[2]

844 32 4
                                    

"Ist dir eigentlich schon aufgefallen," fing meine beste Freundin Emilia an in mein Ohr zu wispern ,"das Niki dich die ganze Zeit anstarrt. Und vor allem nicht erst seit heute, das macht er schon ne' ganze Weile."

Kurz lies ich meinen Blick zu Niek, der wie immer in der hintersten Ecke am Fenster saß, schweifen. "Nein, ist mir noch überhaupt gar kein bisschen aufgefallen!" antwortete ich ironisch, ebenfalls wispernd und musterte den Jungen in der Ecke. Er sah aus, als würde er von irgendeiner Insel im Ozean träumen Oder vielleicht von einem Mädchen? Gestern hatte er noch von so einer 18 Jährigen erzählt, die er geil fände. Sowieso hatte ich mittlerweile das Gefühl, er würde nur über Mädchen, Sex und Klamotten reden. Der Junge strich sich kurz durch seinen langen Haare.

Oder er träumt einfach nur von besserem Wetter, denn vor den riesigen Fenstern im Klassenzimmer spielte sich ein furchtbares Unwetter ab. Die Fensterseite zeigte zu Wald und sah so mit dem Regen vermischt eigentlich echt schön aus. Allerdings war der Ausblick nicht mehr halb so schön wenn, wie in meinem Fall, man wusste, dass man noch den gesamten Weg von der Schule nach Hause laufen muss.

Mein Blick blieb wieder an Niek hängen, der nach wie vor aus dem Fenster starrte. Seine Haare fielen leicht über sein Gesicht und glänzten matt im Lampenlicht. Sie sahen unglaublich weich und fluffig aus. Auf einmal blickte er zu mir und ich schaute ihm ein paar Sekunden in die braunen Augen. Seine langen Wimpern betonten die kastanienfarbe, wei ein Rahmen ein Gemälde. Der merkwürdig intensvie Blick des Jungens lies mir einen angenehmen Schauer über den Rücken laufen. Ich wollte meinen Blick nicht lösen, doch als mir auffiel, dass ich ihn eigentlich gerade wie eine Verrückte anstarrte, drehte ich mich schnell zur Tafel. Ich spürte wie mein Herz ein wenig zu schnell klopfte.

"Joline, weißt du vielleicht den nächsten Schritt?" Erschrocken sah ich zur Tafel. Frau Marik musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen. Die frau ab mir immer das gefühl, sie hätte was gegen mich. Was sicher auch der Fall war. An der Tafel stand der Anfang einer Bruchgleichung. Das könnte ich gerade noch so hinbekommen. "X ausklammern und dann alles mal x, Klammer auf, x Minus drei Klammer zu." Frau Marik drehte sich zurück zur Tafel. Schien wohl zu stimmen.

Mir war langweilig. Die Stunde zog sich in die Unendlichkeit. Ich hob meine Hand. "Joline?" ich nahm meine Hand runter. "Darf ich kurz auf's Klo?" Ich rechnete mit einem Nein. Es war in zwanzig MInuten Pause, da kam man bei Frau Marik normalerweise nicht raus. "Geh halt kurz." Wow. Ich stand auf und schlenderte gelangweilt aus dem Klassenzimmer. Ebenso gelangweilt schlenderte ich die Treppe neben dem Klassenzimmer runter, vorbei an einigen Sesseln und Sofas der Oberstufe und schließlich in den Gang mit den Toiletten. In dem Gang hatte unsere Klasse vor gut einem halben Jahr Plakate über Drogen aufhängen müssen. Meines war Extasy. Ich fand das Plakat noch immer sehr gelungen. Gelangweilt strich ich mit der Hand über die Wand mit den Plakaten, bis ich direkt neben dem Heroin Plakat die Türe zum Mädchen Klo öffnete. Drinnen lehnte ich mich an die kühle Marmorwand und atmete tief aus. Ich musste eigentlich garnicht aufs Klo. Mir war bloß so... langweilig. Ich schaute mich selbst in den Spiegeln mir gegenüber an. Meine hellblonden Haare hingen in dünnen Strähnen knapp über meinen Schultern. Ich sollte zum Friseur. Länger als schulterlang konnte ich meine Haare echt nicht leiden. Meine hellblauen Augen musterten mich müde. Ich hob kurz meine Augenbrauen an und schnaupte schließlich aus. Irgendwann musste ich schließlich zurück in den Unterricht. Ich stellte mich vor ein Waschebecken und wusch kurz meine Hände, auch wenn ich nicht wirklich war.

Dann verließ ich, denn Blick immer noch auf den Spiegel geheftet die Toilette... und krachte volle Kanne mit jemandem zusammen. Mein Ellenbogen krachte schmerzhaft gegen die Wand und ich verlor mein Gleichgewicht. Kurz versuchte ich mich an der Person gegenüber zu halten, riss diese damit jedoch nur mit runter. Glücklicherweise landete ich halbwegs weich auf dem Schoß der anderen Person. Erst als ich die dunkelbraunen Augen mit den langen Wimpern herum bemerkte, realisierte ich auf wessen Schoss ich da gerade eigentlich saß. Schnell rutschte ich ein Stück weg.

"Sorry!" "Oh scheiße, sorry!" begannen wir beide uns gleichzeitig zu entschuldigen. Eine Sekunde lang schauten wir uns an, dann mussten wir beide grinsen. Irgendwie war die Situation echt seltsam, wie wir beide dort am Boden saßen und uns angrinsten. Niek rappelte sich als erstes auf und hielt mir anschließend seine Hand hin. Ich nahm sie und er zog mich hoch. Sie fühlte sich warm und weich an. Kurz musterte er die Armbänder an meinem Handgelenk.

"Von wo sind die?" Er ließ meine Hand los, welche sich sofort merkwürdig kalt anfühlte. "Hab ich geschenkt bekommen." antwortete ich. Er wog seinen Kopf leicht nach rechts und links. Erst jetzt fiel mir auf wie unfassbar er eigentlich nach Zigaretten stank. "Ich hab vor kurzem so ähliche gesehen und überlegt mir die zu holen." Er musterte mein Handgelenk. "Und?" hakte ich nach. "Ist vermutlich ganz gut, das ich mir die nicht geholt hab. Dir stehen die eh viel besser." Damit verschwand er in der Jungs Toilette. Verwundert schaute ich die weiße Klotüre an. Schließlich schüttelte ich leicht den Kopf. Marcel hatte mir komplett den Atem genommen und egal wie verknallt das klang, es war wortwörtlich gemeint. Er hatte mir mit dem Gestank nach  seinen Zigaretten den Atem genommen.



DAMNWo Geschichten leben. Entdecke jetzt