Kapitel 22: Endlich Rache

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Ich galoppiere durch den Wald. Meine Hufe fliegen regelrecht über den weichen Boden. Die Bäume um mich herum sind nicht mehr kahl und mit Schnee bedeckt. Kleine grüne Blätter sprießen an den Ästen.

Doch für all das habe ich keinen Blick. Meine Augen sind auf den grauen Wolf vor mir fixiert. Er führt uns zum Adamssohn. Links und rechts von mir galoppieren andere Zentauren. Auch Geparden und andere schnelle Tiere laufen neben oder hinter mir. Wir alle folgen dem Wolf, um den vierten Menschen zu befreien. Und doch bemerke ich, wie die anderen Abstand von mir halten. Traurig richte ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Wolf zu. Die Bäume fliegen an mir vorbei. Meine Hufe berühren kaum den Boden. Meine Haare und mein Schweif fliegen im Wind.

Auf einmal kann ich den Wolf nicht mehr sehen. Wo ist er hin? Gerade war er noch vor mir. Doch ich werde nicht langsamer. Mit hoher Geschwindigkeit springe ich über einen Busch. Was ich dort sehe, lässt meinen Atem stocken. Eine Armee von Kreaturen und Bestien macht sich zum Kampf bereit. So viele hässliche Wesen auf einer Stelle habe ich noch nie gesehen. Schwarzzwerge hämmern eifrig auf Schwertern herum. Die heißen Essen glühen in der Nacht. Die letzten Schliffe werden gemacht. Ein Troll mit einem Auge auf der Stirn betätigt den großen Blasebalg, der das Feuer anfacht. Trolle, Zwerge, Hexen, Werwölfe und andere bösartige Kreaturen holen Pfeile, reichen Schilde herum und säubern Schwerter. Ein Minotaur schleift seine große Axt. All das nehme ich in Sekunden schnelle auf.

Mit einem Kriegsgeschrei stürzen wir uns auf die Kreaturen. Mein Vater Oreius attackiert den großen Troll am Blasebalg. Die Leoparden springen die Wölfe an. Bald entbrennt ein Kampf im Lager der Hexe. Ich reite durch das Lager auf der Suche nach Edmund. Immer wieder wehre ich einen Schlag ab und teile selber fleißig aus. Endlich entdecke ich den Adamssohn. Er ist an einen Baum gebunden. Ein Zwerg mit roter Mütze hockt neben ihm. Mit dem Dolch wedelt er vor dem Gesicht des Jungen. Mit zwei großen Galoppsprüngen bin ich bei ihnen. Ein kurzer Schlag mit dem Knauf meines Schwertes an den Kopf schaltet den Zwerg aus. Mit einer raschen Bewegung schneide ich die Fesseln durch. Der Adamssohn schaut mich mit dankbaren Augen an. Neben mir kommt ein Zentaur stehen. Als wöge der Junge nichts, hebe ich ihn auf den schwarzen Pferderücken. Mit einem Kopfnicken gebe ich dem Zentaur zu verstehen, den Adamssohn hier wegzubringen. Sofort galoppiert er los. Edmund blickt noch einmal zurück. Aber ich wende mich von ihm ab. Ich mag keinen Dank von ihm. Ich bin es nicht würdig von irgendjemandem Dank zu bekommen. Wieso sollte mir auch jemand danken? Ich habe meine Freundin fast umgebracht. Wie könnte ich dann von jemandem Dank erwarten?

Ein Rascheln erinnert mich an den Zwerg, der bewusstlos am Boden liegt. Gerade erwacht er. Aber lange kann er sich deswegen nicht freuen. Mit einer Hand packe ich ihn an seinem Gewand und hebe ihn in die Luft. Mit aller Kraft drücke ich ihn gegen den Stamm. Ein grausames Grinsen erscheint auf meinen Lippen. Die Augen des Zwerges weiten sich in Panik. Mit geübten Handgriffen binde ich den kleinen Wicht an den Stamm. Seine Hände lasse ich frei. Derweil noch. Dann kneble ich ihn mit einem schmutzigen Tuch. Dann weise ich den Zwerg an, seine Mütze nach oben zu halten. Ängstlich folgt er meinen Anweisungen. Ich hebe den Dolch auf, der am Boden liegt. Langsam gehe ich ein paar Schritte zurück. Geübt werfe ich den Dolch und fange ihn wieder auf. Mein grimmiges Lächeln erweitert sich, als ich den panischen Gesichtsausdruck des Zwerges sehe. Einmal wiege ich noch das Gewicht des Dolches. Blitzschnell werfe ich die kleine Klinge. Mit einem leisen Geräusch nagelt der Dolch die Mütze an den Baum. Irgendwie ironisch. Der Zwerg bedroht den Adamssohn mit seinem Dolch und jetzt hängt er mit derselben Klinge am selben Baum. Nachdem ich seine Hände gefesselt habe, drehe ich mich um und will den anderen zurück ins Lager folgen. Aber auf einmal bemerke ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung. Ich blicke in die Richtung.

Und da sehe ich ihn. Den Minotaur! Nicht irgendeinen, sondern DEN Minotaur! Und dieses Mal wirklich. Der Mörder meiner Mutter steht wohlbehalten hier neben der weißen Hexe, während Mama nicht mehr ist. Arrrgh! Wie sehr ich diese Kreatur hasse!!!

Für Immer VereintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt