Ich zittere wie Espenlaub. Meine Kleidung ist fast getrocknet, aber das dünne Sommerkleid spendet keinen Schutz gegen den kalten Wind. Um meine Füße hat sich eine dicke Schickt aus Erde, Blättern und getrocknetem Schlamm gebildet, die ihnen jegliche Wärme entzieht und zusätzliches Gewicht darstellen, dass ich bei jedem Schritt anheben muss. Allerdings schützt sie auch vor scharfkantigen Steinen und ähnlichem, sodass ich nicht so sehr auf den Weg aufpassen muss.
Am Horizont ich kann beobachten wie er einen riesigen dunklen Wolkenberg in unsere Richtung schiebt und wir laufen auch noch direkt darauf zu. Langsam schiebt dieser sich über den Gipfel und sinkt in einer geschlossenen wabernden Masse auf der anderen Seite hinunter ins Tal. Er wird uns wie dicker Nebel umhüllen und es wird noch kälter werden, sobald er uns erreicht hat.
Wir steigen schon seit mehreren Stunden den Berg hinab. Nachdem ich den Soldaten auf ihre Frage wer ich sei nicht antworten wollte, hatte sie beschlossen, dass es besser sei mich in ihrem Lager weiter zu befragen. Eigentlich habe ich nichts dagegen, aber es steigert auch nicht gerade meine Überlebenschancen. Ich weiß nicht wie sie reagieren, wie sie sich entscheiden werden oder wer überhaupt entscheidet und diese Ungewissheit macht mir Angst. Einer von ihnen hat sich schon dafür entschieden mich zu erschießen und hat es nur deshalb nicht getan, weil er damit auch sein Todesurteil unterzeichnet hätte.
Ebendieser, der Rotschopf Timothy, läuft die ganze Zeit über hinter mir. Anfangs hat er mir den Lauf seines Gewehrs zwischen die Schulterblätter gehalten und mich so voran getrieben, aber als er merkte, dass ich freiwillig mit ihnen ging, schulterte er es, aber hielt es immer noch griffbereit. Dies hatte er zusätzlich mit: "You run, I shoot.", kommentiert. Doch so dumm war ich nicht. Schon allein deswegen, weil das Gelände abseits des Wildpfads, den wir entlang gehen, mit aller höchster Wahrscheinlichkeit vermint ist. Es wäre reiner Selbstmord.
Sein Kamerad, der sich mir als Gabe Jones vorgestellt hat und mir damit weitaus mehr Vertrauen gegenüber gebracht hat, hat sich von uns getrennt. Ich weiß nicht genau wieso, aber ich vermute, dass er unsere Spuren verwischt oder nach Feinden Ausschau hält. Auch er würde mich nicht ohne weiteres entkommen lassen.
Nach und nach hören die Vögel auf ihre Lieder zu singen und es wird immer stiller. Schließlich ist nur noch das Rauschen der Bäume im Wind zu hören, der im selben Tempo, in dem die Tiere sich zurückziehen, immer stärker aufbraust. Ein nervöses Gefühl macht sich in mir breit. Die Spannung, die das erzeugt was die Ruhe bald verdrängen wird, ist förmlich greifbar. Alles in mir schreit danach so schnell wie möglich einen sicheren Unterschlupf zu finden. Ich hoffe nur, dass wir bald ankommen. Wo auch immer das sein mag.
Dann leuchtet der Himmel plötzlich für einen kurzen Augenblick hell auf. Im selben Moment folgt auch schon ein ohrenbetäubendes Donnergrollen. Meine Beine verweigern sogleich den Dienst und ich bleibe an Ort und Stelle stehen. Keine Sekunde später höre ich durch das Donnern ein metallisches Klicken in meiner Nähe, aber ich kann nicht zuordnen woher es kommt, bis ich durch den dünnen Stoff spüre wie sich der kalte Lauf eines Gewehrs zwischen meine Schulterblätter bohrt.
"Move!", höre ich dann Timothy's Stimme. Ich meine Nervosität daraus hören zu können. Ich wäre seinem Befehl nachgekommen, denn ich kann mir im Moment keinen schlechteren Ort vorstellen um vor dem heranziehende Unwetter Unterschlupf zu suchen, als unter den Bäumen dieses Waldes, aber meine Füße bewegen sich kein Stück.
"Move!", brüllt der Rothaarige Soldat nun fast und um dem noch Nachdruck zu verleihen stößt er mir den Lauf seiner Waffe in den Rücken, sodass ich stolpere und falle. Es gelingt mir meinen Sturz mit meinen Armen abzufangen, doch das führt dazu, dass ich eine Rolle vorwärts mache und ein Stück den Hang hinunter rolle. Gleichzeitig mit meinem eleganten Abgang erklingt ein noch lauteres Donnern als zuvor und alles was ich sehen kann ist gleißend weißes Licht, das in meinen Augen brennt. Als ich auf etwas Pralle, das meinen Fall abrupt beendet, bleibe ich einfach auf der Seite liegen. Ich möchte mir die Ohren wegen des Lärms zuhalten und die Augen schließen, aber etwas hält mich davon mich von der Szene abzuwenden, die sich in einer unendlich langen Zeit abzuspielen scheint, so als würde die Zeit nur für dieses Ereignis langsamer vergehen wollen um es länger andauern zu lassen. Wie Äste verzweigen sich die Enden des vom Himmel herab kommenden hellen Lichtstrahls, die letztendlich in den Zweigen der Baumkrone eines Baumes enden. Alles wird in reines Licht eingehüllt, das gleichzeitig so eine Schönheit und Gefahr ausstrahlt. Ich wünsche mir, dass es nie zu Ende geht, doch viel zu schnell endet die Unendlichkeit dieses Augenblicks wieder und die Zeit scheint wieder in ihrer üblichen Geschwindigkeit weiter zu fließen.
Eine Weile bleibe ich noch unbewegt liegen, bevor ich von auf mich zukommenden schweren Schritten aufgeschreckt werde. Hektisch versuche ich mich in eine aufrechte Position zu bringen. Dabei rutscht mir meine Hand immer wieder auf dem nassen Untergrund weg, aber nach mehreren Versuchen gelingt es mir doch. Gerade als ich aufrecht sitze, kommt eine Gestalt im Dunkeln direkt auf mich zu den Abhang hinunter geschlittert. In Panik rutsche ich etwas zurück, stoße aber gleich auf das Ding, das meinen Sturz abgefangen hatte. Ich kralle meine Finger in das Material, die Baumrinde, die sich unangenehm in meine Handflächen gräbt. Ich schmecke den süße Geschmack von Blut, nachdem ich auf meine Zunge gebissen habe bei dem Versuch nicht laut um Hilfe zu schreien, denn in meinem Kopf brülle ich, kreische und tobe nach Hilfe schreiend und ich habe Angst, dass ich das nicht nur in meinem Kopf tue. Schon einer der Hydra Soldaten aus dem Stützpunkt, der meinem Schrei folgt, wäre zu viel für meinen Geschmack.
Jedoch atme ich erleichtert aus, als ich erkenne wer es ist. Es ist einer der Amerikaner und würde ich ihn schon etwas länger kennen, würde ich behaupten, dass ich noch nie so froh darüber war ihn zu sehen. Selbst jetzt, als er mit der Waffe auf mich gerichtet auf mich zu kommt, freue ich mich, als ich den roten Schnauzer erblicke.
"Stand up!", weißt er mich sogleich in seinem üblichen bestimmenden, aber nicht herrischen Ton an.
Von rechts stößt nun auch sein Kamerad Jones zu uns. Während er auf uns zu kommt, flucht er die ganze Zeit über, wobei er allerdings keinen der Sätze, die er begonnen hat, zu Ende zu sprechen scheint. Dann kommt er direkt auf mich zugelaufen und greift nach meiner Hand um mich sogleich auf die Beine zu ziehen, als mich der Rotschopf ein weiteres Mal dazu anweist endlich aufzustehen. Dabei wechselt er allerdings von seinen Flüchen zu etwas, das sich nach Entschuldigungen anhört.
Nachdem ich mich umdrehe, verstehe ich auch was er damit meint. Etwa einen halben Meter über dem Boden klaffte ein Loch in dem Baum, gegen den ich vorhin gestürzt bin. Etwas glänzendes Steckt in dem Loch. Bei genauerer Betrachtung erkenne ich, dass es eine Kugel ist. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, als ich mir vorstelle, wie knapp sie mich verfehlt haben musste. Ich blicke auf meine Hände und sehe wie sie zittern, obwohl mir im nächsten Moment wieder wärmer wird.
Gabe Jones redet weiter auf mich ein, versucht sich zu entschuldigen, aber ich bekomme es kaum mit. Ich bin zu sehr damit beschäftigt zu begreifen, dass gerade auf mich geschossen wurde und dazu noch von einem Mann, der mir von Anfang an sympathisch war, einem Mann den ich, wenn ich so darüber nachdenke, mochte und dem ich sogar ein wenig vertraut habe. Doch wie kann ich das weiterhin tun? Hat er es getan, weil er dachte, ich würde fliehen oder hat er von Anfang an geplant mich zu töten sobald sich ihm die Gelegenheit dazu bot ohne sich dabei selbst in Gefahr zu begeben?
"I think we better go now.", unterbricht schließlich der Rothaarige Jones und reißt mich aus meinen Gedanken und ohne ein weiteres Wort setzen wir unseren Weg fort.
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Fanfiction[Captain America - The First Avenger ff] Gelangweilt von diesen typischen Captain America ff's? In denen ein Mädchen gut mit Bucky und Steve befreundet ist und dann mit ihnen nach Europa in den Krieg zieht um dann von Hydra entführt, gequält, gefolt...