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Den restlichen Tag verbrachte ich wie in Trance. Wie eine hypnotisierte Puppe war ich in den Unterricht zurückgekehrt. Auf dem Weg zum Klassenzimmer hatte ich logischerweise noch an Niek und dem Hauptschülern vorbei gemusst. Dieser eine Meter an ihnen vorbei hatte sich angefühlt wie eine drei Jährige Tour zu Fuß nach Namibia. Ich hatte Nieks Blick deutlich, wie Stiche die sich in meine Haut brannten, gespürt. Stumm, gezwungen den Gang fixierend war ich an ihnen vorbei geschritten.

Den restlichen Tag bekam ich nur wie hinter dichten Nebelwolken mit. Ich hatte den Unterricht gerade so überstanden. Hausaufgaben gemacht und ein Buch gelesen ohne einmal umzublättern und ohne ein Wort gelesen zu haben. Erst am Abend gegen elf Uhr oder so schönen sich die Wolken in meinem Kopf langsam aufzulösen und die Kenntnis die ich schon seit dem Gespräch hatte wurde immer klarer und klarer, bis ich sie in einen deutschen Satz mit klaren Worten setzten konnte: Ich bin verliebt... in Niek!
Nach dieser recht einfachen Kenntnis begann das, weshalb ich den Tag eigentlich in Nebel verbracht hatte. Mein Kopf begann zu Summen. Oder auf auf Gutdeutsch, ich begann zu denken. 

Donnerstag hatten wir die erste Stunde Englisch bei unserer Klassenlehrerin. Sie war echt cool. Manchmal hatte sie etwas Stimmungsschwankungen, aber sonst war sie einfach die Beste.
Frau Broll, so hieß sie, lief immer wieder vorne die Tafel entlang und probierte uns die neuen Vokabeln in den Kopf zu bekommen. Da ich die Nacht über gar nicht geschlafen hatte, konnte ich ihr nicht nicht so ganz folgen, da ich damit beschäftigt war mich auf der Seite der Wachen zu bleiben. Nur verschwommen nahm ich ihr "No, no Emilia! It's library not libiraty." wahr. Ich spürte wie eine neue Welle Müdigkeit mich über rollte und mein Kopf sich ganz langsam der Tischplatte näherte. Jedoch war ich zu schwach und einfach auch zu Müde um mich wieder hochzuraffen. "Niek, are you okay?" hörte ich verschwommen Frau Broll fragen und hob meinen Kopf.

"You look a bit sick. Are you alright?" fragte unsere Lehrerin. Ich drehte meinen Kopf so, das ich zu dem Jungen in der Ecke sah und erkannte mit einem Blick no, he isn't. Niek hatte seinen Kopf auf seine Arme gelegt, so das man nur seine Augen seine konnte. Seine Kapuze hatte er über seine Haare bis kurz vor seine Augen gezogen. "Hey Niek, are you okay?" fragte unsere Lehrerin erneut und ging einige Schritte Richtung Ecke. Ein dumpfes "I'm good" erklang aus der Ecke ohne das Niek sich auch nur einen Zentimeter bewegte. "Du siehst etwas blass aus. Möchtest du kurz raus an die frische Luft oder etwas trinken?" bot Frau Broll Niek an, der jetzt seinen Kopf leicht hob. Er biss sich auf die Unterlippe und starrte geradeaus in die Luft. An seinem Hals sah ich wie er schluckte. "Darf ich kurz..." begann er, doch seine Stimme versagte. "Darf ich kurz raus?" versuchte er es erneut und fuhr sich mit seiner Hand übers Gesicht. "Natürlich." meinte unsere Lehrerin in besorgten Ton. "Und kann... kann Joline mit?" hörte ich ihn dumpf mit heißerer Stimme fragen. Frau Blond schaute mich kurz an. Innerlich kämpfte ich mit mir, ob ich nicht einfach drinnen bleiben sollte. "Ist gut." sagte die Lehrerin schließlich und ging wieder Richtung Tafel.

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