18. Hiobsbotschaft, die Erste

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Es dauert etwas, bis ich Gesellschaft bekomme und sich eine Hand auf meine Schulter legt. Und es dauert noch ein wenig, bis ich mich fange und mich bereit fühle, den Kopf hebe.

Harry und Mary sehen mich mit einem gequälten Lächeln an und ich werde mit einem verheulten und leeren Blick.

Weder sie, noch ich finden sofort Worte und so dauert es nochmal etwas, bis Mary etwas sagt.

"Du erklärst deine Mutter ja schon für tot, Jane." sagt Mary sanft und streichelt mir über den Rücken.

"Ich weiß..." murmel ich und sehe wieder zu Boden.   

Den sehe ich mir in der letzten Zeit viel zu oft an. Als könnte ich, wenn ich ihn ansehe, wegsehen.

"Habt ihr den Plan denn trotzdem durchgezogen?" frage ich dann.

Mary sieht erst zu Harry, der ihr leicht zunickt.

"Ja, aber keiner von uns schaut es sich an, außer natürlich du möchtest es." sagt sie und hält mir ihr Handy hin.

Ich könnte nun innerhalb von wenigen Minuten wissen, was meine Mutter hat und entweder wieder ruhig schlafen oder mit der Trauerarbeit anfangen, mit der, meiner Meinung nach, mein Dad schon beschäftigt ist, aber ich lehne es ab.

Erstmal.

Langsam schiebe ich ihr Handy weg von mir und schüttel den Kopf.

"Nicht jetzt. Ich möchte einfach nur noch nach Hause." sage ich und stehe auf.

Meine Haare verdecken mein Gesicht und auch, dass ich wieder den Tränen nahe bin. 

Mary und Harry sind da, aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass ich alleine bin und das sie nicht das sind, was ich gerade brauche. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich aber auch gar nicht, was ich gerade brauche, um nicht mehr wie ein Häufchen Elend zu wirken.

Ob es Klarheit ist oder vielleicht einfach ihn?

Die Beiden stehen ebenfalls auf und so machen uns schweigend auf den Nachhauseweg. Dieses Mal sitze ich ruhig im Taxi und beobachte, wie die Lichter der Stadt durch das nasse Fenster glitzern. Und ich bemerke, wie Mary meine Hand hält und ab und zu leicht drückt. Immer dann, wenn ich ihren Blick auf mir spüre.

Die Nervosität ist weg, aber nun ist da etwas anderes, das uns auf dem Weg begleitet. Etwas Schweres, das mir nicht viel Raum zum Atmen lässt. Und es geht nicht einmal weg, als wir Zuhause sind. Es scheint nur noch schwerer zu werden.

Harry bezahlt noch schnell, als Mary und ich schon zum Gebäude und in der Lobby auf Harry warten.

"Mary?" murmel ich, als wir aus der Lobby nach draußen zu Harry sehen.

"Was denn?" fragt sie.

"Darf ich... Ich möchte es sehen?" sage ich und weiß schon, während ich es frage, dass ich es bereuen werde.

"Wirklich?" fragt sie.

Sie zögert, als ich ihr nicht antworte, aber sie interpretiert mein Schweigen als das 'Ja', welches ich nicht rausbekomme. Langsam reicht sie es mir dann ihr Handy und lässt mich in den Bildern, die sie gemacht hat, nachsehen.

Während ich sie mir ansehe und näher heranzoome, werde von Fachbegriffen erschlagen und nur wenige bleiben hängen. 

Für mich klingt jedes Wort, dass ich nicht kenne, wie ein Todesurteil und so unrecht sollte ich gar nicht haben...

"Hier..." sage ich, als ich sehe, dass Harry wiederkommt.

Sie nimmt ihr Handy wieder und wir gehen zu dritt nach oben.

Am liebsten trage ich das Lächeln, welches du mir gibstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt