Changes (Arbeitstitel)

1.5

15. April 1938

Liebes Tagebuch,

heute war es endlich so weit. Ich weiß immer noch nicht, ob ich besser lachen oder weinen soll. Am heutigen Morgen kamen sie mit ihren Transportern um sie mitzunehmen. Jakob, mein großer Bruder war so stolz endlich eingezogen zu werden. Er hatte sein ganzes Leben darauf hin gearbeitet und nun wurde endlich sein größter Traum wahr. Auch wenn Vater immer noch strikt dagegen ist und es ihm sogar verboten hat, hat er sich nicht von ihm abhalten lassen. Das war so mutig von ihm. Als Vater dann das Schreiben im Briefkasten fand, in dem stand, dass sie ihn Ende des Monats abholen würden, ist er stocksauer geworden. Die beiden haben sich dann stundenlang angeschrien bevor Vater Jakob aus dem Haus verbannt hat. Marie und ich haben ihn dann im alten Schuppen versteckt und ihm heimlich zu Essen gebracht. Er hat uns dann immer von den Heldentaten erzählt, die er tun wollte. Wie sehr ich die Geschichten doch vermissen werde. Verabschieden mussten wir uns auch heimlich. Erst als man die Motoren der Transporter gehört hat, haben wir Mutter erzählt wo sich Jakob versteckt hatte. Sie hat uns zwar bei ihm gedeckt, wenn wir bei ihm waren, aber sie wollte nicht Vater anlügen müssen und so haben wir ihr nicht erzählt wo Jakob sich aufhielt.

29. Juni 1938

Liebes Tagebuch,

seit seiner Abreise habe ich nichts mehr von meinem Bruder gehört. Ich mache mir solche Sorgen um ihn, dass ich seit Wochen nicht mehr ruhig schlafen konnte. Wieso schreibt er mir nicht? Ich hoffe es ist nicht wegen Vater. Vielleicht sollte ich Jakob einen Brief schreiben und ihm darüber berichten, dass Vater nicht mehr böse auf ihn ist und ihm vergeben hat. Doch das habe ich mir schon vor Tagen vorgenommen. Mir wollen einfach nicht die passenden Worte einfallen. Außerdem: was ist, wenn ihn mein Brief nie erreicht? Ich bin am verzweifeln darüber und weder Mutter noch Marie können mich beruhigen indem sie mir versichern, dass alles in Ordnung sei und ich mir keine Sorgen machen soll. Mit Vater habe ich mich noch nicht darüber reden trauen, aber er macht ebenfalls einen besorgten Eindruck auf mich - auch wenn er es niemals zugeben würde.

8. August 1938

Liebes Tagebuch,

ich bin überglücklich und so erleichtert. Heute ist mein Geburtstag und es kam ein Brief von Jakob für mich. Er schreibt, dass er während seiner Ausbildung keinen Kontakt zu Leuten außerhalb seiner Truppe haben durfte und er sie nun erfolgreich abgeschlossen hat, weshalb er mir nun schreiben kann. Es geht ihm gut und er hat schon neue Freunde gefunden. Außerdem hätte Jakob keine Zweifel mehr an seiner Entscheidung wegzugehen, da sich Vater von ihm verabschiedet hätte bevor er von Zuhause weggefahren ist und sie sich wieder versöhnt hätten. Gleich nachdem ich seine Nachricht gelesen habe, habe ich einen Brief an ihn verfasst, in dem ich ihm alles berichtete was in den vergangenen Monaten passiert ist: dem neuesten Klatsch und Tratsch, den schwülen Sommertagen am Badesee, der Schule, dem Wanderurlaub in den Bergen und kurz und auch nur in einem Satz am Ende des kurzen Berichts von dem Mord an einem jüdischen Mädchen aus meiner Klasse, denn ich wollte ihn nicht zu sehr beunruhigen. Am Ende meines Briefes fragte ich ihn nach seinen Kameraden und neuen Freunden; was sie schon zusammen erlebt haben. Ich bin schon gespannt auf die Annekdoten, die er mir über sie erzählen wird.

29. August 1938

Liebes Tagebuch,

heute lag ein Brief von meinem Bruder im Briefkasten. Leider darf er mir aus Gründen der Geheimhaltung nichts über seine Arbeit und alles damit Zusammenhängende schreiben. Er meinte, das würde schlimmer geahndet als Hochverrat. Ach, ich wollte ihn doch nie zu so etwas drängen! Hätte ich das doch nur gewusst. Dann hätte ich ihn nie danach gefragt. Aber er freue sich darüber, dass ich ihm berichte was Zuhause passiert, sodass er nichts wichtiges verpasst. Auch warte er schon gespannt auf einen weiteren Brief, den ich auch gleich schreiben werde.