Als ihr Vater durch die Hände der japanischen Mafia stirbt und erstmals die grausame Wahrheit über seine kriminellen Machenschaften ans Licht kommt, bricht für die siebziehnjährige Chandjai ihre heile Welt zusammen. Was sie noch nicht weiß ist, dass...
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{ Mika Khae }
Mika war immer davon ausgegangen, dass Zeit eine absolute Einheit war. Selbst als sie die Theorie von dem berühmten Physiker Einstein gelesen hatte - einmal, zweimal - wollte sie nicht begreifen, dass Zeit eben nicht absolut war. Zeit war eine quälende, beschissene, relative Einheit. So zum Beispiel verging die Zeit schleppend, als Thanwa Randawango in den Armen seiner ältesten Freundin starb.
Sie hatte gesehen, wie die Kugel ihn direkt auf die Brust getroffen hatte, nicht ins Herz, aber sicherlich in die Lunge, und jeder in diesem Raum hatte seinen schmerzerfüllten Schrei gehört. Selbst als das Kugelfeuer in dem Raum erloschen war, roch man noch das schwefelige Schwarzpulver. Mika schmeckte das Blut in ihrem Mund, welches sich dort angesammelt hatte, weil sie einen festen Schlag eines japanischen Kriegers abbekommen hatte und sie spürte das Blut von Thanwa an ihren Fingern, als sie die Hand auf seine Wunde presste, um die sich ein riesiger Fleck von Blut gebildet hatte. Zuletzt fühlte sie den unfassbaren Schmerz, der ihr Herz wie eine kalte Hand umgriffen hatte.
Thanwa begann zu husten, als Mika ihn endlich erreicht hatte. Sie versuchte die Blutung zu stoppen, doch sie wusste bereits, dass die japanische Mafia ihren besten Freund getötet hatte. Trotzdem blieb sie ruhig, beinahe betäubt, als sie sich neben ihm fallen ließ. Mit ihrer freien Hand langte sie nach seiner kreidebleichen, und sie bekam sie beinahe nicht zum greifen, da sie immer wieder zurück zum Boden glitt. Seine Beine waren seltsam angespannt und ihn schienen Krämpfe zu plagen. Mika blendete den Kampflärm aus, und dieser verebbte binnen weniger Sekunden sowieso. „Thanwa, hör mir zu", flüsterte sie. Seine Augenlider flatterten, er hatte nur noch wenige Sekunden - vielleicht nicht mal mehr eine Minute - bis er an seinem eigenen Blut ersticken würde. Mika könnte tun, was sie wolle, aber sie würde ihn nicht mehr retten können. „Ich bin bei dir", versprach sie Thanwa, dessen Atmung nun schneller ging, als zuvor. Mika erwartete keine großen Abschiedsworte, denn Thanwa war viel zu schwach, um jetzt noch eine Rede zu schwingen. „Ich war immer bei dir und ich werde immer bei dir sein", fügte sie hinzu, „und ich, deine Eltern, die ganze Mafia und selbst deine Feinde werden dich immer in Erinnerung behalten. Du warst einer der großartigsten Menschen, die ich kennenlernen durfte, Thanwa-oniichan." Sie benutzte bewusst den japanischen Ausdruck für „großer Bruder", denn sie wollte der Yakuza zeigen, dass sie nicht die Macht besaßen, sie und ihren ältesten Freund jemals auseinander zu bringen. Ein müdes Lächeln schlich sich über das Gesicht des älteren Kämpfers, und seine Hand drückte ihre leicht. Auch Mika begann zu lächeln, ehe sie ihm die Haare aus dem Gesicht strich. Wenn er nicht so viel Blut verloren hätte, wenn da nicht die große Wunde wäre, wenn nicht neben ihnen ein weiterer gefallener Krieger liegen würde, dann wäre die Szene beinahe friedlich gewesen.
„Mika, bitte pass auf dich auf und die anderen auf." Thanwas Stimme war so leise, dass Mika seinen Wunsch beinahe nicht verstanden hätte. Sie nickte, und nun stiegen ihr die Tränen in die Augen. „Und verschwindet hier. Lasst mich hier liegen, und schickt meinetwegen jemand anderen um mich zu holen. Aber jetzt verschwindet.", wies er sie an. Er war nie ein Mann der großen und emotionalen Worte gewesen, die Rationalität überwog ihn schon sein Leben lang. Wieder nickte Mika, er strich ihr sanft eine Träne weg, die Mika nicht bemerkt hatte und schloss seine Augen. Ein letztes rasselndes Atmen ertönte, dann begann er zu husten. Der Husten verwandelte sich zu schnell in ein Gurgeln, und langsam sickerte das Blut aus seinem Mund heraus. Es war ein unvergesslicher und schlimmer Anblick, und Mika presste sich stumm die Hand vor den Mund. Sie wand ihren Blick ab, selbst sie war nicht stark dafür.