,,Na komm schon Tonchen, beeil' dich mal!", Erica Eberherr war der Name, der molligen Dame, die gerade an dem Treppenende stand und auf ihren Sohn wartete. Und da war er auch schon. Ver-wuschelte Haare wie immer und die hölzerne Maske umgebunden.
,,Bin ja schon da.", grinsend kam er die Treppe runter, setzte sich auf die letzte Stufe und streichelte die rot getigerte Katze, die auf ihn zu kam. Leise fing sie an zu schnurren, als er mit seinen Fingern ihr Ohr kraulte. ,,Mach doch nicht immer so einen Stress. Der Meister wird warten können."
,,Ach Toni.", seine Mutter schüttelte grinsend den Kopf und schwang dadurch ihre kurzen, braunen Locken hin und her. ,,Jetzt beeilst du dich aber, bestimmt wartet er schon. Er sagte, du sollst pünktlich sein. Hast du verstanden?", er nickte, umarmte kurz seine Mutter, strich der Katze ein letztes Mal sanft über's Fell und ver-abschiedete sich schnell, sonst hätte sie noch weiter davon ge-redet, dass er mehr an seiner Pünktlichkeit arbeiten sollte. Soetwas tat sie gerne. Zwar war seine Mutter eine eher gemütliche und immer lächelnde Frau, die gerne in der Küche stand und Kuchen backte, aber trotzdem war sie streng und tadelte gerne. Da er ihr einziger Sohn war und ihr Mann verstorben war, wollte sie we-nigstens an ihm Dinge ändern dürfen. So war sie nun mal.
Toni ging gerade über die schmalen Straßen, vorbei an ein paar kleinen Häusern und Leuten, darunter auch nette Nachbarn, die ihn winkend grüßten. Einige Vögel saßen zwitschernd auf Haus-dächern, dabei ginste er ihnen zu. Am nächsten Zaun hielt er inne, öffnete das kleine, morsche Tor und trat auf das Haus zu. Er musste nicht klopfen, also öffnete er die Tür und lief schnur stracks auf die Wohnzimmertür zu, die offen stand. Ihm kam ein scharfer Rauch entgegen. Ein lautes Puff und schon stand er ganz und gar im Rauch und Dampf. Was ist denn hier passiert? Neben seinem lauten Husten, hörte man plötzlich ein tiefes Kichern, das vom Meister stammen musste. ,,Großvater?", er wedelte mit seiner Hand vor dem Gesicht herum und versuchte durch den Nebel zu sehen. ,,Ach, du bist es.", wieder ein Lachen. ,,Komm doch her."
Er schritt langsam und unsicher weiter, da er einfach nichts sehen konnte. Die Umrisse der Regal, die rechts an der Wand standen, konnte er ausmachen, und auch den großen Tisch er-kannte er, von Opa aber keine Spur. ,,Hier bin ich Toni.", jetzt sah er ihn endlich. Eingesackt saß er in dem großen Sessel und hielt ein Reagenzglas in der Hand. ,,Ist was schief gelaufen?", jetzt fand auch er seine Stimme und sein Lachen wieder. Es sah wirklich komisch aus, wie Großvater dort saß. Ein zersprungenes Reagenzglas in der rechten und ein Streichholz in der linken Hand. Die buschigen Augenbrauen überdeckten seine Augen und das Ziegenbärtchen wackelte beim Lachen über sich selbst. ,,Ich habe schon auf dich gewartet."
,,Achso und da wurde dir langweilig und du dachtest dir, ich experimentier' mal wieder einbisschen, was?", Toni hatte kein wirklich kantiges Gesicht, eher ein herzförmiges und dazu ein breites Grinsen. Er hatte eine recht tiefe Stimme für sein Alter und diese nutzte er auch charmlos bei Mädchen aus. Frech zog er die Augenbrauen hoch und lachte seinen Meister schief an. Ihm jedoch machte diese Bemerkung nichts aus. Er kannte den Jungen mitt-lerweile schon so lange. Oft hatte er gesagt, das Sila und er wie Kinder für ihn seien.
,,Ich wollte mit dir noch reden.", jetzt wurde Großvaters Blick strenger. Er hob eine Hand und zeigte mit dieser auf den zweiten Sessel, den er hergerichtet hatte. Er setzte sich und ließ seinen Blick über das Zimmer schweifen. Er war nicht so oft im Wohnzimmer, da sie meistens zusammen an der Natur lernten und übten. Neben der Tür waren gleich zwei große Regale, die voll-gestopft waren mit verschiedenen Büchern. Viele Pflanzen standen herum und mittendrin der große Schreibtisch. Neben Antons Sessel stand noch eine große Kommode aus dunklem Holz. Die Fenster waren komischerweise nicht offen, sodass der Raum hauptsächlich mit Kerzen beleuchtet war. Das war schon immer ein Tick von ihm gewesen, zwar war er gerne in der Natur, aber er mochte auch die Dunkelheit gerne.
,,Was wolltest du bereden?", Toni drehte noch seinen Kopf hin und her, um das Zimmer zu beäugen, als Großvater anfing. ,,Hast du ihn dabei?", abrupt hielt der junge Magier inne und ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Viel ungewöhnliches war geschehen und mittlerweile empfand er wirklich Angst. Seine Hand fuhr in die Hosentasche und schon ertastete er ihn. Er nickte.
,,Gut.", Großvaters Augenbrauen schoben sich näher zu-sammen. ,,Ist irgendetwas geschehen?", wieder nickte er. ,,Was zum Beispiel?"
Erst schüttelte er den Kopf, als wolle er die Erinnerung wegschütteln, begann dann aber trotzdem zu sprechen: ,,Ich bin nur kurz aus dem Zimmer und wenn ich wieder komme liegt er wo-anders. Mal liegt er auf meinem Bett, dann darunter, als nächstes im Schrank. Der Rekord lag bei der Küche. Mutter hatte sich sehr gewundert, seit wann ich Steine sammle.", frustriert lachte er. Er redete zum Boden, was seine Erzählung ängstlich und scheu wirken ließen. Wie ein Therapeut saß Großvater vor ihm und nickte immer wieder wissend. ,,Letztens als ich ins Zimmer kam, flog er mir so-zusagen entgegen. Ich meine, ich trat ins Zimmer und als wäre ich nicht erwünscht, flog auf einmal der Stein gegen meinen Kopf.", mittlerweile sah er auf und hatte leicht panisch die Augen auf-gerissen. ,,Gut. Das dachte ich mir schon. Ich hätte aber nicht gedacht, das deiner so aggressiv wäre. Sila ihrer war sehr viel netter, er spielte sogar Verstecken mit ihr.", ein Lächeln huschte über sein Gesicht. ,,Wie bitte? Was meinst du mit ,,er war" nett zu ihr"?"
,, Ich habe Sila bereits losgeschickt. Sie wird wahrscheinlich gleich keinen so lebhaften Stein mehr besitzen.", eine fragende Miene setzte sich auf das Gesicht des jungen Magieres. ,,Ist schon gut. Du musst das nicht verstehen, zumindest nicht jetzt. Komm mal her.", durch ein leises Schnippen entrollte sich eine Karte, die vor Großvater auf dem Schreibtisch lag. Schon stand Toni gebeugt über ihr und versuchte sie zu entziffern. Die runzeligen Finger vom Meister fuhren einen Weg nach und währenddessen nuschelte er: ,,Du wirst jetzt mit dem Stein dort hingehen. Sobald du fertig bist, kommst du wieder."
,,Ich glaube, ich habe etwas nicht verstanden: Wann soll ich denn zurück kommen? Wenn der Weg zu Ende ist?" Ein raues Kichern ertönte: ,,Nein, nein, du wirst es schon merken. Und jetzt geh. Viel Glück, ja?", bevor er ging, drehte er sich noch einmal miss-trauisch um. ,,Ach, mach dir keine Sorgen.", sein Grinsen wurde breiter. ,,Wir sehen uns später wieder, du wirst es schon überleben. Denke ich.", er lachte laut auf und der Junge erwiderte es mit einem stirnrunzelnden Blick. Er drehte sich verunsichert weg und ging los mit dem Weg im Kopf und dem Etwas in der Hand.
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Sila's Zauberstein
FantasySila ist eine Magierin, die ihre Prüfung abschließen will. Doch inwiefern soll ihr dabei ein Stein helfen? Und warum verhält sich ihre Großvater so seltsam? Noch dazu spielen ihre Gefühle Toni gegenüber verrückt.. fühlt er denn genauso?