Kapitel 8 (2): Kampf gegen die Zeit

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Ori

Meine Glieder sind schwer. Ich öffne die Augen. Um mich herum sind schneebedeckte Bäume. Ich liege auf einer Lichtung. Mein Blick erforscht die Umgebung. Der Boden ist mit Schnee bedeckt. Doch ist es nicht weiß. Rote Flecken beschmutzen den sonst so reinen Schnee. Was ist hier passiert? Verwirrt blicke ich umher. Dann fällt mir alles wieder ein.

Der Angriff. Meine Verwirrung. Der Minotaur. Der Wolf und der Geier. Meine verzweifelte Tat. Und dann nichts.

Sollte ich nicht tot sein? Plötzlich bewegt sich etwas hinter mir! Sind noch mehr gekommen? Schnell springe ich auf. Schmerz durchzuckt meinen ganzen Körper. Mein Bein knickt unter der plötzlichen Last wieder ein. Vor allem mein Bauch schmerzt. Er pocht und brennt. Ich kann mich fast nicht bewegen, dennoch will ich meine beiden Langschwerter ziehen. Doch sie sind nicht dort, wo sie sein sollten. In meiner Verzweiflung packe ich einen dicken Ast. Mit dieser provisorischen Waffe drehe ich mich um, damit ich meinem Angreifer begegnen kann.

Bevor dieser Reagieren kann, erwische ich ihn mit voller Wucht am Schädel. Wie ein gefällter Baum stürzt er zu Boden. Vorsichtig knie ich mich zu ihm hinunter. Nun nehme ich mir die Zeit meinen Gegner zu betrachten. Vor mir liegt jemand mit langem hellbraunem, leicht rötlichem Bart und einer Halbglatze. Er ist sehr kleinwüchsig. Wenn er steht, würde er mir knapp bis zum Widerrist reichen. Eine große Nase ragt aus dem Gesicht. Eine große Narbe quer über seine rechte Wange lässt ihn nicht ganz ungefährlich aussehen. Seine Kleidung sieht sehr abgenutzt aus. Ein brauner Ledergürtel hält eine grüne Weste zusammen. Ein kurzes Schwert ist daran angebracht. Eigentlich ist es eine Beleidigung, wenn man den Langdolch als Schwert bezeichnet, aber für seine Größe scheint es angebracht. Das Wesen vor mir ist ein Rotzwerg.

Eben jener Zwerg bewegt sich gerade. Schnell ziehe ich seinen Dolch aus der Scheide und halte ihn ihm an die Kehle. Als er aufwacht, erstarrt er mitten in seiner Bewegung. Nervös schielt er auf den Stahl an seinem Hals.

,,Wer bist du? Und was willst du?", knurre ich. Meine Augen funkeln bedrohlich. Der Zwerg vor mir schluckt und starrt weiterhin auf den Dolch. Genervt entferne ich die Klinge ein Stück. Gerade so weit, dass er reden kann.

Auffordernd blicke ich den Kleinwüchsigen an. ,,Ich bin Roggin. Ich habe dich gerettet und deine Wunden versorgt", antwortet dieser mit einer festen Stimme.

Dass muss man ihm lassen. Er verliert nicht die Nerven. Aber er soll mich gerettet haben? Pah! Das glaubt er doch selber nicht! ,,Lüg mich nicht an!", fauche ich ihm ins Gesicht.

Trotzig schiebt der Zwerg sein Kinn vor. ,,Glaub es oder glaub es halt nicht. Aber ich habe mein Leben nicht in Gefahr gebracht, um mich jetzt mit solch einer undankbaren Göre abzugeben. Ein einfaches 'Danke' hätte genügt. Vor allem weil ich dein Leben gerettet habe!", empört er sich. Vor lauter Ärger färben sich seine Wangen rot.

Nachdenklich schaue ich Roggin an. Dann huscht mein Blick zu meinem Körper. Überall sind weiße Verbände und eine Salbe ist auf die Wunden geschmiert. Dann beobachte ich wieder den Zwerg. Hat er wirklich...?

Langsam nehme ich das kleine Schwert von seinem Hals. Doch ich halte es noch griffbereit, falls er doch angreift. Jetzt wo das Adrenalin nachgelassen hat, schmerzt vor allem meine Wunde an der Seite wieder. Der Schmerz nimmt mir den Atem. Doch ich versuche mir nichts anmerken zu lassen.

Auch wenn der Kleinwüchsige gesagt hat, dass er mich gerettet hat, will ich vor ihm keine Schwäche zeigen.

Der Zwerg steht langsam auf und betrachtet mich misstrauisch. Genauso wie ich ihn nicht aus den Augen lasse. Vorsichtig geht er auf mich zu.

Mit zusammengekniffenen Augen verfolge ich jede seiner Bewegungen. Meine Hand umschließt den Dolch fester. Roggin wirft mir einen abschätzenden Blick zu.

Als ich keine Anstalten machte ihn anzugreifen, macht er einen entschlossenen Schritt nach vorne. Nun steht er so nah, dass er mich berühren kann. Er streckt seine Hand aus.

Misstrauisch schaue ich an. Der Rotzwerg berührt meine Wunde. Ich zucke zusammen. Blitzschnell stoße ich seine Hand weg und halte ihm wieder sein Schwert vor die Nase.

Entschuldigend blickt er mir in die Augen. ,,Die Wunde ist wieder aufgerissen und blutet", erklärt der Zwerg. Mein Blick huscht hinunter. Der Verband ist ganz rot und es blutet noch weiter.

Ich nicke ihm zu und kneife die Augen zusammen. Langsam lege ich das kleine Schwert neben mich. Erstaunt blickt mich Roggin an.

Doch ich knurre nur: ,,Du kennst dich offenbar mit Verletzungen aus." Immer noch ein wenig überfordert nickt er. Auffordernd schaue ich den Zwerg an. Dieser befreit sich aus seiner Starre und macht sich sofort an die Arbeit.

Leise zische ich, als er den Verband von der Wunde nimmt. Es schaut echt hässlich aus. Blut gemischt, mit irgendeiner Flüssigkeit, rinnt heraus. Ich glaube es ist Eiter. Nicht gut. Es darf sich nicht entzünden!

Mein Arzt drückt einen Stoff fest auf meine Wunde. Ich beiße mir auf die Lippen um nicht laut zu schreien. Als die Blutung gestillt ist, schmiert er eine grüne Salbe auf die Ränder. Danach befestigt er einen neuen Verband.

Dann wuselt Roggin um eine Tasche und holt etwas zu Essen heraus. Auf einmal bemerke ich, wie hungrig ich bin. Mein Magen knurrt laut.

Der Zwerg lächelt. ,,Du musst etwas essen, damit du wieder zu Kräften kommst." Gierig beiße ich in das Brot. Lecker! So schön knusprig. Nachdem ich das Brot verschlungen habe, reicht mir mein kleiner Helfer eine Wasserflasche. Wie der köstlichste Wein rinnt die kalte Flüssigkeit meinen trockenen Hals hinunter. Ich seufze. ,,Danke!"

Ich reiche ihm sein Schwert zurück. Ich weiß nun, dass er mir nichts Böses will. Der kleine Bärtige gibt mir meine beiden Langschwerter. Dankbar nicke ich ihm zu. Ich dachte schon, ich hätte sie verloren.

,,Schlaf wieder ein wenig", befiehlt mir der Rotzwerg barsch. Ich schrecke auf.

Der Auftrag! Die Adamssöhne und Evastöchter! Aslan!

Heftig schüttle ich den Kopf. ,,Ich kann nicht. Ich muss weiter!"

,,Aber du musst dich noch ausruhen. Du bist noch nicht stark genug um weiter zu reisen!", widerspricht mir Roggin.

Plötzlich kommt mir ein schrecklicher Gedanke.

Wie lange war ich bewusstlos? Sind die Menschen noch da? Was ist wenn ihnen etwas zugestoßen ist? Ich habe Aslan enttäuscht! Vater wird mich nie respektieren! Ich habe meine Aufgabe vermasselt. Eine verdammte, einfache Aufgabe!

,,Wie lange war ich bewusstlos?", frage ich den Zwerg. Dieser antwortet mir mit einer schrecklichen Nachricht:

,,Eineinhalb Tage." Mein Herz stockt. Nach einem kurzen Holpern fängt es an zu rasen. Ich habe es vermasselt. Ich habe sie sicher schon verpasst! Und wenn nicht? Ich muss sie zumindest suchen. Ich darf die Hoffnung nicht aufgeben!

Panisch springe ich auf. ,, Ich habe echt keine Zeit mehr! Aber danke für deine Hilfe, Roggin!" Noch bevor der verblüffte Zwerg irgendetwas sagen kann, bin ich schon aufgesprungen und galoppiere in den Wald hinein.

Schon nach kurzer Zeit bin ich außer Atem. Frustriert muss ich langsamer laufen. Meine Wunde pocht und schmerzt, doch ich ignoriere sie einfach. Das Einzige, das meinen Kopf beherrscht ist:

Ich muss sie finden! Ich darf nicht versagen!

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Hry Leute!
Tut mir leid für das späte Update. Hatte in letzter Zeit viel um die Ohren.

Was hält ihr vom Zwerg Roggin? Soll er noch einmal vorkommen?

Hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Schreibt in die Kommentare!

Alles Liebe
labazow

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