Nicht zurück

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Er wusste, er würde es nicht überleben, er wollte es auch gar nicht, er wollte das alles nicht mehr erleiden müssen, Nicht noch einen Sommer, nicht noch einmal mehr als zwei Monate Folter, nicht noch mal all das. Egal, aus welchem scheinheiligen Grund. Niemand konnte ihm erzählen, dass er da sicher war. Sicher vor was oder wem? 

Voldemort?

Der Mann machte ihm schon lange keine Angst mehr, der wollte ihn im Grunde nur tot sehen, auf eine möglichst effektive Weise. Vielleicht ein Schuss mit einer Knarre, ein sauberes köpfen oder sonst etwas das sich nicht rückgängig machen lassen würde, etwas, das im Gegensatz zum Avada nicht erneut scheitern konnte. 

Und ganz ehrlich – war es nicht dieser alte Schleimer selbst, der allen Ernstes den Nerv besessen hatte, ihm vor Cedrics Leiche zu sagen, dass der Tod nur ein weiteres Abenteuer war, das es zu bestehen galt? Gott, er hatte in seinem bisherigen, beschissenen Leben schon mehr als genug durchgemacht, die Welt konnte nicht so ungerecht sein, ihm auch noch im Tod etwas Wärme und Sicherheit vorzuenthalten. Er wollte nur zu Leuten, die ihn mochten! Endlich in Sicherheit!

Denn die würde er bei den Lebenden nicht finden, das war ihm klar geworden, als Ced gefallen war. In diesem einen Moment.

Es hatte den Tod von einem seiner wenigen Freunde gebraucht, um wieder sehen, erkennen zu können, was falsch lief, was nicht stimmte. Etwas stank, so sehr, dass es wehtat, doch er hatte vier lange Jahre lang beschlossen, es zu ignorieren, in der irrigen Hoffnung, endlich einen Ort gefunden zu haben, wo er Anerkennung fand. Er, gerade er! Ja doch, sicher! Er, der Freak, der Idiot, wegen dem so viele Leute starben und wieder sterben würden, nun, wo der andere Irre auch noch wieder einen Körper hatte! Er, der von Beginn an wieder der Idiot gewesen war, der auf die ersten Trottel rein gefallen war, die einige nette Worte an ihn gerichtet hatten!

Stumm starrte Harry in die Nacht. Sie war nicht klar oder hell, sie war stockdunkel. Und er saß vollkommen allein hier, am glaslosen Fenster der Astronomieturms, die Beine in Richtung Boden und damit meinte er nicht den im Zimmer. Ein ungelegener Windstoß und die Sache wäre vielleicht endlich erledigt. Alles war besser, als zurückzugehen. Nicht wieder zu seinem Onkel und seiner Tante! Er wäre wieder ein Haussklave, der aufräumen, putzen, kochen und polieren musste, dafür angeschrien wurde und kein Essen bekam. Ja, er hatte heimlich Dinge von der Tafel mitgenommen, doch die hatte Dumbledore ihm weggenommen mit dem Kommentar, dass Niemand ihn hungern lassen würde! Dass er übertreibe und die Nettigkeit und Freundlichkeit seiner Verwandten schlecht rede, dass es so schlimm gar nicht sein könne, er solle sich nicht so anstellen, er habe Schlimmeres überlebt! Das Gespräch heut, nein, seit acht Minuten gestern Nachmittag, hatte ihm die Augen endgültig geöffnet. All die Dinge hatten einen Sinn ergeben.

Sein erster Brief von Hogwarts, adressiert an den Schrank unter der Treppe, die nachfolgenden, adressiert an Dudleys zweites Zimmer mit den vielen Schlössern. Jemand musste gewusst haben, wie es ihm ging, jedes Jahr im September war er mit Schmerzen und dürr zurück in die Schule gekommen, hatte sich sagen lassen müssen, er solle sich nicht so anstellen! Dieses Jahr, als Ron ihn angeschrien hatte, weil er an dem verdammten Turnier hatte teilnehmen müssen, gegen seinen Willen. Dessen dauernde Eifersucht, Hermines Getue um ihre Intelligenz. Dabei schien sie die Hälfte von dem, was sie las, gar nicht zu verstehen. 

Vielleicht…

Vielleicht hätte Alles anders sein können, wäre er damals nur nach Slytherin gegangen, wie der Hut es gewollt hatte. Hätte er Dracos Freundschaft angenommen, dann hätte Snape ihn auch gar nicht so hassen können, da er zu dessen Haus gehört hätte! Vielleicht hätte der Tränkemeister sich dann auch die Mühe gemacht, ihn kennen zu lernen, statt in ihm wohl nur den verhassten Vater zu sehen, den er selbst doch nicht mal kannte!

sowas wie liebe Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt