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Taehyungs Sicht

Ich war geschockt...meine Vermutungen hatten sich bestätigt.
Sie hatte es bis jetzt so schwer in ihrem Leben gehabt und das tat mir alles so furchtbar leid für sie.
Ich wünschte ich könnte zu ihrem jüngerem Ich gehen und es trösten.
Für sie da sein und sagen, dass alles gut wird.

Wie oft muss sie alleine geweint haben mit dem Gedanken es würde alles niemals wieder aufhören.
Und ihr Stiefvater...der wird mich auch noch kennen lernen.
Aber ich war so froh.
Froh, dass sie jetzt bei mir war.
Froh, dass sie mir alles erzählt hat.
Und froh, dass sie nicht den selben Ausweg wie ich gesucht hat...den das hätte schlimmer enden können.

("Wenn du mir deine Geschichte erzählst, bin ich dir auch etwas schuldig...")

Ich wollte eigentlich grade anfangen zu erzählen, doch sie schnappte mir das Wort vor der Nase weg: "D- du hast dich mal geritzt?
Das tut mir so leid. Ich weiß nicht was ich sagen soll..."
Die Tränen stiegen in ihre Augen zurückt und sie starrte mich an.
Ich mied ihren Blickkontakt.

Auf einmal spürte ich ihre Hand an meinem rechten Arm.
Ich zuckte. Doch sie fuhr vorsichtig mit ihren Fingern über meine Narben drüber. Es war ungewohnt.
Bis jetzt hatte nur ich sie angefasst.
Doch ich hielt still.
Es sammelten sich Tränen in meinem Augenwinkel.

Das bemerkte sie natürlich und ich schaute weg. Doch sie faste mir mit ihren Fingern an mein Kinn und drehte meinen Kopf zu ihr auf Augenhöhe und schaute mich an.
Anna hatte etwas beruhigendes an sich. Das tat mir so gut.

Auch wenn ich jetzt wusste, dass es ihr schlecht ging, durch ihre Anwesenheit ging es mir besser.
Eine Träne löste sich aus meinem Augenwinkel und rollte über meine Wange. Doch sie stoppte sie mit ihrem Daumen und wischte sie weg.
Dann umarmte sie mich und flüsterte: "Es ist Zeit, dass du erzählst Tae."

Sie ließ mich los und setzte sich wieder mir gegenüber.
Ich sammelte mich und fing an: "Es ist nicht so, dass sich meine Eltern getrennt haben oder sowas.
Es ist was anderes.
Seit ich denken kann, sind wir alle paar Jahre umgezogen.

Mal hier in Seoul, mal da in Seoul.
Wir sind immer in der gleichen Stadt geblieben. Aber es ist...anders.
Mein Vater hatte schon immer große Anforderungen an seine Kinder."
Sie sah mich an: "Du hast Geschwister?"

Ich lächelte und entgegnete: "Ja, zwei.
Beide sind jünger als ich. Einen Bruder, eine Schwester.
Jedenfalls, hielt er es nie für nötig sich groß um uns zu kümmern.
Wir hatten zu dritt in jeder unserer Wohnungen ein Zimmer und zwei Betten. Ich musste auf dem Boden schlafen.

Es sollte mich fürs spätere Leben 'abhärten'. Man würde wenn man Erwachsen ist auch nie etwas geschenkt bekommen, sondern muss sich alles hart erarbeiten.
Und so sollte ich das auch immer machen.
Und ich musste auf die beiden Kleinen aufpassen.

Denn...als ich acht war, wurde meine Mutter von einem Wahnsinnigen der in einer Bank war niedergestochen."
Die Tränen liefen schneller und schneller meine Wangen runter.
Und Anna war unfähig etwas zu tun.
Das Mitleid war ihr ins Gesicht gedruckt.
"Mein Vater erholte sich davon nur schwer und wir Kinder auch.

Und wie sollte ein Achtjähriger seinen Geschwistern beibringen, dass die Mutter für immer fort ist?
Für mich schien das fast unmöglich.
Mein Vater gab es mir nämlich als Auftrag ihnen das zu sagen und mich fortan um sie zu kümmern.
Der Haushalt fiel auch an mich.

Er meinte, es würde mich strukturieren und mir Disziplin einfügen.
Disziplin...immer wieder war er der Meinung mir 'Disziplin' beibringen zu müssen.
Mein einziger Halt waren meine Freunde.
Die ganze Zeit über nur sie.

