Part 6

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Schon als ich in den Flur unseres Wohnhauses trete fällt es mir auf aber als ich auf die Straße trete wird es richtig schlimm. Alles erscheint mir viel zu laut und was noch viel schlimmer ist ich habe das Gefühl als würde jeder Geruch 10-mal so stark sein wie sonst. Ich mache schon aus Prinzip einen riesen Bogen um Raucher, aber nun rieche ich sie schon aus über 30 Metern Entfernung wenn der Wind günstig steht. Lilly plappert vor sich hin und als sie anfängt zu singen raubt sie mir damit den letzten Nerv, viel zu laut und außerdem schief. Auf dem Weg zu ihrem Kindergarten kommen wir an einen Apotheke vorbei und ich kaufe mir schnell Ohrstöpsel. Lilly fragt nicht einmal nach, wir sind schon so nah an ihrem Kindergarten, dass sie die anderen Kinder sehen kann und wird sofort total zappelig. Trotz den Ohrstöpseln höre ich immer noch alles sehr gut, aber nicht mehr überdimensional laut. Ich verabschiede mich von meiner kleinen Schwester und laufe zur nächsten U-Bahn Station. Die Fahrt mit der U-Bahn kommt mir wie immer unendlich lang vor. Immer wenn wir an einer Station halten und die Tür aufgeht schaue ich mir alle Leute die den Wagon betreten genau an, in der Hoffnung diesen  Typen vom Campus wiederzusehen, doch ich kann ihn nirgends entdecken, und muss schon fast über meine Naivität lachen. Wieso sollte dieser Kerl, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, grade heute in genau diesen Wagon dieser U-Bahn einsteigen? Und selbst wenn, was würde das ändern? Ich würde doch eh nicht mit ihn sprechen. Also! Doch dann nahm ich mir etwas vor. Wenn ich ihn heute noch einmal sehen würde, würde ich ihn ansprechen. Ich freue mich unendlich darauf Lia wiederzusehen. Ich muss ihr unbedingt für alles denken! Ich steige aus, und mich rempelt ein ziemlich großer, ziemlich kräftiger Typ an. Ich drehe mich um und will ihn unfreundlich angucken, doch stadtdessen muss ich mich bemühen, dass ich nicht weglaufe. Vor mir steht der Typ vom Campus und lächelt mich mit einem unglaublich unwiderstehlichen Lächeln an, das mich fast dahin schmelzen lässt, doch irgendetwas hat dieser Blick, was mich völlig einschüchtert. „Tschuldigung. Hab dich gar nicht gesehen. So klein wie du bist.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Ist das sein ernst? Das erstbeste was er zu tun hat ist mich zu beleidigen? Ich werfe ihm einen verächtlichen Blick zu und will gehen. Doch noch bevor ich mich umdrehen kann schaut er mir so intensiv in die Augen das ich Angst habe das ich anfange zu sabbern. Ich bleibe wie versteinert stehen, er hatte mich am Arm gepackt und sagte jetzt: „Ich kenn dich woher. Du bist doch das Mädchen was ich letzte Woche an der Uni gesehen hab, oder?“ Ich kann nichts anderes tun als zu nicken. „Einer meiner Kumpels hatte mit dir zusammen Bio. Er hat mir erzählt was passiert ist.“, bei diesen Worten mustert er mich eindringlich. Was will er von mir? „Was soll den passiert sein?“, frage ich in einem etwas zu schnippischen Ton. „Na du sahst aus wie eine Leiche, meinte er. Deine Freunde haben dich wohl in ihr Auto getragen weil du nicht mal mehr laufen konntest und in der Mädchentoilette seien danach Reste von einer Blutlache gefunden worden sein. Wenn ich fragen darf: Was war los?“

Ich versteh die Welt nicht mehr, was sollte das. „Geht dich gar nichts an und jetzt lass gefälligst meinen Arm los!“, fahre ich in an, entreiße mich seinem Griff, drehe mich um und gehe. Was fällt diesem Mistkerl eigentlich ein? Erst rempelt er mich an, beleidiget mich und dann mischt er sich plötzlich in Sachen ein die ihn gar nichts angehen? Oder habe ich etwa Sorge aus seinen Worten raus gehört? Als ich mich wieder auf den Weg konzentriere merke ich plötzlich, dass die sonst immer so schrecklich rote Häuserfassade grau ist, und auch die Ampel zeigt für die Fußgänger grau, statt rot an, als sie jedoch auf grün springt ist wieder alles normal. Seltsam, kriege ich jetzt schon eine Rot-Grün-Schwäche oder was? Ich beruhige mich wieder und mir fällt auf das Lia gar nicht an der U-Bahn-Station auf mich gewartet hat. Vermutlich weiß sie nicht mal, dass ich heute wieder komme. Und tatsächlich, als ich auf den Campus trete entdecke ich Lorenzo und Lia in der Ecke wo wir immer stehen. Ich gehe freudestrahlend auf Lia zu doch als sie mich entdeckt schreit sie mich an: „Du Schlampe! Was fällt dir eigentlich ein? Was hast du dir dabei gedacht?!“ Ich verstehe die Welt nicht mehr. Was soll ich den getan haben? Lia läuft auf mich zu, knallt mir eine und umarmt mich dann so fest das ich denke sie will mich erwürgen. Jetzt wird mir alles klar. Sie ist nicht wirklich sauer auf mich. Sie war nur krank vor Sorge. Ich drücke sie ganz fest an mich. Als sie mich wieder loslässt lächle ich sie an. Bevor ich noch irgendetwas sagen kann klingelt es zur ersten Lesung. Lorenzo kommt auf mich zu und auch er umarmt mich sehr fest. Diese Herzlichkeit bin ich gar nicht von ihm gewöhnt. Er lächelt mich sanft an. Dieses Mal gelingt es mir wieder mich während der Lesung zu konzentrieren, aber ich bin trotzdem froh als ich endlich wieder aus dem stickigen Sitzungssaal nach draußen kann. Als ich auf den Campus trete habe ich das Gefühl als würde ich mitten in ein Kriegsgebiet laufen. Es sieht nicht so aus und es hört sich auch nicht so an aber ich spüre aggressive Spannungen, überall. Ich brauche nur meinen Kopf zu drehen und sehe sie. 5 Typen, einer von ihnen der seltsame Typ vom Campus. Sie alle starren mich eindringlich an. Als sie anfangen sich auf mich zuzubewegen weiche ich sofort zurück, ich spüre ihre Aggression, und weiß, weichen ist die beste Methode Stress auszuweichen. Das wusste ich schon immer aber jetzt bekommt es eine ganz andere Bedeutung.  Ich wende meinen Blick nicht von ihnen ab, höre zwar das Lia etwas sagt, aber nicht was und dann sehe ich das zwei von ihnen ihren ganzen Körper darauf vorbereiteten loszuschnellen und ich muss sie nicht kennen um zu sehen das sie sehr schnell sind, aber ich bin auch schnell. Im Bruchteil einer  Sekunde habe ich mich umgedreht und sprinte los, ich höre ihre schnellen Schritte hinter mir und kriege völlige Panik.

Story of a siberian tiger-On HOLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt