Kein Weg führt aus der Dunkelheit

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Die Ärzte sagten mir einst es wäre ein Umstellung für mich. Sagten, mein Leben würde ich von nun an vollkommen ändern. Sie sagten mir es hätte Komplikationen gegeben. Der Tumor drücke zu weit auf den Sehnerv. Quasi irreparabel. Sie sagten mir ich würde für den Rest meines Lebens blind bleiben. Blind für die schönen Dinge des Lebens. Ich würde nie wieder den Sonnenaufgang sehen können. Das Erwachen der Welt. Dunkelheit umfing mich von allen Seiten und schlang sich um meinen Körper. Nur die Erinnerungen waren mir geblieben. Die Erinnerung an die warme goldgelbe Sonne, die Erinnerung an meine eigene Augenfarbe. Ich würde nie wieder das stechende helle Grün sehen können das ich so mochte. Meine Augen waren das Einzige an mir das ich wirklich gerne mochte. Meine langweiligen braunen Haare konnte ich nie ausstehen. Ich sah einfach viel zu normal und unauffällig aus. Doch das wollte ich nie. Ich wollte immer durch eine Besonderheit herausstechen. Doch so besonders ausgeprägt hätte sie nun wirklich nicht sein müssen. Mittlerweile hatte ich mich damit abgefunden nicht mehr die Farben der Welt erblicken zu können. Ich lernte mit meiner Behinderung umzugehen und bekam Sam ohne den ich mittlerweile nicht mehr leben könnte. Er ist einfach ein Teil von mir. Er ist meine Augen. Wenn auch Hundeaugen aber er war meine Augen. Ohne ihn hätte ich vermutlich auch nie John kennengelernt. Ich weis noch wie ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Ich war mit Sam unterwegs als plötzlich jemand in uns reingelaufen war. "Mach deine Augen auf und pass mal auf wo du hinrennst" und das obwohl definitiv er in mich gelaufen war. "Tja du Blödmann. Meine Augen sind offen. Aber deine anscheinend nicht sonst wärst du nicht in mich und meinen Hund gelaufen und hättest bemerkt das ich dich nicht sehe" "Oh entschuldige. Es tut mir ehrlich leid. Ich hoffe ich hab dir nicht wehgetan. Mein Name ist übrigens John" "Schon besser. Du hast mich nicht verletzt. Ich heiße Joleen" "Und du bist wirklich blind?" "Ja. Seid ich 14 bin" "Ein Jammer. Bei diesen wunderschönen stechenden grünen Augen.  Ich habe braune" "Darf ich dich anschauen?" "Wie soll das gehen?" "Hier, halt mal". Ich drückte John Sams Leine entgegen und wartete darauf das er sie nahm. Ich spürte wie er zögerlich seine Hand nach dem braunen Leder ausstreckte und sie schließlich ergriff. Ich streckte vorsichtig meine Hände aus bis ich Haut spürte. Sie war weich und gepflegt. Ich ließ meine Finger über sein ganzes Gesicht wandern und erkundete jeden Millimeter seiner Haut. "Vor vier Tagen hast du dich das letzte Mal rasiert. Ich tippe auf das Rasierwasser von Hugo Boss. Dein Parfum ist ebenfalls von Hugo Boss. Nur deine Tagescreme stammt von Nivea" "Und das kannst du alles erraten?" "Ich erkenne die Gerüche" "Wow". Von dem Tag an verbrachten wir jede freie Minute miteinander. John nahm mich so wie ich war. Auch wenn ich ihn niemals sehen werde weis ich, dass er wunderschön ist. Und zwar von innen. Es führt zwar kein Weg aus der Dunkelheit, doch manche Menschen machen sie ein Stück heller.

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