"Willst du jetzt nochmal alles durchsprechen? Ich meine, wir können das verstehen, immerhin ist die Prüfung bald." fragte Chantal. Ich überlegte. Eigentlich hatte ich die allerletzte Probe, die „Generalprobe" für heute Abend angesetzt, um morgen meinen freien Tag genießen zu können, allerdings war ich völlig übermüdet und würde wahrscheinlich nichts Ordentliches mehr zustande bekommen. Dann würde wohl doch morgen die allerletzte Probe stattfinden. "Nein." antwortete ich entschlossen.
"Echt?!" Sie sah mich fragend an. Sie hatte wohl mit einer anderen Antwort gerechnet.
"Ja, ich werde einfach morgen die Verteidigung ein letztes Mal durchsprechen. Heute Abend nehme ich mir lieber die Zeit, um mit euch etwas zu unternehmen." Ich zuckte mit den Schultern. Ich sah in die erfreuten Gesichter der Mädels. „Allerdings weiß ich nicht, was wir machen könnten."
Nach längerem Überlegen fingen wir an, uns unsere Idee gegenseitig an den Kopf zu werfen.
"Film gucken"
"Nein, einfach nur Quatschen und was Süßes naschen."
"Das ist die langweiligste Idee, die ich je gehört habe."
"Ja, dann mach du doch eine Bessere."
Und so wäre es noch ewig gegangen, wenn ich nicht eingegriffen hätte. Diese Streitereien strengten mich an und eine Eskalation wollte ich um jeden Preis vermeiden, zu dem ich wusste, dass Chantal und Jasmina vor dem Dönerholen schon ein, zwei Gläser Alkohol getrunken hatten. „Hört mal zu!" begann ich, „Ich bin völlig übermüdet, können wir nicht einfach in Ruhe zusammensitzen, vielleicht etwas Trinken und gemütlich über alles reden. Filme kann man auch alleine angucken, aber ich würde gern noch was mit euch zusammen machen."
"Du hast recht, tut uns leid." begann Jasmina, „Quatschen ist doch keine so schlechte Idee. Immerhin bist du bald nicht mehr hier."Einige Zeit später saßen wir alle auf unserer Couch, eine große Tüte Popcorn und eine Schüssel mit Chips zwischen uns. Mir gefielen diese ungezwungenen Gespräche zwischen uns Mädchen schon immer. Und so tauschten wir uns über alles, was uns gerade bewegte, aus. Sina erzählte von ihrer Trennung mit ihrem Freund und wie ihr Exfreund ihr nun auf die Nerven ging, da er immer noch an, weil er noch sehr an ihr hing. Sie selbst ging die Trennung ja auch nah, aber wenn keine Gefühle mehr vorhanden waren, wäre es sinnlos, die glückliche Fassade weiterhin aufrecht zu erhalten. Jasmina war gerade frisch verliebt. Ihr Schwarm war zwar einige Jahre älter als sie, aber was störte sie das. Ich musste über ihre Unsicherheit schmunzeln, und so deuteten wir anschließend jede einzelne Bewegung und jeden Satz, den er je zu ihr gesagt hatte, um herauszufinden, ob auch er an ihr interessiert war. Bei Chantal war alles nach wie vor rosig. Sie war glücklich in ihrer Beziehung, und das seit unglaublichen vier Jahren. Sie machte sogar Andeutungen, dass sie eventuell über eine Verlobung nachdachte. Nur ich konnte nichts Interessantes zum Thema „Beziehungen" betragen. Ich war immer noch Single, allerding empfand ich das nicht als störend oder belastend. Ehrlich gesagt war ich glücklich alleine; keine Verpflichtungen und die volle Entscheidungsfreiheit. Doch ich war nicht gewillt, mich sofort und unsterblich in jemanden zu verlieben. Ich hatte selbst erlebt, welche Folgen das haben kann und so blieb ich bei dem Thema doch eher skeptisch.
Irgendwann gegen Mitternacht lösten wir die Runde auf und machten uns bettfertig. Während ich auf Sina wartete, die sich noch im Bad duschte, ging ich ans Fenster, um die stickige Luft hinaus zu lassen. Die kalte Luft strömte ins Zimmer und es tat wirklich gut, die frische Luft zu spüren. Ich nahm ein paar tiefe Züge von der klaren Herbstluft. Anstatt das Fenster sofort wieder zu schließen, lehnte ich mich hinaus und betrachtete die Landschaft. Eigentlich konnte man es gar nicht Landschaft nennen. Wenn ich nach links schaute, sah ich nur das Studentenwohnheim und direkt daneben die Container für den Müll, die mal wieder überquollen vor Müll, mir direkt gegenüber war eine komplett bunt besprühte Wand und dahinter nur einige kahle Bäume, welche im Sommer das Wohnheim fast verdeckten, und rechts von mir war der Weg zum Zentrum, der ebenfalls von kahlen Bäumen gesäumt war. Alles lag ruhig vor einem, als würden nie lärmende Kinder den Hof als Ballspielplatz nutzen oder sich die Rentner von Pflegeheim gleich um die Ecke über die Graffitis an den Wänden lautstark aufregen. Jetzt war alles still und ich genoss den friedlichen Anblick.
Es als ich mein Bett aufsuchte, war es bereits nach um eins. Ich fiel müde, wie ein Stein ins Bett. Der Abend mit meinen Mitbewohnerinnen war ausgesprochen gut verlaufen. Diese Abende, bei denen man einfach nur zusammensitzt und lacht, sind meiner Meinung nach die besten. Leider würde ich wohl jetzt weniger davon erleben dürfen.
In dieser Nacht schlief ich schlecht. Ich hatte seit vielen Jahren wieder einen Alptraum.
Ich war mutterseelen- allein in einem großen Haus. Alles war dunkel, nur mein Handy spendete mir Licht. Ich lief durch die langen unheimlichen Gänge einer verfallenen Villa. Links und rechts von mir waren alte Gemälde, die die Wände des Ganges säumten. Alle Personen auf den Gemälden starrten mich an und schienen mich mit ihren Augen zu verfolgen. Ich fühlte mich unwohl, sehr unwohl dabei, aber offensichtlich suchte ich hier etwas, denn ich leuchtete in jede Ecke dieses Hauses. Auf einmal drang höhnisches Gelächter an mein Ohr. Ein Geist oder so etwas flog an mir vorbei und lachte schallend. Erst beim zweiten Hinschauen erkannte ich eine Person mit blonden Haaren und einem schmalen Gesicht. Sie kam mir irgendwie bekannt vor. Je länger ich sie betrachtete, desto mehr wurde mir klar, woher ich sie kannte, und es jagte mir eiskalte Schauer über den Rücken. Es war Jessie aus meiner alten Schule. Sie war das intriganteste und auch hinterhältigste Mädchen der gesamten Oberstufe. Die glatten blonden Haare, die übertrieben geschminkten, eisblauen Augen. Unverkennbar. Ich konnte sie wegen ihrer hinterhältigen Art noch nie wirklich leiden und wollte dementsprechend auch nichts mit ihr zu tun haben. Sie zog lachend ihre Kreise vor mir, bis sie sich schließlich zu mir umdrehte. Erst jetzt sah ich, dass sie zu einer ganzen Gruppe Geister gehörte. Alle lachten schallend und höhnisch. Einige waren mir sogar bekannt, da sie auf derselben Schule, wie ich waren.
"Na, wer ist denn da?" rief sie schallend. "Die Streberin. Hm, dein Stil hat sich ja seit damals nicht gebessert. Bist du immer noch mit deinen komischen Freunden befreundet? "
"Jessie, was mach ich hier? Und warum kommst gerade du in meinem Traum vor?"
"Fragen über Fragen." Sie schwebte zu mir. "Jetzt darf ich dir mal ein paar Fragen stellen" fuhr sie mich energisch an. Ich schreckte zurück, doch sie fuhr mich unbeirrt an.
"Wieso warst du mit ihm zusammen? Er kann doch gar nichts mit so jemanden wie dir anfangen. Du warst doch nie sein Typ, also was hast du mit ihm getan?" "Was?! Das ist dein einziges Problem? Deshalb hast du mich die ganzen Jahre schikaniert?" schrie ich. „Warum ist dir das jetzt noch wichtig, es ist doch schon Jahre her." sagte ich mit Nachdruck.
"Du bist mein Problem. Du bist weder cool noch in irgendeiner Weise schön. Trotzdem warst du mit ihm zusammen. Wie geht das?" schrie sie. Die anderen Geister hinter ihr fingen jetzt auch an, zu mir zu schweben. Immer wieder kreisten sie um mich und lachten höhnisch. Schließlich versammelten sich alle vor mir und starrten mich an.
"Er war mir, er und ich haben zusammengehört. Warum musstest du das zerstören?" höhnte sie. "Aber lass dir eins gesagt sein, ich werde es dir heimzahlen! Ich werde dir alles heimzahlen!"
"Warum? Es ist vorbei. Seit Jahren habe ich nichts mehr von ihm gehört. Aber warum war er dir? Ich dachte, er..."
"Sei ruhig, ich glaube dir deine Märchen nicht, ich weiß doch, was du mir angetan hast. Da lässt sich nichts ändern." Sie ignorierte meine Versuche mich zu rechtfertigen und schwebte davon. Kurz bevor sie verschwand, rief sie zu mir:" Mach dich auf etwas gefasst. Ich wird es dir heimzahlen, egal wie!" Triumphierend schwebte sie davon.Schweiß gebadet wachte ich auf. Ich sah mich um. Ich war immer noch in meinem Zimmer des Wohnheims. Mein Wecker zeigte 3: 37 Uhr an. Verwirrt setzte ich mich auf. Es war nur ein Alptraum sonst nicht.
"Es war nur ein Traum. Nur ein Traum" murmelte ich.
DU LIEST GERADE
Love & Tears - Arazhul Fanfiction [Lovely_kathii]
FanficDas Studium ist fast vorbei und Katharina muss bald wieder zurück nach Hause. Sie freut sich schon sehr sehr; endlich hat sie es geschafft. Doch als sie plötzlich Roman, einem Youtuber mit gebrochenem Herzen, über den Weg läuft, scheint ihre Pechstr...