die Zeit und bleiben so lange hier bis wir zu einer Lösung kommen. Wir haben keine Zeit mehr."

Die kleine Gruppe vor mir wird mich wohl gerade für all das hassen, jedoch können wir uns dies nicht weiter leisten. Das hier ist mehr als nur ernst. 

"Was ist, wenn wir das Modehaus als Headline nehmen?"

"Das Modehaus ist in der aktuellen Ausgabe thematisiert worden. Die 24. Ausgabe wäre kein gutes Timing. Weitere Ideen?"

Geduldig sehe ich in die Runde. Niemand meldet sich. Scheint also, dass wir doch länger hier sein werden als geplant. Ich kann es ihnen nicht übel nehmen, schließlich tue ich mich genauso schwer wie sie. Jedoch habe ich auch tausend weitere Dinge, um die ich mich kümmern muss. Für einige mag das 2. Jubiläum nicht sehr viel bedeuten, schließlich ist das 1. Jubiläum viel größer. Doch jedes Jahr muss dies gefeiert werden und etwas besonderes sein. Ich will, dass jeder weiß, wie sehr mir mein Unternehmen bedeutet.

"Ich hätte da vielleicht eine Idee."

Überrascht wende ich mich zur Stimme, welche aus der rechten Ecke kommt. Es ist tatsächlich Zachary, der von seinem Block aufschaut. 

"Schießen Sie los, Mr. Raymond."

"Nun ja..."

Er räuspert sich und setzt sich gerade hin. Hat er etwa bedenken, dass seine Idee nicht gut ist? Nach all dem Mist, was ich mir heute hier angehört habe, kann es nicht schlimmer werden. Das sollte er wohl auch bemerkt haben.

"Seit zwei Jahren ist Silver Magazine erfolgreich in dem Geschäft. Jeder hat ein gewisses Bild von ihrem Unternehmen."

Er macht eine Pause und sieht mich an. Was schwebt nur in seinem Kopf vor?

"Und auch von ihnen."

"Ihre Idee, Mr. Raymond."

Fordere ich ihn auf. Ich will, dass er Klartext mit mir spricht und nicht um den heißen Brei herumredet.

"Wieso sehen wir nicht sie auf dem Cover? Wieso erzählen sie uns nicht ihre Erfolgsgeschichte? Wie sind sie so weit gekommen? Was ist ihr Geheimnis? Wer ist Robyn Silver?"

Ich ziehe scharf die Luft ein. Etwas genaues habe ich mir unter seiner Idee nicht vorgestellt, doch das? Ich kann erkennen, dass auch die anderen darüber verwundert sind, dass er mich als seine Idee vorgeschlagen hat. Jeder der hier arbeitet weiß, dass mein Privatleben Tabu ist. Auch für das Magazin.

"Das kommt nicht in Frage, Mr. Raymond."

Ich stütze mich von dem Tisch ab und gehe um diesen herum, um mich auf den Sessel setzen zu können.

"Ms. Silver, die Idee von Mr. Raymond ist nicht schlecht. Es wäre etwas brandneues und es würde die Aufmerksamkeit auf das Magazin, die Agentur und auch auf das Modehaus erhöhen."

Meldet sich nun ein weiterer Mitarbeiter zu Wort. Was er sagt leuchtet mir ein, jedoch kann ich dies nicht tun. Leider haben wir aber auch keine andere Möglichkeit.

"Ihr alle wisst, dass so etwas nicht meinen Prinzipien entspricht."

Den Blick zu Zachary vermeide ich so gut wie es geht. Er sollte merken, dass was er gesagt hat zwar brillant, aber jedoch unachtsam ist. 

"Wir haben aber keine andere gute Idee wie es scheint. Auch haben wir keine Zeit mehr, wir müssen mit den Vorbereitungen anfangen."

Tessa sieht mich strikt an. Wieso muss sie recht haben? 

"Daher würde ich eine Abstimmung vorschlagen."

Sie weiß ganz genau, dass ich nicht dagegen sprechen kann. Abstimmungen haben hier hohe Priorität. 

"Fein."

Mit einer Handbewegung deute ich an, dass ihre Idee verworfen ist.

"Die Idee von Mr. Raymond wird umgesetzt."

Ich erhebe mich und sehe in die Runde.

"Morgen um die gleiche Uhrzeit möchte ich sie alle hier treffen. Mit Ideen und bestenfalls mit Ansätzen. Versteht sich."

Ich packe meine Sachen und gehe vor. 

"Mr. Raymond."

Beim Vorbeigehen deute ich ihm an, dass er mir folgen soll. Vor dem Raum in dem Flur angekommen, sehe ich den Blauäugigen streng an.

"Sie sollten wissen, dass sie es sich nie wieder erlauben dürfen in meine Privatsphäre einzugreifen."

"Natürlich, Ms. Silver. Jedoch bin ich von meiner Idee überzeugt."

Ein Schmunzeln kann ich mir hier nicht verkneifen.

"Ich auch."

Ihn dort stehen lassend, gehe ich den Flur entlang, um in den Aufzug zu steigen. Ich muss zu geben, ich bin überrascht. Nicht nur von ihm, auch von mir.


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