Und seit ich auf der Oberschule war, ging es nur um Noten. Mein Vater nutzte mich aus wo es nur ging.
Wenn ich eine 2- nach Hause brachte, war es der Gürtel.

Bei einer 3 und schlechter, war es ein Teller oder was anders was mehr Schmerzen verursachte.
Ich kam ab einer gewissen Zeit mit dem gesamten Druck nicht mehr klar und hab versucht ihn irgendwie loszuwerden.
Ich fing an extrem viel Sport zu machen.

Aber hörte damit wieder auf, weil zu Hause alles nur noch mehr den Bach runter lief.
Eines Tages, als ich im Bad stand, ich glaube ich war 14, sah ich die Rasierklingen von meinem Vater.
Ich wusste nicht wieso ich es tat, es war als, als wäre ich gesteuert worden, nahm ich mir eine von den Klingen.
An dem Tag hatte ich wieder total viel Stress mit meinem Vater gehabt, weil ich Schmutz auf meinen Schuhen hatte.
Er hatte mir fast eine Rippe gebrochen.

Ich nahm eine Klinge und zog sie einfach quer über meinen Arm.
Und es machte sich ein Gefühl der Bestätigung in mir breit.
Ich bestrafte mich selbst und spürte auch noch, dass ich am Leben war.
Ich wurde süchtig nach diesem Gefühl.
Ich tat es irgendwann täglich.
Manchmal sogar mehrmals am Tag.

Aber es ist nicht so, dass ich bei meinen Freunden Aufmerksamkeit erlangen wollte...nein so ist das nie gewesen.
Ich versteckte die Schnitte so gut es ging.

Irgendwann wurde ich aber unvorsichtig und schloss die Tür nicht ab.
Meine kleine Schwester kam ins Badezimmer und fing an zu weinen, als sie mich sah.
In Panik, holte sie meinen Bruder dazu.
Dann weinten beide.

Da beschloss ich, dass das aufhören musste.
Egal wie befreiend das Gefühl war und egal wie schön.
Wenn meine Mitmenschen drunter leiden...dann wollte ich das nicht.
Ich machte selbst einen Entzug und schaffte es fast ohne Hilfe.

Denn Jungkook war nicht dumm.
Er kam zu mir und zog ohne Vorwarnung meine Ärmel hoch.
Er war da für mich. Der Rest der Gruppe zwar auch, aber vor allem er.
Das werde ich nie vergessen.
Vor wenigen Monaten, stand plötzlich das Jugendamt vor unserer Tür.

Genau in dem Moment, als mein Vater meine Schwester schlagen wollte und ich mich dazwischen stellte.
Mein Bruder hatte die Tür geöffnet und die Dame hat sofort alles gesehen, da wir uns im Flur gestritten hatten.
Ich war schon 18 und am studieren, also für mich war es nicht schlimm...aber meine Geschwister.

Sie sind in ein Pflegefamilie gekommen und ich habe keine Ahnung wo sie sind.
Mein Vater hatte ein Verfahren am Hals.
Und ich zog in diese Wohnung ein.

Ich arbeite Donnerstags, Freitags und alle zwei Wochen am Wochenende in einer Bar in der Nähe als Barkeeper.
So kann ich mir mit dem Geld und dem BAföG das ich bekomme Studium und Wohnung leisten.

Die Stimmung zwischen meinem Vater und mir ist noch immer sehr angespannt.
Er sieht nur den Nutzen in Leuten, damit er sie ausbeuten kann und mich hat er bis auf meinen letzten Rest benutzt, damit er ein tolles Leben führen kann.
Zum Glück ist das jetzt vorbei."
Ich war fertig.

Stille....Minutenlanges Schweigen füllte den Raum.
Hier saßen zwei gebrochene Personen die versuchten einen Neuanfang zu starten.
Und meiner Meinung nach, haben wir mit diesem Gespräch einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht.....

Sooo zwei Kapitel an einem Tag.
Ich hoffe es gefällt euch und ich hab euch ein bisschen überrascht.
Hoffentlich wollt ihr jetzt noch weiter lesen xD❤

You Are My Victory™ || Tae/VWo Geschichten leben. Entdecke jetzt