Kapitel 11

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Reece p.o.v

Völlig entspannt wachte ich an diesem Morgen aus meinem Bett auf. Ich gähnte kurz, streckte mich und legte mich dann nochmal auf die Seite. Mein Blick fiel aus dem Fenster auf den Rummelplatz, dessen Attraktionen und Fahrgeschäfte gerade abgebaut wurden. Der riesengroße gelbe Kran war grade dabei, den violetten Freefalltower auseinanferzunehmen und dessen Einzelteile auf den Anhänger eines Lastwagens zu packen.

Sofort erinnerte ich mich an den Tag zurück, als der Strom ausfiel und ich mit Julie da oben festsaß. Meinetwegen hätte der Strom ruhig noch eine Weile wegbleiben können...

Ich schüttelte meinen Kopf wild hin und her und hievte mich anschließen aus dem Bett. Ich wuschelte mir schnell durch meine Haare, die höchstwahrscheinlich aussahen, als hätte ich gerade in eine Steckdose gefasst und ging dann ins Bad.
Es würde nicht lange dauern, bis Blake und George wieder hier eintrafen, also musste ich mich ein wenig beeilen.

Heute sollte eine kleine writing session stattfinden. Ich liebte es mir mit den Jungs neue Songtexte auszudenken und dazu herumzujammen.
Wir hatten so viele Ideen, da platzte einem schon mal der Kopf, wenn man nicht gleich alles aufschrieb.

Am besten würde ich ihnen gleich erzählen, dass Julie mich auf die Hochzeit ihrer Tante eingeladen hatte, sonst vergaß ich es noch, was ziemlich peinlich werden könnte.

Als hätten sie mich gehört, schwang in dem Moment die Tür auf und die Klinke knallte mit voller Wucht gegen die Wand. Zum Glück blieb sie ganz.
Blake stürmte herein, warf seinen Gitarrenkoffer und seine Jacke auf das Bett und grinste von einem Ohr zum anderen. Hatte er irgendwas angestellt, das ich jetzt ausbügeln musste?
Oder war er einfach nur glücklich? Aber weswegen?

Ich öffnete gerade freudig den Mund, um von meiner Verabredung mit Julie zu erzählen, als es aus Blake hervorsprudelte.

"Reece!", rief der dunkelhaarige und schaute, als platzte er gleich vor Aufregung.

"Song writing Session fällt aus! New Hope Club hat morgen einen Gig!", schrie er so laut, dass ich davon ausging, die Leute nebenan würden es hören.

Schlagartig würde ich schneeweiß im Gesicht.

"Was?!", sagte ich, ein kleines bisschen betröppelt.

"Genau! Wir spielen auf einer mega Feier! Wie oberkrass ist das denn?", antwortete Blake, der mein erstauntes Gesicht komplett falsch deutete und Luftgitarre spielend durchs Zimmer tanzte.

Ein gepresstes "Super" entwich meinen zusammengepappten Lippen und ich zuckte angespannt mit den Schultern.
Blakes Augen glitzerten.
"Das wird mega! Und du wirst niemals erraten, wo der Auftritt steigt!"

Ich musste mich erstmal wieder sammeln.
"Blake!", wollte ich meinen Kumpel gerade zügeln, als er auch schon wieder aufsprang und auf die Tür zusteuerte.

"Du hast Recht! Ich muss mich beeilen und George die krasse Neuigkeit erzählen! Der wird genauso ausflippen wie du!", rief der viel zu aufgedrehte Blake und genauso schnell wie er gekommen war, war er auch schon wieder rausgestürmt.

Mein verwirrter Blick blieb noch eine Weile an der Tür hängen, bis ich hin ging um sie zu schließen.
Ich blinzelte ein bisschen benommen.
Das ging mir jetzt eindeutig viel zu schnell.
"Hättest mir ja vielleicht noch sagen können, wo der Gig stattfindet...", murmelte ich in den Raum hinein und schüttelte dabei den Kopf.
Wie hatte Blake mein Verhalten überhaupt so missinterpretieren können?

Nachdenkend trabte ich zu meinem Kleiderschrank, öffnete die Türen und strich über das Kleidungsstück, das an einem Kleiderbügel an der Innenseite der Tür hing.
Der glänzende Stoff des schwarzen Anzuges war wirklich schön und die Krawatte, die ich dazu geholt hatte, passte perfekt.
Ich friemelte an einem der Knöpfe herum und zog einen einzelnen Faden aus der Naht der Knopfleiste.

Auf meiner Lippe herumkauend nahm ich den Kleiderbügel samt Anzug aus dem Schrank und hielt an meinen Körper. Ich ging ein paar Schritte nach links, sodass ich mich in dem großen Wandspiegel betrachten konnte.
Obwohl ich im Sommer sowieso nie wirklich braun wurde, sah ich im Gegensatz zu sonst echt blass aus. Vielleicht machte das auch nur das Schwarz des Anzuges...

Plötzlich überkam mich eine Welle der Wut und ich pfefferte den Anzug mit voller Wucht in den Kleiderschrank, sodass der Bügel an der Rückwand zerberstend zu Bruch ging.
Ich warf mich aufs Bett und vergrub mein Gesicht in den leicht schweißnassen Händen.

Ich hätte nie im Leben gedacht, dass ich mich einmal nicht auf einen Auftritt freuen würde.

Aber diesmal war es etwas anderes.

Morgen würde auch die Hochzeit von Julies Tante stattfinden.

Wieder ging ich mir mit der Hand übers Gesicht und durch die Haare. Ich kaufe weiter auf meiner Unterlippe und dachte fast schon fieberhaft über eine Lösung nach. Oder wenigstens einen Kompromiss.

Ich konnte ja schlecht bei einem Auftritt einer dreiköpfigen Band absagen, in der ich selber mitspielte.
Genauso wenig konnte ich einfach zu Julie gehen und bei ihr absagen.
Ich war auch weder in der Lage, noch in der Verfassung, ihr den wahren Grund zu erzählen, wieso ich jetzt aufeinmal doch nicht konnte.

Verzweifelt kaute ich auf meinen Nägeln herum, doch mir fiel partout nichts ein.
Seufzend schmiss ich mich rücklings auf das Doppelbett, wendete mich und vergrub meinen Kopf in Georges Star Wars Kissen, das ich ihm mal zum Geburtstag geschenkt hatte.

Ein paar Mal hintereinander haute ich meinen Kopf auf das Kissen und stöhnte.
Laut seufzend setzte ich mich wieder senkrecht im Bett auf, nur um mich gleich wieder schlapp nach hinten fallen zu lassen.

Für jemanden, der mich in dieser Situation beobachtete, ohne den Grund für mein Verhalten zu kennen, musste ich aussehen wie ein Geisteskranker, ausgebrochen aus der Klapse, der seine Emotionen null Prozent unter Kontrolle hatte.
Eben hätte ich noch vor Freude platzen können und im nächsten Moment lag ich wie ein Schluck Wasser auf dem Bett.
Hätte ich Blake und George mal eher was von der Verabredung erzählt! Aber jetzt war es auch zu spät. Ich wollte ihnen morgen auf gar keinen Fall den Spaß verderben.

In meinem Kopf spielte sich mein Terminplan für morgen ab.
Um elf Uhr würde die Trauung in der Kirche stattfinden, ab zwölf die Party.
Ich schätzte mal, die Feier, auf der wir spielen sollten, würde nicht vor fünf Uhr nachmittags beginnen, denn welche gute Feier stieg denn, bevor es überhaupt angefangen hatte, dunkel zu werden?
Das würde heißen, ich hätte noch genug Zeit mit Julie.
Wieder seufzte ich. Ich hatte auf einen schönen Tag gehofft, nur ich und Julie und ihre Familie und nicht auf einen Vormittag, an dem ich ohne eine gute Entschuldigung einfach abhauen musste.
Aber wie das Schicksal nun mal spielt, wird es nicht so kommen.

Noch ein letztes Mal seufzend richtete ich mich wieder auf.

Das hieß dann wohl, ich müsste beide Veranstaltungen unter einen Hut bekommen.

Ich würde das schön irgendwie hinbekommen. Die Zeit so hinzubiegen, dass ich abwechselnd bei Julie und bei den Jungs sein konnte, dürfte ja nicht so schwer sein.


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Habt ihr ein Lieblingscover von New Hope Club? Ich mag am Liebsten Cocoon von catfish and the bottlemen und das Shawn Mendes Mashup :)

Geht es euch eigentlich auch manchmal so, dass wenn ihr ein älteres Cover von New Hope Club anguckt und ihr gar nicht schauen müsst, an welchem Datum es hochgeladen wurde, sondern einfach Reece's Frisur anschaut und dann genau wisst, in welchem Monat bzw. Jahr es gepostet wurde? 😅

Serendipity - [New Hope Club FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt