Kapitel 3

5.6K 335 54
                                    

  Ich weiß nicht, ob Sirius das mit Absicht machte, aber er rannte wirklich schnell. Vielleicht versuchte er ja auch vor mir davonzulaufen.

  Am Anfang kam ich noch ohne Probleme mit, aber schon bald musste ich feststellen, dass ich nicht so durchtrainiert war wie er und ich langsamer wurde. Am liebsten wäre ich einfach stehen geblieben, oder hätte mich mit Jack unterhalten. Der schien wenigstens nett zu sein.

  Nur war ich noch nicht im Rudel integriert und daher konnte ich auch nicht hören, was sie über Mind-Link sprachen.

  Jack lief neben mir her und passte sich meinem Tempo an, wie auch ein paar andere aus dem kleinen Rudel.

  Inzwischen war es wirklich dunkel und ich bin mir sicher, dass wir schon über zwei Stunden liefen. Können wir nicht langsam ankommen? Leider schien es mir aber so, dass wir noch eine Weile laufen würden.

  Um ehrlich zu sein, ging mir das alles viel zu schnell. Ich hatte keine Zeit mich von allen zu verabschieden und was das Traurigste war, niemand hat mich daran gehindert zu gehen. Niemand sagte mir, dass ich bleiben sollte. Und in solchen Situationen vermisse ich meine Eltern. Vermisse ihr Wärme und vermisse ihre Worte, dass alles gut gehen wird. Auch wenn ich sie nicht oft sehen konnte und sie nur selten bei mir waren, liebte ich sie trotzdem.

  Plötzlich blieben wir stehen und sie schienen wohl wieder zu diskutieren, ohne, dass ich wusste um was es ging. Ein paar der Wölfe verließen uns und gingen voraus bis nur noch Jack, Sirius und ich am Waldrand standen.

  Jack und Sirius liefen etwas von mir weg und schienen sich wohl zurück zu verwandeln und daher tat ich es ihnen gleich. Schnell zog ich mir Unterwäsche an und warf mir ein Kleid über. Die beiden Männer kamen zurück, während sie miteinander diskutieren zu schienen.

  „Und jetzt?", hielt ich es nicht mehr aus und fragte nach. „Wir sind da", antwortete Sirius knapp und schmiedete wohl in seinem Kopf gerade Pläne, wie er mich am schnellsten wieder los bekommt.

  „Verzeih ihm, Wynola, unser Sirius ist schüchtern", zwinkerte mir Jack zu. „Ich geh dann mal zu meiner Familie. Ich geh mal davon aus, dass Sirius dir alles erklären wird. Schließlich ist das ja auch sein Job, nicht? Wenn irgendetwas ist, komm einfach bei mir vorbei und nimm das", streckte er mir einen Zettel hin, den ich verwundert annahm. Als ich darauf schaute, stellte ich fest, dass das wohl seine Handynummer war. Dann verabschiedete er sich und verschwand.

  Wie erwartet, sagte Sirius nichts, sondern schaute mich nur genervt an, als wäre ich ein Kleinkind, auf das man aufpassen musste. Ich verdrehte meine Augen und lief einfach mal in die Richtung in der Jack verschwunden ist. Den Schock von vorhin hatte ich mittlerweile überwunden. Meine Bewegung riss ihn wohl aus seiner Starre.

  „Bleib stehen!", wies er mich an, doch ich dachte gar nicht erst daran. Wenn ich immer mache, was er mir sagt, wird er sich noch daran gewöhnen mir Befehle zu erteilen und das kann er so was von vergessen.

  Ich konnte noch ein paar Schritte machen, bevor ich umgeschmissen wurde und auf dem Boden landete. Genervt schaute ich zu ihm nach oben, dessen Augen schon schwarz vor Wut waren. Er sollte mal seine Gefühle kontrollieren lernen.

  „Du machst was ich dir sage!", knurrte er mich an, während er sich in eine Hocke setzte, zog er mich an meinem rechten Arm näher an ihn heran und bohrte seine Krallen in mein Fleisch.

  „Träum weiter", knurrte ich zurück, riss mein Arm los und stand auf. Dadurch, dass er mich aber mit seinen Krallen festgehalten hatte, hinterließen diese Krallenspuren an meinem Arm, die auch höllisch weh taten, doch das zeigte ich nicht. Vor ihm werde ich bestimmt nicht einknicken. Warmes Blut floss meinen Arm herunter und färbte mein Kleid rot.

  Leider ist sein Stolz viel zu groß, als dass er sich so etwas von mir gefallen lassen würde. Das hätten ich mir auch denken können.

  Kaum war ich aufrecht auf meinen Beinen gestanden, spürte ich wieder den Boden unter meinen Füßen nicht mehr. Er krallte seine Krallen in meinen Hals und hob mich ein ganzes Stück nach oben, als wäre ich so leicht wie eine Feder und drückte zu.

  „Ich bin der Alpha des Soulfire Rudels. Du bist mir unterstellt und tust was ich dir sage. Es ist mir egal, dass du meine Mate bist, jeder der sich meinen Befehlen wiedersetzt, wird dafür bestraft. Lerne das Gesetzt unseres Rudels und mische dich nicht in meine Angelegenheiten. Lass die Finger von meinem Rudel und zeige dich nicht vor ihnen. Niemand außer meinen engen Freunden, die du vorhin gesehen hast, wissen, dass du hier bist. Und sie werden es niemanden sagen und ich möchte, dass es dabei bleibt. Zumindest so lange, wie möglich. Verstanden?", zischte er mir zu und schnürte mir mit seinen Fingern die Luft ab. Auf eine Antwort konnte er lange warten, ich konnte ja nicht mal sprechen.

  Stattdessen schaute ich in seine Augen und versuchte herauszufinden, wie er so tickt. Warum er so ist, wie er ist. Angeblich können Mate so etwas.

  Naja, ich kann es auf jeden Fall nicht.

  Für mich ist er ein wandelndes Mysterium, bei dem man kein Bock hat es zu lösen.

  Ich wünschte mir würde die Luft ausgehen. Ich hatte keine Lust auf das alles und auf seine Regeln schon gar nicht.

  Irgendwann lies er mich los und ich landete auf meinen Füßen, während ich versuchte soviel Sauerstoff einzuatmen wie irgendwie möglich.

  „Meinst du nicht, dass dein Rudel dich hasst, wenn du zu ihnen so streng bist, wie zu mir? Nur so eine Frage", fragte ich ihn verächtlich, was er wohl gar nicht erwartet hatte. Ich hatte es auch nicht von mir erwartet.  

  Seine Rede hat mich nicht wirklich beeindruckt, eigentlich hatte ich etwas Spannenderes erwartet. Das er mich hasst wusste ich schon. Meine Wunde an meinem Arm hatte sich immer noch nicht geschlossen, was wohl daran lag, dass er ein schwarzes Wolf ist, also aus einer reinen Blutlinie. Vielleicht brauchen Verletzungen durch ihn länger zum heilen. An meinem Kleid klebte ziemlich viel Blut, weshalb ich wirklich gruselig aussehen musste.

  Nur konnte ich nicht weiter darüber nachdenken, da mich ein Faustschlag K.O. schlug.

  1:0 für ihn würde ich sagen.

-

  Ich spürte, wie irgendetwas kaltes und nasses auf mich landete und schlug daher erschrocken die Augen auf. Ich lag mit Klamotten in einer Badewanne in der aber kein Wasser war. Das Wasser kam von oben aus dem Wasserschlauch, den Sirius in der Hand hielt. Als er sah, dass ich wach war, schmiss er mir den Wasserschlauch entgegen.

  „Das ist dein Zimmer. Bleib hier, bis ich wiederkomme. Ich habe jetzt noch ein Treffen mit den Ältesten", informierte er knapp, drehte sich um und lief in Richtung Tür.

  „Sirius, warte!", stoppte ich ihn, der sich umdrehte und mich emotionslos anschaute.

  Ohne zu zögern drehte ich den Wasserhahn, den er zugedreht hatte, wieder auf und richtete den Schlauch auf ihn und wenige Sekunden später war er von oben bis unten nass, weshalb ich lachte. Er sah aus wie ein übergossener Pudel.

  Nur zeigte er keine Emotionen, sondern drehte sich sofort wieder um und verlief das Zimmer.

  Aber immerhin. Ich würde sagen es steht 1:1.

  Da ich ja jetzt sowieso schon nass war, zog ich mich aus und lies Wasser in die Badewanne laufen. Meine Wunden brannten etwas durch das Wasser und dennoch konnte ich mich durch das warme Wasser endlich einmal wieder wohl fühlen.

  Wie nur kann ich dafür sorgen, dass er mich als seine Mate akzeptiert? 

  Was ist mit ihm passiert, dass er so auf mich reagiert?

Atem des HerzenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt