Kapitel 6: Entscheidungen

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Anno Domini 1890

East End, London - auf der Polizeiwache

Es dauerte nicht lange, bis sie mit einer Droschke die Polizeiwache erreichten. Doch obwohl Jonathan geplant hatte direkt zu Inspektor Lansbury zu gehen wurde daraus erst einmal nichts. Dies lag vor allem daran, dass unzählige Menschen, zumindest kam es Jonathan zu so, die Wache belagerten. Einige davon gehörten zur Bürgerwehr. Das erkannte er an den Stoffbinden, die die Männer um die Arme trugen. Jonathan seufzte leise. Dann wandte er sich an einen Mann, der neben ihm stand.

„Verzeihen Sie, aber was ist denn eigentlich hier los?", erkundigte Jonathan sich. Die Anrede Sir ließ er ganz bewusst weg, was ihm einen überraschten Blick seitens Katie und einen erstaunten des Mannes einbrachte.

„Wo hast du dich denn die letzte Zeit verkrochen, Junge?", wollte der Mann schließlich wissen. „Seit heute früh redet doch wirklich jeder hier darüber"

Für einen kurzen Moment ballte Jonathan die Hände zu Fäusten. Nichts konnte er weniger ausstehen als wenn man ihn wie ein kleines Kind behandelte oder jemand nicht direkt sagte worum es eigentlich genau ging. „Also? Was ist denn jetzt genau passiert?", fragte er noch einmal.

„Du weißt es wohl echt nicht, was?", der Mann verzog das Gesicht. „Wie es aussieht hat der Ripper erneut zugeschlagen. Es wurde jedenfalls ein sehr übel zugerichtetes Opfer in der Fournier Street aufgefunden", berichtete er. „Wie du sicher weißt befindet sich diese Straße ganz in der Nähe des Ortes wo man die erste Leiche des Rippers auffand..."

„Nicht nur die", Jonathans Stimme war ein einziges Flüstern.

„Wie bitte?"

„Nichts. Danke für Ihre Auskunft. Sie haben mir sehr weitergeholfen", sagte Jonathan abwehrend. Dann fasste er Katie die neben ihm stand unsanft am Handgelenk. „Ich schlage vor, wir verschwinden erst einmal von hier"

Katie nickte hastig und versuchte sich an einem Lächeln, welches ihr jedoch misslang. „Vorschlag angenommen"

„Das darf doch nicht wahr sein!", Inspektor Lansbury schrie beinahe. Adam dagegen lehnte sich, mit vor der Brust gekreuzten Armen, beinahe lässig gegen den Schreibtisch.

„Du glaubst doch nicht wirklich davon aus, dass er es ist, oder etwa doch?", von wem Adam sprach musste er nicht weiter erklären. Sein Freund wusste es auch so.

„Ich schätze, im Moment ist es zu früh sich festzulegen", knurrte er.

„Nervig", kommentierte Adam das gesagte knapp.

„Das ist wirklich sehr milde ausgedrückt. Aber ja so ist es. Was mich allerdings am allermeisten wundert ist, dass mein geschätzter Vorgänger bisher noch nicht hier aufgetaucht ist. Normalerweise ist er doch einer der ersten, der eine Tat des Rippers bei so etwas vermuten würde"

Adam nickte. „Da hast du allerdings recht", stimmte er zu.

„Was bringt Sie beide auf die Idee, dass ich nicht hier bin?", war mit einem Mal eine, den zwei nur zu bekannte, Stimme zu vernehmen.

Richmond Lansbury zuckte zusammen. Er musste sich nicht umdrehen um zu wissen wem diese Stimme gehörte. Auch so wusste er es ganz genau. Dennoch tat er es. Alles andere wäre auch unhöflich gewesen, schließlich war der Mann der nun ihm und Adam gegenüber stand kein anderer als sein Vorgänger Abberline. Der Mann der auch noch heute geradezu verbissen nach dem Ripper Jagd machte - wenn auch bisher ohne Erfolg. Dass er auftauchte war nur eine Frage der Zeit gewesen. Vor allen Dingen bei dem was nun geschehen war. Richmond tauschte einen schnellen Blick mit Adam, dann räusperte er sich. „Womit kann ich Ihnen behilflich sein, Sir?", erkundigte er sich so ruhig wie möglich.

Das Geheimnis der ZwölfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt