Kapitel 6

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Dracos PoV:

Ich rannte, ohne nachzudenken, durch das Schloss, sah in jeden Klassenraum, fand sie aber nirgends.
Verzweifelt versuchte ich nachzudenken, wo sie sein könnte. Und plötzlich kam mir die Idee.
Ich rannte zu dem leeren Klassenzimmer, wo ich sie am Sonntag gefunden hatte und beruhigte meine Atmung, ehe ich die Tür öffnete und hinein trat.
"Fabienne?", fragte ich, bekam aber keine Antwort.
Anscheinend war sie doch nicht hier.
So verließ ich den Raum wieder und suchte weiter nach ihr, als es plötzlich zur nächsten Stunde klingelte.
Leise fluchend rannte ich zur nächsten Stunde, in der Hoffnung, dass Fabienne auch dort sein würde.
"Wo ist Fabienne?", fragte mich Blaise.
"Ich habe sie nicht gefunden.", gab ich niedergeschlagen zurück.
Nachdenklich musterte mich mein bester Freund, ehe er sich hinsetzte und Professor McGonagall mit dem Unterricht begann.
"Kann mir einer von euch sagen, wo Ms. Jones ist?"
Alle drehten sich zu dem leeren Platz in der hintersten Reihe um, wo sie normalerweise hätte sitzen müssen.
"Es ging ihr nicht so gut und sie ist in ihren Gemeinschaftsraum gegangen. Ich soll sie bei Ihnen entschuldigen."
Mit offenen Mund starrte ich zu Granger rüber, welche sich unaufgefordert geäußert hatte.
"Gut. Dann beginnen wir mit dem Unterricht."

Den ganzen Tag über hörte ich keinem der Lehrer mehr richtig zu. Zu sehr beschäftige mich das Fehlen Fabiennes, welche auch nicht im Gemeinschaftsraum oder Mädchenschlafsaal zu finden war. Es war, als wäre sie vom Erdboden verschluckt worden.
"Draco, ist alles gut?"
Erschrocken sah ich auf. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich schon die ganze Zeit in die Flammen des Kamins gestarrt hatte und sah Pansy ins Gesicht.
"Klar, was sollte denn sein?"
"Naja... Du hast wie ein Verrückter nach Fabienne gesucht und sie nicht gefunden... Und ähm, das scheint dich ganz schön mitzunehmen. Dafür, dass du behauptet hast, dass du gar kein Interesse an ihr hast..."
Ich legte meinen Kopf schief und wartete darauf, dass sie endlich auf den Punkt kam.
"Naja... Es ist komisch. Seit sie hier ist, benehmen sich alle so anders."
"Worauf willst du hinaus? Denkst du wirklich, dass ich etwas für sie empfinde? Ich mache mir Sorgen, weil sie wegen mir so wütend geworden ist. Mehr steckt da nicht hinter. Und wenn du weiterhin so einen Scheiß von dir gibst, zweifle ich langsam an dir."
Ich sah, wie sie schwer schluckte und auch dass sich Tränen in ihren Augen bildeten. Seufzend breitete ich meine Arme aus, woraufhin sie sich sofort in diese warf. Pansy weinte plötzlich, etwas dass ich so nicht kannte. Ich hielt sie eine ganze Weile so in meinen Armen, streichelte ihr sanft den Rücken und wisperte tröstende Worte in ihr Ohr. Als ihre Tränen endlich versiegt waren, hauchte ich ihr einen Kuss auf den Scheitel und bemerkte, dass sie eingeschlafen war.
Ich wollte vorsichtig aufstehen, doch sie wachte trotzdem auf.
"Du solltest schlafen gehen.", flüsterte ich ihr zu.
Sie nickte, lächelte mich an und wollte mir einen Kuss geben, doch ich hielt ihren Mund mit meiner Hand zu, drehte meinen Kopf leicht zur Seite und sah beschämt zu Boden.
Sofort ging Pansy in den Schlafsaal und ich war wieder alleine.
Eigentlich wollte ich es; wollte, dass sie mich küsste, aber jedes Mal, wenn sie oder ein anderes Mädchen sich mir liebevoll näherte, erschien ihr Gesicht und ließ mich erstarren.

Ich hatte zwar schon etliche Mädchen aus meinem Haus im Bett, aber nie konnte ich liebevoll oder gar zärtlich mit ihnen umgehen. Es lief immer so ab wie ich es wollte:
Rabiat, hart und schnell.
Nie ging ich großartig auf die Bedürfnisse des Mädchens unter mir ein. Hauptsache ich konnte die letzten Erinnerungen verdrängen.
Ich erinnerte mich kaum an das Mädchen, dessen Gesicht ständig in meinen Träumen erschien. Das einzige, was ich wusste war, dass sie wunderschön war. Ich kannte ihren Vornamen, aber mehr wusste ich nicht wirklich.
Als ich mir mit der rechten Hand durch die Haare fuhr, erschien plötzlich Blaise in meinem Blickfeld.
"Hey Draco, alles fit?"
"Ja, ich denke schon."
Nicht wirklich von meiner Antwort überzeugt, setzte er sich neben mich und musterte mich neugierig. Ich starrte währenddessen weiterhin in die Flammen und bemerkte so nicht, dass sich jemand in den Schatten des Gemeinschaftsraumes versteckt hielt.
"Draco, du lügst."
Verwirrung spiegelte sich auf meinem Gesicht, als ich mich zu Blaise umdrehte.
"Was ist los?"
"Es geht mir schon irgendwie ziemlich an die Nerven, dass ICH Fabienne nirgends finden konnte. Und um dir gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen - nein, ich will nichts von ihr. Ich will mich nur bei ihr entschuldigen, schließlich ist sie wegen mir so wütend geworden. Außerdem... "
"Außerdem?"
Ich schüttelte nur den Kopf, stand auf und ging zu einem der Fenster.
Außerdem hänge ich noch zu sehr an ihr...
"Lass uns schlafen gehen. Sie wird morgen sicher wieder auftauchen, Draco. Und dann kannst du dich bei ihr entschuldigen."
Aufmunternd klopfte er mir auf die Schulter, ehe wir in den Jungenschlafsaal gingen und uns schlafen legten.

"I'm not living, Draco... I'm just surviving!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt