Während sich Ryan und Damian im Wohnzimmer weiter unterhielten, verzog ich mich in den Flur, in dem ein Wandtelefon hing. Ich tippte eine Nummer ein und legte wieder auf. Durchatmen. Ich musste mich bei ihnen melden, immerhin hatte ich keine Ahnung, was für Nachrichten Gideon ihnen hat zukommen lassen. Meine Finger tippten die Nummer meiner Eltern in dem Rhythmus ein, in dem ich sie als kleines Kind melodisch gelernt hatte.
Am anderen Ende dröhnte es. „Doyle?", hörte ich meine Mutter und krallte mich in den Hörer. „Hallo? Können Sie mich hören?"
„Ja, Mama, ich bin es."
„Kathleen? Um Himmels willen, wir haben uns Sorgen um dich gemacht! Wir konnten dich nicht erreichen, haben nur diese seltsamen Nachrichten bekommen. Was ist los bei dir?!"
Sie klang wütend und das berechtigt. „Es ist einiges passiert", gestand ich und musste ungenau bleiben. Ihnen von den Werwölfen und Utopia zu berichten, wäre die denkbar schlechteste Idee. „Aber mir geht es gut. Wirklich."
„Das ist das Wichtigste, aber du erzählst mir lieber, was du machst oder wir kommen dich holen."
Ich schluckte schwer und legte den Kopf in den Nacken. „Ich bin bei einem Freund. Einem sehr guten Freund untergekommen."
„Kathleen! Was machst du nur?! Beth hatte uns gesagt, dass ein Mann bei dir war, aber du kannst für ihn doch nicht alles stehen und liegen lassen."
„Ich weiß, dass es eine dumme Idee war, aber ich konnte nicht anders." Das entsprach der Wahrheit, auch wenn mein Argument alles andere als überzeugend war.
„Erst das mit dem Studium und nun sowas ... Ich dachte, du wolltest ein wenig abschalten und arbeiten ... Jetzt treibst du dich mit irgendeinem Kerl herum?"
„Er ist nicht irgendein Kerl", konterte ich und schloss die Augen, stellte mir vor, wie vorwurfsvoll sie mich ansehen würde, wenn sie hier wäre. „Ich verspreche euch, dass er all meine persönlichen Opfer wert ist. Mehr noch, ohne ihn ..." Ich wagte nicht, ihnen von seinem beinahe Tod oder dem vertauschten Herzen zu erzählen. Sie würde es mir ohnehin nicht glauben.
„Ich möchte dich sehen", entschied sie. „Dein Vater und ich wollen mit eigenen Augen sehen, dass es dir gut geht."
„Ich ... Das wird nicht möglich sein." Sie schwieg, was keine vielversprechende Reaktion war. „Ich verspreche euch, dass es mir gut geht."
„Das reicht nicht." Ihre Stimme zitterte und mein Körper stimmte in das Zittern ein. „Bitte, Schatz ... Wir machen uns Sorgen."
„Ich weiß, aber-."
„Verzeihung", sagte Ryan und sprach in den Hörer, den er mir abgenommen hat. „Ich bin der Kerl, der ihre Tochter ... liebt und momentan nicht hergeben kann."
Mein Herz schlug nicht mehr. Ich zitterte nicht mehr. Die Zeit schien still zu stehen und ich schloss meinen noch immer offenen Mund, während Ryan mit meiner Mutter sprach. Er verstummte eine Weile, zuckte zusammen und die Stimme vom anderen Ende wurde schriller. Sie schrie. Meine Mutter schrie ihn an und er ließ ihr Geschrei über sich ergehen.
„Es tut mir leid, aber Kathleen wir vorerst bei mir bleiben müssen." Er schwieg und nickte. „Ich verstehe. Sie werden ... Sie brauchen die Polizei nicht zu verständigen. Ich verspreche Ihnen, dass ich-." Abermals nickte er und seufzte. „Ihr wird nichts geschehen, dafür werde ich sorgen."
Ich konnte nur erahnen, was sie ihm vorwarf, doch Ryan blieb überraschend ruhig. Auf einmal reichte er mir das Telefon.
„Mama?"
„Was zum ... Was hat das zu bedeutet? Wieso ... Er hat dir nichts angetan, oder?" Sie weinte, ich hörte es in ihrer Stimme.
„Nein, Mama, er hat mich beschützt."
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Paws on Glass
Hombres LoboKathleen stolpert in ein Geheimnis, von dem sie als Mensch niemals erfahren sollte und stürzt sich damit in eine Welt, die ihr sonst verschlossen geblieben wäre. Als Kathleen einen verletzten und ziemlich großen Hund vor ihrer Haustür findet, konnte...