Kapitel 4

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Robyn

"Mal sehen..."

Gründlich schaue ich mir das Protokoll des Meetings vom gestrigen Tag an. Es war die nächste Sitzung für die Jubiläumsausgabe des Magazins, an welchem ich aufgrund des Modehauses nicht teilnehmen konnte. Ich bat Tessa, dass sie für mich einspringt. Ihr vertraue ich am meisten und habe keine Zweifel an ihrem Geschmack. Diese Ausgabe ist unheimlich wichtig, jedoch genauso wichtig wie das Modehaus.

Zwischen den ganzen Ideen ist nichts dabei, was mich wirklich vom Hocker wirft. Wieso habe ich so ein Team?

"Behalten wir die Idee des neuen Silver Dufts im Hinterkopf."

Ich kreise den Punkt mit dieser Idee ein. Es ist nicht die Beste, aber um etwas neues zu werben wäre keine schlechte Idee. 

"Sind Sie sich sicher? Ich meine, wie wollen wir so schnell so etwas auf die Beine kriegen? Und wäre dies nicht zu Basic für die Jubiläumsausgabe?"

"Es ist natürlich nicht die beste Idee, aber wir brauchen ein Plan B, denn so wie es scheint, wird es schwierig."

Ich reiche ihr das Protokoll wieder zurück.

"Was steht als nächstes an? Ich will erstmal nicht wieder drüber nachdenken."

Tessa sieht auf ihr Klemmbrett und scheint ihre Gedanken zu ordnen.

"In einer halben Stunde kommt Mr. Raymond."

"Mr. Raymond? Ich habe mich doch bereits gestern mit ihm getroffen."

Gestern haben wir zusammen mit ihm und seiner Nichte das Grundstück des Modehauses besucht. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen und ich bin mehr als nur zufrieden mit dem Ergebnis.

"Oh nicht, der Mr. Raymond. Ich meine Zachary Raymond, seinen Sohn. Wir haben zuerst einen Termin zum Vorstellungsgespräch mit ihm vereinbart. Nehmen Sie es uns nicht übel, der Assistent von Mr. Raymond Senior bat uns darum."

Wissend nicke ich ihr zu, so dass sie beruhigt sein kann.

"Alles in Ordnung, Tessa. Wenn er da ist, schickt ihn in mein Büro. Du kannst jetzt gehen."

Ebenfalls mit einem Nicken verlässt die junge Frau mein Büro und lässt mich mit meinen Gedanken allein. Diese große Ausgabe auf einen Duft aufzubauen ist total schwachsinnig. Es wäre nicht unmöglich, da ich vor Wochen ein Angebot dazu bekommen habe. Relativ einfach könnte ich darauf zurück kommen, doch dies will ich auf gar keinen Fall für diese Ausgabe machen. Jedoch ist diese die beste Idee von allen bis jetzt, und das ist mehr als nur deprimierend. Es muss doch etwas anderes geben. Vielleicht wäre ein spontanes Brainstorming genau das, was wir brauchen. Aber zuerst muss ich diesen Zachary Raymond kennen lernen. Er muss wohl ein schwieriger Junge für Mr. Raymond sein, wenn er möchte, dass er genau bei uns arbeitet. Wieso will er das eigentlich? Ungeduldig schaue ich immer wieder auf meine Uhr. Wo bleibt er nur? Je eher ich mit ihm fertig bin, desto schneller kann ich mich um mein eigentliches Problem kümmern.

Durch das Klingeln meines Telefons werden meine Gedanken unterbrochen.

"Na endlich..."

Etwas gereizt nehme ich ab.

"Ms. Silver, Mr. Raymond ist so eben gekommen. Können wir ihn zu Ihnen schicken?"

"Natürlich, vielen Dank."

Ich lege auf und sehe auf meinen Schreibtisch. Dieser ist ordentlich aufgeräumt, nur meinen Laptop habe ich aufgeklappt, um so etwas Zeit zu vertreiben, was mir auch nicht gebracht hat, da ich nur noch mit diesem einen Problem beschäftigt bin. Schnell klappe ich diesen zu und setze mich gerade hin. Meine helle Bluse streiche ich glatt und werfe mein Haar leicht nach hinten. Schließlich muss jeder, der mir zum ersten Mal begegnet einen guten organisierten Eindruck von mir bekommen. Pünktlich höre ein Klopfen an meiner Tür. Nachdem ich ihn hereingebeten habe, öffnet sich die Tür und zugegeben ein gut aussehender junger Mann tretet herein. Sein hell grauer Anzug ist wie für ihn passend geschneidert und schmeichelt seinem Hautton. Entweder er oder sein Stilist weiß, wie er sich zu anziehen hat.

"Guten Tag, Ms. Silver."

Mit einem Lächeln reicht er mir seine Hand. Natürlich stehe ich kurz auf und nehme seine Hand.

"Zachary Raymond, sehr erfreut."

"Robyn Silver, setzen Sie sich bitte."

Er nimmt vor mir Platz und reicht mir eine schwarze Mappe.

"Ihr Team meinte, dass sie meine Bewerbung etc. mitbringen und nicht vorher einschicken sollte."

Er scheint sichtlich von diesen Prinzipien überrascht zu sein. Verübeln kann ich es ihm nicht, schließlich arbeiten wir hier auf eine andere Art und Weise.

"Ich bilde mir gerne spontan und mit dem Bewerber eine Meinung."

Sicher nehme ich mir seine Mappe und öffne diese. Warum ich das so mache ist, weil ich somit besser erkennen kann, ob der Bewerbe wirklich selbstbewusst ist oder nicht. Falls es nicht der Fall ist, dass sitzt der Bewerber die ganze Zeit nervös dort und beobachtet mich, während ich mir alles durchlese. Aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, dass Mr. Raymond locker, sicher und gerade auf dem Stuhl sitzt und zu mir sieht. Schon mal gut. Er hat mehr als nur einen guten Abschluss und ehrlich gesagt, schaue ich mir den Rest nicht an. Ich werde ihn so oder so einstellen, da es ein Gefallen für seinen Vater ist.

"Nun gut, Mr. Raymond."

Ich klappe die Mappe zu und sehe ihn direkt an.

"Ich werde sie nichts fragen oder Ähnliches. Nur eines müssen sie wissen: Wir nehmen unsere Arbeit hier sehr ernst. Disziplin und Konzentration ist das, was wir hier brauchen und nur sehen wollen. Hier wird niemand ihren Vater kennen und sie werden sich nicht von den anderen Mitarbeitern unterscheiden."

"Verstehe."

"Gut."

Ich lehne mich zurück und nehme mir etwas Zeit, um ihn zu mustern. Er weiß natürlich von der Bitte seines Vaters bescheid. Das sehe ich ihm an. Er scheint selbstsicher zu sein. Schon mal positiv, aber mal sehen wie er sich in Aktion so tut.

"Kommen Sie."

Ich erhebe mich von meinem Tisch und gehe vor zur Tür. Natürlich schnappe ich mir währenddessen mein iPad, ehe ich mich zu ihm drehe und ihn dringlich anschaue. 

"Na los, wir haben noch viel zu tun."

Er hat wohl nicht damit erwartet, dass er direkt anfängt zu arbeiten, da er mich etwas irritiert anschaut, ehe auch er sich erhebt und mir folgt. Tja, Mr. Raymond, so einfach wird das hier nicht.

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