Den nächsten Tag verbrachten Mama, Papa, Sofia und ich komplett bei meiner Tante. Wir bestellten das Buffet, deckten die letzten Tische mit den hundert Rollen weißer Tischdecke ein, bastelten Tischkärtchen für die Gäste und erledigten weitere diverse Sachen, die man für eine Hochzeit eben so vorbereiten muss.
"Julie?", fragte Sofia und schaute mich ganz angestrengt an. Ihre Stirn lag in Falten und sie kaute am Ende ihres roten Fineliners wie eine vielbeschäftigte Sekräterin.
"Wie wird 'Kimberly, du bist zwar nicht mein Lieblingscousine aber du musst trotzdem mit hier am Tisch essen' geschrieben?"
"Sofia!", rief ich empört, nahm ihr den Stift aus der Hand und strich die Wortansätze durch, die sie schon auf die glänzenden Kärtchen geschrieben hatte.
"Das kannst du doch nicht auf die Platzkärtchen schreiben! Meinetwegen kannst du so etwas denken aber sag es Kimberly lieber nicht."
Enttäuscht schnaubte die Kleine und schnappte sich eine neue Karte.Kimberly war die Tochter des Bruders meiner Mutter und meiner Tante. Sie war im Juni 18 geworden und war der Inbegriff einer Instagram-Tussi. Hauptsache viele Likes, dann war sie glücklich. Sie war auch so eine, die alle 14 Tage einen neuen Kerl anschleppte. Deswegen war ich ziemlich neugierig, wen sie dieses Mal herschleifen würde. Das letzte mal hatte ich sie im letzten Jahr gesehen, bei der Taufe ihres kleinen Bruders.
Dort hatte sie einen Jungen dabei, der wie eine Klette an ihr hing. Ich glaube sein Name war Alex.
Sowieso rannten ihr alle Jungs hinterher. Was definitiv nicht daran lag, dass sie einen megatollen Charakter hatte.
Viel mehr sah sie mit ihrer perfekten Figur und ihren langen blonden Haaren einfach perfekt aus und fiel somit direkt ins Beuteschema vieler pubertierender Jungs.
Sie wusste auch, wie sie ihren Körper richtig einsetzte und hatte mir bei Familienfeiern oder Geburtstagen schon des Öfteren den ein oder anderen Kerl weggeschnappt.Dennoch kam ich mit ihr aus doch anscheinend machte sie keinen sehr guten Eindruck auf Sofia, wie ich feststellte.
Ich schmunzelte und setzte in geschwungener Schrift die letzten Namen auf die Karten, faltete sie zusammen und stellte sie auf den langen Holztisch mit der weißen Tischdecke.
***
"Soll ich den grünen oder den schwarzen nehmen?", fragte Aaron und hielt zwei Kleiderbügel mit Anzugjacken in die Höhe. Wir waren in sein Zimmer gegangen, denn ich sollte ihn beraten, welcher Anzug besser zu ihm und zum Anlass passen würde.
Der Junge brauchte auch mal eine kompetente Beratung.Ich grübelte und kaute währenddessen auf meiner Unterlippe herum.
"Zieh mal die grüne Jacke über!", wies ich ihm und er warf sich in das Teil.
Ich rümpfte die Nase.
Das Grün biss sich schrecklich mit seinen blauen Augen."Okay, die also nicht", lachte Aaron und schälte sich aus dem Jackett.
Da hatte er meinen Blick also richtig gedeutet."Jetzt die andere!"
Er warf die schwarze Jacke über und ich zog eine Augenbraue hoch.
Der Stoff hatte fast die gleiche Farbe wie seine Haare, was hat nicht mal schlecht aussah. Aber irgendetwas fehlte noch..."Warte kurz!", rief ich Aaron zu und schon war ich aus dem Zimmer gestürmt.
Ich hastete die Treppe hinunter in das Zimmer meiner Tante und meines Onkels uns riss die Tür des riesengroßen Kleiderschrankes auf. Angestrengt durchforstete ich die einzelnen Schubfächer und Regalbretter in meines Onkels Hälfte des Schrankes.
Ich wühlte durch einen Berg Socken, ich wusste ja nicht, wie alles organisiert war. Das Schubfach mit der Unterwäsche schob ich gleich wieder zu. Da würde sich bestimmt nicht das befinden, was ich grade suchte.
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Serendipity - [New Hope Club FF]
FanfictionSerendipity (n.) finding something good without looking for it. Wegen der Hochzeit ihrer Tante, die fast genau 8300 Kilometer entfernt von ihrem Zuhause stattfindet, verbringt Julie mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester zwei ganze Wochen in L...