Kapitel 13

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  Ich las den Brief noch ein paar Mal durch und legte ihn dann wieder zurück in die Kiste. Dann nahm ich das Buch heraus und betrachtete es.

  Es war ein dunkelgraues Buch, mit einer kleinen Flamme auf dem Cover. Es sah schon ziemlich alt aus, scheint aber gut erhalten zu sein, da es in der Kiste wenig Sauerstoff ausgesetzt war. Ich öffnete es und stellte fest, dass das Buch wohl ein Tagebuch war. Ich entschuldigte mich kurz bei wem auch immer, dass ich es lesen werde und schlug anschließend die erste Seite auf.

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  Hallo Tagebuch!

  Das schreibt man doch so, oder? Ich weiß es nämlich nicht, aber meine Freunde haben immer gesagt, dass sie so anfangen. Manche haben seinem Tagebuch auch einen Namen gegeben. Bei mir bleibst du Tagebuch, okay?

  Ah, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Mary. Einfach oder? Und ich bin 8 Jahre alt. Meiner Mama sagte den Namen hat mein Bruder für mich ausgesucht. Mein Bruder ist um einiges älter als ich. Er ist schon 132 Jahre alt! Wie das geht? Naja, es gibt Werwölfe und so, aber das schreibe ich jetzt nicht. Lass uns einfach davon ausgehen, du weißt über das alles Bescheid.

  Mama hat mir einfach so dieses Tagebuch geschenkt. Sie meinte, sie hatte auch eins in meinem Alter. Es wurde extra für mich entwickelt, sagte sie. Daher ist auch meine Lieblingsflamme auf dem Cover, cool nicht? Jack und Sirius spielen draußen und lassen mich aber nicht mitspielen. Daher dachte ich mir, ich erzähle dir etwas. Mein Bruder ist blöd, blöd, blöd. Warum lassen sie mich nicht einfach mitspielen? Nur weil ich nicht alt genug bin, meinten sie.

Ich schau mal, was Mama so macht. Bis dann

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Das war der erste Eintrag. Wenn meine Detektiv-Ader mich nicht ganz täuscht, würde ich sagen, dass Mary die kleine Schwester von Sirius ist. Aber wo war sie gerade?

Ich schlug das Buch etwas weiter hinten auf und las weiter.

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  Hallöchen Tagebuch

  Mein Bruder ist der beste Bruder der Welt! Ich habe heute meinen 9ten Geburtstag, musst du wissen. Mein Bruder hat mir einen Teddybären geschenkt! Und nicht irgendeinen, sondern genau den, den ich wollte! Und zwar kann man am Rücken des Bärs einen Reisverschliss öffnen und etwas im Bären verstecken. Ich meinte zu Sirius, dass ich da mein Tagebuch verstecken wollte. Er versprach mir auch, dass er es niemals lesen würde und da vertraue ich ihn. Er hat noch nie ein Versprechen gebrochen. Den Teddybären habe ich Bernd genannt. Den Namen hasste mein Bruder am meisten.

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  Da es an der Tür klopfte, klappte ich das Buch schnell wieder zu, packte es in die Kiste und schob sie unters Bett.

  „Ja?", fragte ich und die Tür ging auf.

  „Halli hallo, Wynola. Na wie geht's?", kam Jack herein und setzte sich zu mir ins Bett.

  „Jack, sag mal, wie alt bist du?", schaute ich ihn an. „Ah, okay, die geht's wohl gut. Mir übrigens auch, danke der Nachfrage. Ich bin 335. Etwas jünger als Sirius", antwortete er und ich nickte.

  „Was gibt's?", fragte ich ihn. „Nichts, ich wollte einfach mal 'Hallo' sagen", zuckte er mit den Schultern. „Ah, okay. Kann ich was fragen?" „Das hast du gerade", witzelte Jack und ich verdrehte meine Augen. „Was machen Anna, Mareike und Melanie gerade? Was denken sie über mich? Wo denken sie, bin ich?", wollte ich wissen.

  „Die arbeiten gerade, glaube ich. Und außerdem glaube ich haben sie kapiert, dass du Sirius Mate bist. Auf jeden Fall halten sie Abstand von Sirius. Und Sirius geht auch nicht mehr zu den Dreien, falls es dich beruhigt", erzählte er. Ich nickte nur und Jack fragte noch, wie es bei meinem alten Rudel war. Dann musste er wieder gehen und ich holte die Kiste wieder unter dem Bett hervor.

  Wieder blätterte ich es weiter hinten auf. Ich wollte jetzt nicht unbedingt das ganze Tagebuch von dieser Mary lesen, aber da ich sowieso nichts zu tun hatte, störte es mich auch nicht, dass ich es laß.

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  Irgendetwas stimmt hier nicht. Man sagt mir nicht was, aber irgendetwas stimmt nicht. Die Besprechungen meiner Eltern mit anderen aus den Rudel dauern immer länger und immer wieder verschwinden ein paar aus dem Rudel. Es wurden sogar schon ein paar tot aufgefunden! Zumindest habe ich das gehört.

  Mein Bruder spielt auch immer weniger mit mir und ist ständig beschäftigt. Außerdem hat er auch aufgegeben seine Mate zu finden. Sonst war er immer mehrere Monate weg um sie auf der ganzen Welt zu suchen, aber jetzt ist er der Meinung, dass unsere Göttin ihn keine gönnt. Er meint, er hätte keine verdient. Was ich nicht verstehe. Jeder hat einen Seelenverwandten verdient, doch auf mich will er nicht hören. Jack und Sirius sind immer mehr mit Rudelangelegenheiten beschäftigt und mich versucht man bei allem raus zu halten. Das nervt. Aber ich habe etwas beschlossen.

  Ich werde niemanden vertrauen.

  Was auch immer der Grund hinter dem ganzen ist, jeder erzählt mir etwas anderes.

  Vertraue niemanden.

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  Sirius hatte mich gesucht? Die Vorstellung ist irgendwie traurig. Er konnte mich gar nicht finden, ich war ja noch nicht einmal geboren worden. Und trotzdem hat er mich gesucht. Warum hat er aufgehört? Was waren das für Probleme im Rudel?

  Wieder schlug ich das Buch zu und versteckte es, da ich bemerkte, dass ich Hunger hatte. Ich lief die Treppen nach unten und holte eine Pizza, die ich in der Gefriertruhe gefunden hatte, heraus und schob sie in den Ofen.

  Während ich wartete, dass sie fertig wurde, schaltete ich den Fernseher an und schaute irgendetwas. Irgendwann kam Sirius wieder zurück und ich fragte, ob er etwas zu essen möchte, da ich noch eine weitere Pizza in den Ofen geschoben hatte, um zwei verschiedene essen zu können.

  Unerwarteterweise sagte er 'ja' und wir liefen zusammen in die Küche. Ich holte die Pizzen aus den Ofen und setzte mich zu ihm an den Tisch. Schweigend aßen wir beide unsere Pizza, bis mir eine Frage einfiel, die ich ihn stellen wollte.

  „Sag mal, Sirius, hast du Geschwister?" Gleich nach der Frage, schaute er mich an und seine Stimmung verschlechterte sich. Antworten tat er nicht. Das ist ja zum gegen die Wand laufen mit ihm.

  „Weil ich von einer Mary gehört habe. Das ist deine kleine Schwester oder? Wo ist sie denn?", bohrte ich weiter und biss etwas von der Pizza ab, während ich zu ihm schielte.

  „Wo hast du das gehört?", knurrte er mich an und ich war froh, dass der Tisch zwischen uns beiden war. „Naja, ich habs halt einfach gehört", zuckte ich mit den Schultern. Gefährliches Gebiet also. „Und, ist sie deine Schwester?"

  Es dauerte eine Weile, bis er sich dazu entschloss mit 'Ja' zu antworten.

  „Und wo ist sie?", fragte ich weiter. Wieder musterte er mich und schien etwas zu grübeln.

  „Sie ist tot", antwortete er nach einer Weile. Dann ist das das Tagebuch einer Toten?

  „Das tut mir leid. Was ist denn passiert?" Nach dieser Frage verdunkelte sich seine Augenfarbe und er starrte mich an.

  „Sie wurde ermordet."



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