Kapitel 4: Erpressung

69 6 1
                                    

Ori

Schon vor dem Morgengrauen bin ich auf den Beinen. Wie jeden Tag absolviere ich mein Morgentraining. Zuerst galoppiere ich 5 Runden um das Lager. Wenn man bedenkt wie groß es ist, ist das eine Leistung. Nach diesen Runden geht immer die Sonne auf. Dann mache ich eine Pause und beobachte das Wunder.

Es ist so unglaublich schön, wie die Sonne den Schnee aufglitzern lässt. Es sieht so aus, als würden tausende Diamanten dort liegen. Ein magischer Anblick.

Als nächstes nehme ich meinen Bogen. Einige Ziele stehen in unterschiedlicher Weite im Kreis. Ein Ziel nach dem anderen treffe ich in der Mitte. Doch ich schieße niemals auf das selbe Ziel zweimal. Wenn ein Pfeil in der Luft ist, drehe ich mich schon zur nächsten Scheibe. Erst nachdem ich alle Pfeile verschossen habe, sehe ich nach, wie gut ich war. Fast alle Pfeile stecken im innersten Kreis. Zufrieden lasse ich alle wieder in meinen Köcher gleiten. Dann stelle ich mich zur zweiten Runde auf. Während den Schüssen höre ich zwei Stimmen.

,,Hey Süße, hast du eine Landkarte? Ich habe mich gerade in deinen bezaubernden Augen verloren."
,,Aww! Du kannst sie ja suchen, Oreius."
,,Vielleicht such ich mir was zum Essen. Du siehst gut aus. Ich glaub ich vernasche dich."

Igitt! Was ist nur in meinen Bruder gefahren? Ja, der Typ dort ist aus meiner Familie. Und er hat denselben Namen, wie unser Vater. Dabei hat er ihn überhaupt nicht verdient. Ich weiß nicht, was die Frauen so an ihm finden, dass sie auf seine Sprüche reinfallen. Vielleicht sieht er gut aus, aber sonst...?

Mein Bruder hat ein makelloses Gesicht. Seine leuchtenden blauen Augen lassen viele weibliche Zentaure die Beine weich werden. Er hat seine braune und weiche Haare kurz geschnitten. Die Frauen finden es irgendwie anziehend und sie wollen mit ihren Händen durchwuscheln. Mein Bruder ist gut durchtrainiert. Er läuft auch meistens oben frei, damit die anderen seinen Sixpack bewundern können. Das ist der einzige Grund für sein 'Training'. Er kann ja nicht einmal ein Schwert in die Hand nehmen, geschweige denn damit umgehen. Das Einzige, das ihn interessiert sind Frauen. Sein dunkelbraunes Fell ist immer glänzend gebürstet und er hasst es schmutzig zu werden.

Mir wird übel, als ich den beiden gezwungener Maßen zuschaue. Da kommt mir eine Idee. Ich grinse hämisch. Das wird lustig! Schnell nehme ich mir zwei Pfeile. Diese lege ich gleichzeitig an. Spannen. Zielen. Loslassen. In dem Moment, in dem ich die Pfeile abgeschossen habe, weiß ich, dass dieser Schuss perfekt ist.

Panisch schaut sich mein Bruder um. Die Pfeile haben die beiden Turteltauben bei einem Kuss unterbrochen. Seine kleine Freundin blickt meinen Bruder entsetzt an. Meine Pfeile haben seine Frisur riuniert. An zwei Stellen sind die Haare so kurz, dass man denken könnte er habe keine Haare. Ich kann mich fast nicht mehr zurück halten. Als mein Bruder mich geschockt anschaut, ist es vorbei mit meiner Beherrschung. Laut pruste ich los. Ich lache und lache bis mir die Tränen kommen. Am Schluss wälze ich mich am Boden.

Oreius scheint es nicht lustig zu finden. Finster blickt er mich an. Mir ist aber gerade alles egal. Ich kann einfach nicht aufhören zu lachen. Gerade habe ich mich soweit beruhigt, dass ich wieder aufstehen kann. Dann sehe ich wie die Kleine meinen Bruder auf seine Haare aufmerksam macht. Entsetzt galoppiert er zum Bach. So schnell habe ich ihn, glaube ich, noch nie gesehen. Und wieder lande ich am Boden. Kann man eigentlich von lachen sterben? Wenn ja, dann passiert das gerade. Ich lache so sehr, dass ich keine Luft mehr bekomme. Ich will mich wieder beruhigen, damit ich nicht ersticke, als mein Bruder wütend auf mich zustapft. Ich kämpfe immer noch damit Luft zu bekommen, als er vor mir steht. Langsam stehe ich auf. Laut schnappe ich nach Luft. Immer wieder entschlüpfen mir glucksende Laute. ,,Die neue Frisur steht dir, Bruderherz!", keuche ich mit Tränen in den Augen, weil ich mich so sehr bemühe nicht mehr zu lachen.

Für Immer VereintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt