Ich besah mich ein weiteres Mal der Karte in meinen Händen. Saubere Linien ergossen sich auf dem Papier und unter jeder Insel stand der dazugehörige Name. Viele dieser Insel hatte ich noch nie gesehen, die Karte ging weit über das mir bekannte Inselreich hinaus. Auf der Rückseite stand unten links in kleinen Buchstaben 'Viggo Grimborn'. Er schien die Karte selbst gezeichnet zu haben. Ich seufzte, als ich meinen Blick hob. Die Sonne ging gerade unter und tauchte den Himmel in die unterschiedlichsten Farben. Sanft spiegelten diese sich im Meer wieder und die Gischt der See spülte einige kleine Algen an den unberührten Strand. Ich saß auf einem Stein, hatte meine Füße ins warme Wasser getaucht und einfach den Moment genossen. Ich atmete tief ein und aus und spürte wie die salzige Seeluft meine Lungen füllte. Ich dachte an nichts, mein Kopf war völlig leer. Und es fühlte sich gut an.
In den letzten zwei Tagen hatte ich viel nachgedacht. Nachdem ich Dagur den Brief gezeigt hatte, waren wir uns einig den Handel einzugehen und hatten uns sofort auf den Weg gemacht. Wir mussten weit über die Grenzen des uns bekannten Territoriums hinaus segeln, doch auf der Karte war der Treffpunkt noch weit von den Grenzen unserer Welt entfernt. Etwas völlig neues kam auf uns zu und ich war wirklich aufgeregt, doch ich musste zugeben, ich hatte ebenso Angst vor dem was kommen würde. Und so hatte ich in letzter Zeit viel über die Zukunft nachgedacht, bis mir der Kopf weh tat und saß nun hier, um diesen etwas frei zu bekommen. Es war schon fast lachhaft, wie oft ich dies versuchte hatte ohne jemals zu einem Ergebnis zu kommen und nun, wo es doch am meisten zum nachdenken gab, war ich von jeglichen Gedanken befreit.
Doch die Götter schienen mir wahrlich nicht gewogen, denn auch dieser Moment des Friedens und der Ruhe fand sein Ende, als ich jemanden näher kommen hörte. Zuerst dachte ich es wäre Dagur und hatte mich schon etwas auf die angenehme Gesellschaft gefreut, doch die Schritte waren zu leise und vorsichtig, kaum hörbar in dem weichen Sand. Ich bekam den Verdacht, dass es sich nicht um einen Freund handelte und so griff ich unauffällig nach meinem Schwert, welches an der Seite des Felsens lehnte. Die Gestalt kam immer näher und als sie nur noch wenige Schritte von mir entfernt war, drehte ich mich blitzschnell um und schlug nach dem Unbekannten. Dieser konnte gerade so ausweichen und zückte nun ebenfalls eine Waffe. Ich schlug ein weiteres Mal zu und der Gegner konnte gerade rechtzeitig parieren, sonst hätte dieser Hieb wohl seinen Schädel gespalten. Und da erkannte ich plötzlich die Waffe, die der Angreifer in Händen hielt, und war für einen kurzen Moment wie versteinert, denn auch wenn ich sie nur flüchtig gesehen hatte, so erinnerte ich mich dennoch an ihre wendigen, Unheil bringenden Klingen. Erstaunt ließ ich das Schwert sinken und auch die Berserkerin steckte ihre Doppelblattaxt weg. "Heidrun?" Ohne zu zögern nahm sie die Kapuze von ihrem Kopf und gab so ihr Gesicht preis. "Bitte, ich bin nicht hier um zu kämpfen." "Was willst du dann, Drachenreiterin?" fragte ich misstrauisch und immernoch kampfbereit. Heidrun seufzte schwer, ehe sie scheinbar ehrlich antwortete "Ich bin hier um meinem Schicksal zu folgen." Schweigend sah ich sie an und nach kurzem Zögern fuhr sie fort "Dagur hatte Recht. Er ist alles was ich von meiner Familie noch habe, ich darf das nicht auch noch verlieren..." "Du bist also hier um dich uns anzuschließen." schlussfolgerte ich und Heidrun bestätigte mit einem Nicken. Doch etwas schien immer noch nicht zu stimmen, mein Misstrauen machte sich klar bemerkbar und so fragte ich ernst "Woher sollen wir wissen, dass du uns nicht hintergehst? Du bist vermutlich nur ein weiterer Spion, der uns an Hicks ausliefern soll." Heidrun schien auf diese Frage vorbereitet zu sein, denn ohne zu zögern antwortete sie selbstbewusst "Nein. Glaub mir, ich bin kein Spion. Hicks und die anderen haben mir sehr geholfen und dafür bin ich ihnen auch dankbar, aber sie haben keine Ahnung wie es ist allein zu sein. Dagur ist meine Familie, meine Chance die Einsamkeit hinter mir zu lassen... und außerdem bist du Hicks Schwester. Du hättest nicht weniger Beweggründe Dagur zu verraten und doch tust du es nicht." Kurz überlegte ich, ihre Argumente waren gut, ich verstand ihr Bedürfnis nach Familie und ich wusste das auch Dagur sich insgeheim nach seiner leiblichen Schwester an seiner Seite sehnte. Wenn also mein Misstrauen auch nicht weniger wurde, so hatte sie doch eine Chance verdient. Davon abgesehen konnte ich Dagur auch jeder Zeit Bescheid sagen, wenn ich das Gefühl hatte das etwas nicht stimmte. Ich wog für einige Zeit die Möglichkeiten ab und musterte Heidrun eindringlich, ehe ich resigniert seufzte und mein Schwert wieder an meinem Gürtel befestigte. "Na gut. Ich bringe dich zu Dagur, aber nur damit du es weißt, ich merke es wenn du uns betrügst und die Konsequenzen werden dir nicht gefallen." Heidrun nickte wieder, doch diesmal zierte ein erleichtertes Lächeln ihr Gesicht.
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Die Erzählungen einer Drachenreiterin. [Dragons FF]
Fanfic'Es ist schwer in einer Welt in der Menschen dich vergessen und dich nur noch an deinen Taten in Erinnerung halten. Denn hast du einmal etwas schlechtes getan, werden sich nur noch die wenigsten an das Gute erinnern, das vielleicht einmal da war. Me...