6.:...Ich pass auf dich auf...

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Irgendwie nahm alles seinen gewohnten Lauf. Nick hatte ich die ganze Zeit nicht mehr gesehen. Also, nicht gesehen ist irgendwie auch falsch, denn er erscheint immer häufiger in Gedanken. Es ist so, als würde zwischen uns eine telepathische Verbbindung bestehen. Ich sehe ihn häufiger, wenn er etwas mit seinen Brüdern macht und irgendwie wirkt er da ganz anders als mir gegenüber.

Er ist liebevoll, witzig und ein klein wenig tollpatschig und das auf eine Weise, die ich sehr süß finde. Ich denke, er weiß dass ich in seinem Kopf bin. Ich habe jedenfalls das Gefühl, dass er das weiß, dass er mich mit Absicht reinlassen würde. Mir stellt sich immer wieder die Frage, ob er auch in meinem Kopf ist und was er dort sieht. Ich will nicht, dass jemand in meinem Kopf herumspukt. Andererseits würde ich es schön finden wenn er auch sehen würde, dass ich in Wirklichkeit anders bin als bei unseren Begegnungen.

Es ist ein bisschen so wie ein Anruf den man bekommt. Man kann annehmen und ablehnen, man kann einen Videoanruf machen oder aber nur einen Sprachanruf. Doch bisher klappt alles so unterbewusst und ungesteuert. Ich denke über ihn nach, denke daran, was er eventuell grade so macht und plötzlich sehe ich einzelne Bilder, und Wortfetzen. So, als würde die Verbindung noch nicht funktionieren. Aber irgendwie habe ich auch Angst, es weiter auszuprobieren oder mit ihm zu reden. Was soll ich denn zu einem Kerl sagen, den ich vor ein paar Tagen noch töten wollte? 'Tut mir leid, für gewöhnlich bin ich nicht so ein Miststück? Klingt super...

Brian, Clark, Mila, ihr kleiner Bruder Clyde und ich sitzen in Milas Zimmer auf dem Boden und versuchen das Rätsel um Nick und mich zu lösen. „Also eins steht ja mal fest. Wenn ihr zwei nicht zusammenkommt, dann weiß ich auch nicht.", meint meine kleine Schwester irgendwann, wo Mila nur lachend zustimmt. Ich verdrehe nur die Augen und merke, dass es Brian sichtlich unangenehm ist. „Darum geht es grade gar nicht. Mit etwas Pech sitze ich in kürzester Zeit im Knast, weil ich ihn tatsächlich noch umgebracht habe. Ich will wissen was dahinter steckt. Es ist unfassbar unheimlich, wenn man keine Kontrolle mehr über sich hat. Ich will doch niemanden verletzen!", noch während ich es ausspreche fällt mir auf, dass mich das tatsächlich mehr belastet, als die Tatsache, dass ich eine telepathische Verbindung mit einem Fremden habe. Mir schießen automatisch die Tränen in die Augen, doch ich senke sofort meinen Blick, in der Hoffnung, dass es keiner merkt, doch zu spät, ich bemerke sofort Brians mitleidigen Blick und Milas tröstende Hand auf meiner Schulter. Ich schüttle sie nervös ab, ich will kein Mitleid, ich bin höchst wahrscheinlich eine Zukünftige Mörderin. „Und wenn wir mal mit Nick reden? Vielleicht weiß er ja, was das Alles zu bedeuten hat. Es muss ja einen Grund haben, dass sie ausgerechnet jetzt in unserer Stadt auftauchen.", fragt Clyde ganz sachlich. Alle schauen mich an. „Ich werde sicherlich nicht mit ihm reden! Ich will nicht, dass noch ein Ùnfall'passiert." Die anderen nicken Verständnisvoll. „Was ist denn mit eurer Verbindung? Kannst du das drüber in Erfahrung bringen?", fragt nun meine Schwester. Ich schüttle nur den Kopf. „Nein, das kann ich nicht kontrollieren. Ich weiß ja auch gar nicht ob davon irgendwas real ist." Ich habe sofort ein schlechtes Gewissen, weil ich gelogen habe und merke auch, dass ich rot werde, doch die meisten denken anscheinend dass ich nur rot werde, weil mir unangenehm ist, dass ich Phantasien von einem Kerl habe. Sollen sie. Aber Mila kennt mich besser und wirft mir einen langen Blick zu, sie sagt jedoch nichts. „Gut, ich rede mal mit Jahre. Der ist super cool und wir wollen uns die Tage mal treffen. Vielleicht weiß er ja was." Mit den Worten steht Clyde auf und verlässt den Raum. Das ist das allgemeine Aufbruch Signal und auch Clark und Brian verabschieden sich. Ich wollte heute bei Mila übernachten.

Als die anderen gegangen sind habe ich die ganze Zeit die Sorge, dass Mila weiter nachhakt, doch sie beobachtet mich bei unserem Film nur nachdenklich, sagt jedoch kein Wort. Ich bekomme selber nichts von dem Film mit, ich bin viel zu sehr in Gedanken vertieft.

Ich wache schweißgebadet auf. Ich hatte mal wieder einen Albtraum, ich kann mich aber nicht mehr daran erinnern. Nur das Gefühl bleibt bestehen. Nackte Angst. Eine Gänsehaut wandert meinen Körper hoch und ich krieche tiefer unter die Decke. Mila neben mir schläft noch tief. Was hatte mich geweckt? Becca? Ich höre nur seine Stimme und sofort geht es mir besser. Nick ist in meinem Kopf. Hast du mich geweckt? Es ist das erste Mal, dass wir uns unterhalten. Ja. Ich denke, dass dien Unterbewusstsein die Verbindung aufgebaut hat. Ich war jedenfalls noch wach und habe deine Panik gefühlt. Ich bin kurz still. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Eigentlich sollte mir das Ganze doch super unangenehm sein, oder? Ich bin aber einfach nur zufrieden und fühle mich immer wohler. Alles okay, Becca? Es tut mir leid, ich wollte nicht so in deine Privatsphäre eindringen, du wolltest das ja bisher auch nicht. Es war wirklich keine Absicht.

Alles gut, ich bin ehrlich gesagt froh, dass du mich geweckt hast. Ich spüre Nicks Erleichterung. Okay, dann würde ich sagen, lass ich dich mal weiterschlafen. Die Verbindung bricht ab. Es ist so, als würde der Empfang bei einem Anruf weggehen. Ich fühle mich sofort wieder unwohl. Nick, warte bitte! Meinst du,... also,.. könntest du noch was bei mir bleiben? Du weißt schon... Es ist, als könnte ich sein Grinsen vor mir sehen. Aber er wirkt nicht gehässig, sondern... Glücklich?

Aber natürlich, Prinzessin. Du kannst schlafen, ich pass auch dich auf. Und mit einem Lächeln auf den Lippen schlafe ich ein.

Hass auf den ersten Blick?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt