Kapitel 41

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Serkan P.o.V

Sie regte mich auf! Nur weil ich sage, dass es mich nicht interessiert was sie tun würde, heißt es nicht, dass sie sofort mit einem Jungen tanzen darf! Und warum hatte das Can erlaubt?! Kannten sie sich etwa? Kann mir doch egal sein. Im Auto war ich einfach nur leise. Ich wollte einfach nicht sprechen, denn sonst würde ich ausrasten. Sie jedoch beschäftigte sich mit ihrem Handy. Warum geht sie nicht einfach schlafen? Es ist schon spät.
Sie mag es nicht im Auto zu schlafen.
Die Frage ist, warum? Plötzlich schlossen sich ihre Augen, und ihr Handy in ihrer Hand fiel auf ihren Schoß. Sie sah unbeschreiblich schön aus. Selbst beim Schlafen, war es so. Sollte ich sie wecken? Aber sie sah wirklich erschöpft aus. So wie sie getanzt hat, kann ich mir das auch vorstellen. Heute hatte sie wirklich viel spaß. Ich weiß auch gar nicht, worauf ich sauer bin. Auf sie, weil sie nur das tut, was ich ihr gesagt habe? Auf den Jungen, der mit ihr getanzt hat? Auf Can, der das erlaubt hat?
Oder auf dich, weil du sie angelogen hast.
Ich- Was hätte ich sonst sagen sollen? Am ende hätte sie sich Hoffnungen gemacht.
Du meinst wohl dich.
Wie auch immer. Ich weiß immer noch nicht, ob ich sie aufwecken soll. Wie süß sie aussieht, wenn sie am schlafen ist. Noch besser, wenn sie in meinen Armen schläft.

Eine Stunde später stoppte ich an einer Straßenecke um mich erstmal wieder ganz wach zu kriegen. Ich trank mein Energy Drink zu ende und stieg wieder in den Wagen. Der Mond strahlte auf Cansu. Ich streichelte ihre Wange. So schön. So zerbrechlich.
Ihr Handy klingelte und ich nahm es sofort in meine Hand. Dabei stieg ich sofort aus dem Wagen. Ricardo rief sie an.
„Hallo?"
„Hallo? Wo ist Cansu?!"
Warum war er so aufgebracht?
„Im Auto. Wieso?"
Er schien besorgt zu sein, aber weshalb?
„Ihr ward auf einer Hochzeit stimmt's?"
Woher weiß er das?
„Ja. Aber was hat das damit zutun?"
„Guck Can hatte mir erzählt, das heute eine Hochzeit sein würde und ich hatte es vergessen. So viel dazu. Aber das wichtigste kommt erst jetzt."
Langsam machte ich mir auch sorgen. Worauf will er hinaus.
„Was denn?"
„Sch- Schläft Cansu?"
Wieso will er das wissen? So als wäre es verboten, dass sie einschläft.
„Ja. Sie ist vor einer Stunde eingeschlafen. Wieso fragst du?"

Er schlug auf etwas holzartiges und murmelte die ganze Zeit Schimpfwörter vor sich hin. Was ist daran so schlimm?
„Nein, nein, nein! Sie- Scheisse! Wie lange braucht ihr noch nachhause?!"
„Eine Stunde, ungefähr. Sag doch was los ist!"
„Ich weiß nicht wie ich dir das erklären soll. Schau. Du weißt bestimmt, dass ihr Vater in einem Autounfall gestorben ist. Nicht war?"
„Ja. Deswegen hatte sie auch einen kleinen Anfall, als sie einen Autounfall gesehen hatte. Ich glaube sie hatte sich daran erinnert."
„Nein. Sie hatte diesen Anfall, weil sie den Autounfall miterlebt hat."
Gänsehaut. Sie- hat was? Warum hat sie mir das nicht erzählt?
„Sie war dabei als sie ihren Vater verloren hatte. Und sie hat alles gesehen. Alles."
Meine Augen wurden glasig. Wie konnte sie das durchhalten? Cansu? Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie ich meinen Vater verlieren würde. Jetzt verlor ich meine Träne. Warum weine ich? Das passt nicht zu mir. Aber wie konnte sie das nur durchstehen. So alleine? Ich lehnte mich an das Auto, weil ich es einfach nicht wahrhaben wollte.
„Wie alt war sie?"
„Sechs."
Ein schlag, auf den anderen. Mit ihren Sechs Jahren?! Scheisse ich hatte sie wegen ihrer mangelnden Erziehung verurteilt. Ich hatte über ihren Vater gesprochen. Kein Wunder, warum sie so reagiert hat!
„Was hat das mit dem einschlafen zutun?"
„Kurz bevor es zu dem Autounfall kam, ist sie eingeschlafen. So tat sie es immer und das ist Problem. Sie liebt es im Auto einzuschlafen und kämpft mit sich selber es nicht zutun. Seitdem sie nach dem Unfall einschläft, erleidet sie sowas wie einen Anfall. Das was du mit ihr erlebt hattest, war gar nichts zu dem, was passieren wird, wenn sie aufwachen wird mit der selben angst. Deswegen fährst du so schnell wie möglich nachhause. Sei so leise wie möglich und es soll angenehm warm sein. Sie darf nicht aufwachen hast du mich verstanden! Wenn ihr angekommen seid, versuchst du sie schnell abzuschnallen und trägst sie raus. Das ist deine einzige chance, wenn du ihr das erleichtern willst. Das letzte Mal ist sie vor Jahren im Auto eingeschlafen. Deshalb bitte ich dich ganz vorsichtig zu sein."
Okay. Das werde ich schaffen! Für dich Cansu.

Am Parkplatz angekommen dankte ich Gott, dass sie noch nicht aufgewacht ist. Was sie alles durchmachen musste, machte mich fertig. Und alles ergab einen Sinn. Ich idiot!
Ganz vorsichtig, zog ich meinen Schlüssel, nachdem ich geparkt hatte, aus dem Zündschloss. Sehr vorsichtig schnallte ich mich ab und öffnete die Tür. Alles läuft gut. Es wird nichts passieren und ihr wird es gut gehen. Die Autotür schloss ich ganz langsam, sodass sie nicht wirklich ganz zu war. Doch das war mir egal. Von mir aus könnte es die ganze Nacht offen bleiben. Ich rannte auf die andere Seite und bekam langsam Panik. Nichts darf jetzt schief laufen! Vorsichtig öffnete ich die Autotür und näherte mich ihr.

Mein Herz sprang mir allmählich aus der Brust, je näher ich an sie dran kam. Sie sieht so wunderschön aus, mit so einer schrecklichen Vergangenheit. Ich schnallte sie ab und hatte jetzt ein Problem. Ihr Arm steckte zwischen dem Gurt fest. Sie wird aufstehen.
Das schaffe ich! Ich hole sie dort raus! Langsam zog ich den Gurt etwas weg, während ich ihren Arm etwas anhob. Soweit, so gut. Als ich meine Arme unter ihren Oberschenkel reinsteckte, bewegte sie sich leicht. Ich stoppte sofort. Sie murmelte etwas vor sich hin, was mich zum Schmunzeln brachte. Ich versuchte es wieder, woraufhin sie umsichere Laute von sich gab. Scheisse! Sie ist aufgewacht! Nein, verdammt! Verwirrt davon, wo sie war schaute sie wild um sich her. Mein Puls war noch nie so erhöht und meine Angst noch nie so stark. Ich war unter schock und konnte nichts tun. Als sie realisierte, wo sie war, gab sie atmend und ängstlich Laute von sich. Ich hatte sie noch nie so ängstlich erlebt. „H-H-Hilf-!", schrie sie wild um sich her. Ich schloss feste meine Augen.

Sofort griff ich sie und trug sie aus dem Auto. Sie hörte nicht auf zu schreien und ihr Brustkorb hob und senkte sich sehr oft. „Psh alles ist gut. Du bist bei mir.", versuchte ich sie zu beruhigen. „H-HILF- S-S-Serk- Ich kann n-n- nicht atme-.", hauchte sie weinend während sie ihre Augen schloss. Noch nie in meinem Leben hatte ich mit einer Person so stark mitgefühlt. Meine Augen brannten schon. Sie krallte sich fest an mich und hörte nicht auf, die unsicheren Laute von sich zu geben. Ich will nicht wissen, was passieren würde, wenn ich sie nicht rechtzeitig dort rausgeholt hätte.

Feste zog ich sie an mich, sodass sie sich noch mehr an mich krallte. „Cansu! Alles ist gut. Du bist bei mir schau mich an. Ich bin bei dir. Ich bins Serkan. Du bist nicht alleine."
Sie schüttelte weinend den Kopf und Schluchzte stark. Zusammen saßen wir auf dem Boden und sie zwischen meinen Beinen. Ihren Kopf lehnte ich an meine Brust, damit sie sich an meinen Herzschlag beruhigen konnte. Ich streichelte ihre Haare und redete auf sie ein. Dabei küsste ich sie auf ihren Ansatz. Ihr Gesicht hob ich kurz an. „Du bist nicht mehr alleine. Ich bin für dich da.", sagte ich und küsste ihre Stirn. Danach legte ich ihren Kopf wieder an meine Brust. Sie beruhigte sich und dadurch auch mich.

Wie viel Leid hat das Mädchen mit sich tragen müssen? Wie viel Leid hat sie nicht verarbeitet? Was muss ich tun, um sie davon zu befreien? Nach einer Weile schlief sie ein. So erschöpft wie sie war, kann ich mir das auch gut vorstellen. Ich hob sie unter ihren Knien und an ihrem Rücken auf unf trug sie zu meinem Nachhause. In diesem Zustand könnte sie niemals alleine schlafen und das wird sie auch nicht!

Cansu legte ich schnell auf mein Bett um mich umzuziehen. Nur mit einer Jogginghose legte ich mich zu ihr. Sollte ich ihr das Kleid ausziehen? Nein, das würde sie nicht wollen. Das würde sich nicht gehören. Außerdem würdest du dich nicht beherrschen können, du vollpfosten.
Danke für die Information! Ich deckte sie einfach zu und holte mir aus dem Zimmer meiner Mutter die Abschminktücher. Während sie schlief, entfernte ich mit Gefühl die Schminke aus dem Gesicht. Schon viel besser. Völlig verträumt vergaß ich die Zeit. Habe ich gerade wirklich 15 Minuten lang sie bewundert? Genau das hast du getan.

Ich legte mich zu ihr und spielte mit ihren Haaren. Sie waren so weich, wie Baumwolle. Ich entfernte die Haarspangen und wuschelte kurz in ihnen durch. Nicht dass sie am Morgen schmerzen hat. Sie zitterte kurz und wimmerte. Nein! Sie hat Angst! Sofort zog ich Cansu zu mir, sodass mein Arm sie ganz umhüllte. Sie drehte sich im Schlaf um was mich leicht erschreckte. Ihre Arme waren eng hingekauert und ihr Kopf an meiner Brust.

Und so schliefen wir ein. Eng aneinander, so wie es sein sollte. Und ich wusste, dass keiner von uns beiden, es bereuen würde.

Inseparable ~ Unzertrennliche VerbindungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt