17 - Von Verantwortungslosigkeit und idiotischen Typen

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Kapitel 17

Wie kann der bitte so ne Hohlbirne sein? Oh, ne ehrlich! Er hat doch einen guten Ruf zu verlieren und muss sich doch nicht auf so billige Discoschlampen einlassen?! Ich denke, ich sollte ihm aus der Situation heraushelfen, damit nicht schlimmeres passiert! Ich hab ihm doch ganz genau angesehen, wie betrunken er war! Schnell wasche ich noch meine Hände und trete wieder aus der Toilette und steuere zielstrebig die Beiden an.

„DU! Mitkommen!", zische ich nur und packe ihn an der Schulter. Das blonde Püppchen ist vollkommen perplex, aber auch zu betrunken, um vernünftig zu reagieren. Sie strauchelt einen Moment, weil ich ihr den Halt genommen habe und lallt:"Eyy, mach ma logggaaa! Is' ja guuuuut!" Genervt ziehe ich ihn hinter mir her und bleibe in einer ruhigen Ecke stehen.

„Sagmal, was bildest du dir eigentlich ein? Ich kenn dich jetzt schon so lange und dachte du hättest Stil! Und du lässt dich auf SOWAS ein? Hallo? Ernsthaft? Du hast einen Ruf zu verlieren! Dir gehört ein Cafe, man! Ein stadtbekanntes Cafe! Jeder kennt dich! Andre, hörst du mir zu?", maule ich ihn an.

„Meeeeensch, Amy. Wasn looooos mit diaaa? Scho ok, ich lasses ja schon.",murmelt er und hebt entschuldigend die Arme. „Isch will doch nurn bisschen Spaaß haaaaben!"

„Ja, das sehe ich! Ich ruf dir ein Taxi! Wieso bist du überhaupt hier, hat das Vintage nicht offen?", entgegne ich.

„Neee, isch hatte keene Lust und hab für heut Abend jeschlooosseen!", kommt es von ihm. Erneut packe ich ihn am Arm und zerre ihn an der tanzenden Menge vorbei, um Linn und Tam zu suchen. Als ich sie entdecke, mache ich ihnen wild gestikulierend klar, dass ich raus gehe. Beide nicken und folgen mir.

„Amy, ist das nicht Andre?", fragt Linn mich, als wir draußen stehen, und ich die Nummer von einem Taxiunternehmen am Handy suche.

„JA!", stöhne ich nur auf und halte mein Handy ans Ohr. In der Zeit, in der wir auf das Taxi warten, setzen wir uns auf eine Bank. Andres Körperspannung ist ungefähr null vorhanden und ständig fällt sein Kopf auf meine Schulter oder er kippt nach vorne. Na klasse! Man sollte doch eigentlich denken, dass erwachsene Menschen auch mal nachdenken können, aber nein, hier sitzt scheinbar ein pubertierender Teenager vor mir. Wieso hat er sich so betrunken? Das hat er noch nie gemacht, wirklich noch nie! Irgendwas muss ihn dazu getrieben haben. Hatte Andre vielleicht schon länger Kummer und ich hab es einfach nicht bemerkt? War ich viel zu sehr auf mich fixiert und habe in den vielen Stunden, die ich gearbeitet habe, nicht auf SEIN Wohlbefinden geachtet? Schlechtes Gewissen macht sich in mir breit und mir wird mulmig. Irgendwie habe ich ja anscheinend in letzter Zeit auf keinen geachtet, außer auf mich?! Klasse. War ich eine schlechte Freundin in den vergangenen Wochen?

„Leute? War ich in letzter Zeit irgendwie komisch?", frage ich meine besten Freundinnen gerade heraus.

„Nein, manchmal nur etwas planlos, aber hey, das kennen wir doch schon, oder?", antwortet Tam und Linn nickt ihr zustimmend zu. Okay, ich mache mir wirklich viele Gedanken. Ist das normal? Als das Taxi einfährt, atmen wir alle erleichtert auf. Tam und Linn helfen mir dabei, den mitterweile höchst müden Andre in das Taxi zu hieven. Eilig nenne ich dem Taxifahrer die Adresse des Vintage, weil Andre in der Wohnung darüber wohnt und drücke ihm einen Schein in die Hand. Puh, geschafft. Auf dem Weg zurück in den Club wird unsere Laune wieder immer besser und wir mischen uns freudig unter die Leute. Schon nach wenigen Minuten ist der ganze Trubel mit Andre vergessen und wir geniessen den Abend ganz nach alter Tradition. Es beruhigt mich zu wissen, dass Alec und Jay die Beiden nicht so einnehmen, dass sie sich irgendwie zurückhaltender verhalten. Nichts hat sich in der Hinsicht verändert, es ist wie früher und dieser Gedanke macht mich unheimlich froh. Grinsend blicke ich meine besten Freundinnen an und bewege mich wieder stärker zum Beat. Immerwieder lasse ich automatisch meinen Blick durch die Menge streifen und entdecke einen mir nur allzu bekannten Hinterkopf an der Bar. Mister Staatsanwalt steht dort mit einer hübschen Brünetten und unterhält sich angeregt. Die Frau ist unfassbar schön. Ihr Haare sind glatt und reichen ihr bis zur Hüfte und ihr Teint ist toll gebräunt. Sie trägt eine schwarze Bluse und dazu eine schlichte Jeans. Ihr Auftreten ist elegant. Kein Wunder, schließlich befinden wir uns hier in „dem" Club der oberen Schichten schlechthin. Wir sind ja nur dank Tams Cousin reingekommen. Immer wieder wandert sein Mund ganz nah an ihr Ohr und andersherum, damit die Unterhaltung nicht von der Musik übertönt wird. Beide lächeln einander ständig an und die Brünette ist ganz eindeutig in der Flirtoffensive. Ihr Blick ist schüchtern von unten in Joshuas Augen gerichtet. Dabei streicht sie sich mehrmals 'verlegen' die Haare hinter das Ohr. So eine Masche hat sie also drauf. Sie spielt die Schüchterne, damit der Mann Beschützerinstinkte entwickelt und die Schüchternheit und 'Erfahrungslosigkeit' attraktiv findet. Und Joshua? Joshua zeigt auf den ersten Blick keine wirklich offensiven Gesten. Zwar stimmt er ihr mit einem Nicken zu oder lächelt sie breit an, aber nahen Körperkontakt sucht er nicht. Wieso beobachte ich die Beiden eigentlich so ausgiebig? Es sollte mich doch eigentlich nicht interessieren!

Dich wollte ich auch damals schon. PAUSIERT / VORERST FERTIGGESTELLT Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt