Kapitel 26

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Die Autofahrt verlief Stumm weiter. Als wäre mein Kommentar zum Gerücht der Auslöser dafür. Mehr musste er sowieso nicht wissen. Dass seine Mutter schon viel über mich weiß, kommt mir etwas komisch vor. Aber ob sie mich wirklich kennt ist eine andere Sache. Allgemein hasse ich es, wenn Leute über andere so überzeugend reden, als würden sie die Person kennen. Ein Beispiel dazu war meine Schwester. Viele redeten über sie, selbst ihre Familie, dass sie wohl Faul wäre oder viel zu respektlos war und viel zu Aggressiv sei. Ich nahm sie natürlich in den Schutz und sagte jedes Mal den gleichen Satz. Niemand kannte sie. Niemand hat wirklich erlebt, wie sie sich mal wirklich ausgeweint hatte. Niemand wusste, vor was sie sich fürchtete. Niemand wusste, warum sie sich gerne in ihrem Zimmer versteckt hatte, anstatt mit Freunden draußen zu sein. Niemand wusste, warum sie wirklich so drauf war, wie sie es immer tat. All dass wusste niemand, außer ich. Und dann kamen alle damit an, wie sie eben ist. Wenn ihr sie nicht kennt, warum redet ihr über sie? Wenn ihr nicht wisst, was sie erlebt hat, warum erzählt ihr lügen? Die Zeit, als es ihr so scheisse ging, war sie noch 15. Sie hatte auch nicht gerade ein leichtes Leben. Sie weinte sich immer bei mir aus und fragte mich wieder auf neue ob ich sowas nicht erlebt hatte. Auch wenn ihre schlechten Erlebnisse nichts mit der Familie zutun hatten, konnte ich sie verstehen. Ihre Persönlichkeit konnte nicht wirklich jeder verstehen. Ihre angebliche Respektlosigkeit zeigt sie jedem, der sie Respektlos behandelt. Sie ist eben ein Mensch für Gerechtigkeit und dafür bin Stolz auf sie. Sie ist aber auch ein zu emotionaler Mensch. Und das ist ihr Problem. Sie kann nicht damit umgehen, wenn Menschen etwas gegen sie haben. Man könnte fast sagen, dass sie sehr gut manipulierbar war. Dadurch ist sie sogar in der 3. Klasse sitzengeblieben. Ihre Emotionale- und Offene Art mir gegenüber zeigte mir, wie wichtig ich ihr war. Sie selbst erzählte mir immer, wie schlecht ihr es ohne mich gehen würde. Mit 13 Jahren öffnete sie sich mir und erzählte mir all ihre Probleme. Ich hingegen Schloss mich komplett ein. Sie wusste leider gar nichts über mich. Aber es war besser so. Ich wollte sie nicht in Gefahr bringen, durch die Probleme mit Ali.

Hoffentlich wird er in kürzester Zeit Verhaftet. „Wir sind da.",erschreckte mich Serkan. Jetzt schon? Mir kamen es wie 5 Minuten vor. Ich erkannte meine alte Gegend. Erleichtert atmete ich aus. Er weiß von nichts. „Danke und sag Selma Abla nächstes Mal, dass ich auch mit dem Bus fahren könnte.", sagte ich. Schwer öfffnete ich die Tür und nahm mir meine Krücken zur Hand. Gerade als ich die Autotüren zuschließen wollte sprach er. „Nicht nötig, es war ja nicht ihre Idee.", sagte er grinsend und fuhr los. Leicht geschockt erhob ich meine Augenbrauen. Doch jetzt fiel mir auf, dass ich nochmal mit der Bahn nachhause fahren müsste. Auch wenn ich das Bahn fahren liebe, hab ich gerade gar keine Lust zu laufen.

Musik an und durch!

Vor der Tür angekommen klingelte ich kurz. 5 Sekunden später öffnete sie sich. „Du hast mir solche Sorgen gemacht!", begrüßte meine Mutter mich. Ich lächelte sie an und umarmte sie. Selbst wenn es ihr nicht bewusst war, löste dieser kleine Satz etwas sehr großes bei mir an. Geborgenheit. „Was ist passiert?", fragte sie mich während der Umarmung. „Erzähl ich dir im Wohnzimmer."

"Cansu senın yaptığını herkes yapmazdı. Aferin. (Cansu das was du getan hast, hätte nicht jeder getan. Gut gemacht.)", küsste sie mich. Plötzlich bekam ich eine Gänsehaut. Meine Augen füllten sich. Warum? Weil ich zum ersten Mal gelobt wurde. Ich schloss meine Augen so fest ich konnte. Bitte lass es kein Traum sein! Es hat sich so gut angefühlt! Bitte Allah ( Gott) lass dass kein Traum sein. Meine Lippen bebten und schon flossen die Tränen. Dieses Gefühl, welches sich in mir ausbreitete war unbeschreiblich. Ich umarmte sie feste. „Dankeschön", flüsterte ich brüchig.

Ist es Erleichterung? Ist es das Ende, von all dem was ich erlebt habe? Ich hoffe es. Es ist zu schön um wahr zu sein. Wenn ich all die Jahre darauf vorbereitet wurde, meine Mutter und ihre Taten zu schätzen und nicht einfach alles von ihr zu erwarten, dann ist es mir recht.

Inseparable ~ Unzertrennliche VerbindungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt