Verzweifelt rieb ich mir mit meinem Zeigefinger über die Schläfe. Seit guten zwei Stunden saß ich jetzt schon in einem der Pavillons, die Ellenbogen auf meine Knie gestützt und ließ mich von Kimberlys wirren Geschichten, in denen es hauptsächlich um die Schwierigkeiten, die sie als beliebtestes Mädchen ihrer High School hatte ging, berieseln. Mir war die ganze Zeit zum Heulen zu Mute.
Ich konnte es einfach nicht fassen, dass Reece mich einfach hatte sitzen lassen. Vielleicht musste ich einfach akzeptieren, dass er nicht der ist, der er vorgab zu sein, sondern ein einziges großen Arschloch."Alle unverheirateten Damen mal hergehört!", hörte ich die Stimme meiner Tante, auch bekannt als meine Rettung vor Kimberlys nervigem Gelaber, über den Hof schallen
"Ich werde jetzt den Brautstrauß werfen!"Begeistert fing Kimberly an zu kreischen und stöckelte mit ihren High Heels über die Treppenstufen. Normalerweise war ich ja nicht so ein Mensch, der anderen eine Verletzung an den Hals wünschte aber ich sage es mal so: wenn Kimberly in diesem Moment stolpern und sich flach aufs Gesicht hinegen würde, wäre ich es, die am lautesten lacht.
Träge ließ ich mich in die Bank sinken und schaute zu der Traube aus Frauen unter 25, die sich vor dem Eingang des großen Saales bildete. Sogar Sofia, Amelia und Elisa standen unter ihnen, obwohl die drei ja noch weit entfernt von ihrer Hochzeit waren.
Meine Mutter belächelte das Schauspiel von der Seite und malte sich bestimmt schon die Hochzeit jeder einzelnen dastehenden Personen aus."Willst du denn gar nicht mitmachen, Julie Elisabeth Derry?", sagte eine tiefe Stimme, die sich ziemlich nah an meinem Ohr befand. Die Person beugte sich über das Geländer des Pavillons und drehte meinen Kopf in ihre Richtung. Wohl eher in seine Richtung.
"REECE JAMIE BIBBY!", schrie ich laut auf und verpasste dem blonden Jungen vor mir eine Backpfeife.
Er verlor sein Gleichgewicht und kippte kopfüber über das Geländer nach vorne hinein in den Pavillon und landete mit einem lauten Rums auf dem Boden."Wo hast du bitte gesteckt?", rief ich wieder und dachte gar nicht daran, mich zu beruhigen. Mit schmalen Lippen lächelnd haute ich mit der geballten Faust auf die Lehne der Bank. Ich reckte mein Kinn hoch und merkte regelrecht, wie mein Kopf Rot wurde.
"Es tut mir Leid Julie!", versuchte Reece sich zu entschuldigen aber es brachte nichts.
"Wo du warst will ich wissen!"
Eingeschüchtert hockte der blonde Junge auf dem Boden und zog seine Knie an. Seine grünen Augen blitzten auf und ich meinte, Traurigkeit darin zu erkennen.
Augenblicklich ließ ich meine Faust sinken und sofort traten die blauen Adern, die sich darauf hervorgehoben hatten, zurück. Eine Träne lief meine Wange herunter und ich wischte sie mir mit dem Handrücken weg.Wow. Wenn ich irgendwann mal herausfinden sollte, woher diese ständigen Stimmungsschwankungen kamen, würde ich Luftsprünge machen.
Schwanger war ich ja schonmal nicht.Mit zusammengepressten Lippen hielt ich Reece meine Hand hin, die er gleich darauf griff und ich ihn wieder vom kalten Boden hochzog. Verzweifelt legte ich meine Hände über die Augen und fing an zu weinen.
Was war ich für ein Biest?
Ich hatte es Kimberly abgekauft, dass Reece sich nicht mit mir blicken lassen wollte und das machte mich so fertig, dass ich am Liebsten auf der Stelle tot umgefallen wäre."Es tut mir Leid Reec!", setzte ich jetzt an und strich über seine warme Wange, die noch ganz rot von meinem Schlag war.
"Was tut dir denn Leid? Ich war es doch, der ohne ein Wort abgehauen ist!"
"Kannst du mir denn wenigsten verraten, wo du gewesen bist?"Reece biss sich auf die Unterlippe und kaute eine Weile darauf herum, bis er wieder mit mir redete.
"Bitte bitte nimm es mir nicht übel aber ich kann es dir nicht sagen. Noch nicht..."Noch nicht? Was sollte das denn bitte bedeuten?
Seufzend nahm ich meine Hand von Reece's Wange und sah ihm in die Augen. Ich spürte den warmen Atem des Jungen, so nah waren wir uns, was mir erst jetzt schlagartig berwusst wurde.
Mir eine Haarsträhne, die aus meiner Flechtfrisur gefallen war hinters Ohr streichend schaute mir Reece noch tiefer als ich dachte dass es möglich sei in meine Augen und ich schmolz dahin wie eins der selbstgemachten Wassereis im Sommer, die meine Mutter immer für Sofia machte.
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Serendipity - [New Hope Club FF]
FanfictionSerendipity (n.) finding something good without looking for it. Wegen der Hochzeit ihrer Tante, die fast genau 8300 Kilometer entfernt von ihrem Zuhause stattfindet, verbringt Julie mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester zwei ganze Wochen in L...