44: Böses Erwachen

4.2K 358 272
                                    

Das Erste, was ich wahrnahm, waren piepende und klackende Geräusche neben mir. Eine Pumpe oder Ähnliches arbeitete nicht weit von meinem Kopf entfernt und ich begann etwas Hartes um meinen Mund herum zu spüren. Ich konnte meinen Arm nicht heben, fühlte mich schwach und schlaff. Nicht einmal meine Augenlider hoben sich, also versuchte ich weiter die Geräusche einzuordnen. Mein eigener Atem, ein gleichmäßiges Piepen und das Rauschen der Lüftung. Ich befand mich auf jeden Fall in einem Raum. Eine Decke lag über meinem Körper und der Stoff berührte direkt meine Haut. Ich war nackt?

Vorsichtig öffnete ich die Augen, atmete tief den Sauerstoff durch die Maske ein, die auf Mund und Nase ruhte. Die drückte also auf mein Gesicht. Schläuche reichten von meinem Körper zu den unzähligen blinkenden Maschinen, die aufgereiht an den Wänden in dem viel zu kleinen Raum standen. Wo war ich nur?

Mein Kopf dröhnte und ich verschob den Plan, mich aufzusetzen auf später. Ein Tropf versorgte mich offensichtlich mit Flüssigkeit und der Taubheit meiner Glieder nach zu urteilen, lag ich hier seit einigen Tagen. Ich drückte mein Gesicht seitlich in die Kissen, deren Geruch an Reinigungsmittel und Zitronen erinnerte, um den Raum weiter zu untersuchen. Wo war ich hier? Und vor allem, warum lag ich in einem Krankenbett?

Ich durchforstete meine Erinnerungen, fand aber keine Antworten. Meinen Namen, die Namen meiner Eltern und meine beste Freundin Beth konnte ich mir mühelos ins Gedächtnis rufen. Ich wusste auch, dass ich an der Uni studierte und einige Projekte abgeben musste, aber alles, was danach geschehen war – falls etwas in der Zwischenzeit geschehen war – schien mir entfallen zu sein. Hatte ich einen Unfall? Lag ich deswegen im Krankenhaus?

„Du bist wach", hörte ich eine männliche, hocherfreute Stimme und drehte meinen Kopf zur anderen Seite. In der Tür stand ein Mann, Anfang dreißig und mit kurzem, schwarzem Haar. Die blauen Augen, die mich eingehend betrachteten, konnten kaum von der kleinen Narbe an seinem Kinn ablenken. Da er einen weißen Kittel trug, musste er wohl zu den Ärzten des Krankenhauses gehören.

„Wie geht es dir?"

„Wo bin ich hier? Was ich passiert?", wollte ich krächzend wissen und seine Augen weiteten sich. Mein Hals fühlte sich trocken an und der Geschmack, der mir auf der Zunge lag, war grauenhaft.

„An was kannst du dich denn erinnern?", erkundigte er sich besorgt, schloss die Tür hinter sich und ließ sich auf dem Stuhl neben meinem Bett nieder. Automatisch wollte ich die Decke höher ziehen, meine nackte Haut bedecken, aber ein stechender und nachbebender Schmerz durchfuhr mich.

„Nicht, warte." Der Arzt nahm sachte meine Arme und platzierte sie auf dem Bett neben meinem zitternden Körper, bevor er mich behutsam zudeckte.

„Wo bin ich?", wimmerte ich. „Und woher kommt dieser Schmerz?"

„Kennst du deinen Namen?", fragte er, als würde er von einer Liste ablesen und mich für vollkommen verwirrt halten. Vielleicht hatte ich tatsächlich meinen Verstand verloren und wurde hier eingeliefert.

„Kathleen. Kathleen Doyle."

„Sehr gut." Er lächelte mich schief an, notierte etwas auf seinem Notizblock. „Und weiter?"

„Ich studiere ... Kunst. Wieso liege ich hier? Hatte ich einen Autounfall?"

„Nein."

„Was ist es dann? Ich will mit meinen Eltern sprechen ..."

Er richtete sich auf und ging um mein Bett herum. Mit der Hand fuhr er über eines der Geräte, die rechts von mir standen. Für einen Augenblick schien er in den flimmernden Zahlen und aufspringenden Balken zu versinken, dann wandte er sich wieder mir zu.

Paws on GlassWo Geschichten leben. Entdecke jetzt