Kapitel 5 | Iron Maiden

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Laut röhrend und knatternd glitt die schwarze Harley-Davidson durch ein großes Eisentor, hinter dem sich ein breiter Weg erstreckte. Diese "Auffahrt" führte einen sanften Hügel hinauf und machte dabei eine lang gezogene Kurve
Links und rechts vom Weg reihten sich weiße Marmor-steine und fein säuberlich geschnittene Büsche und Sträucher.

Das Anwesen, dem Jax Teller sich näherte, war ringsum großzügig eingezäunt mit hohen Mauern und ausladenden Bäumen, die die Sicht auf das Grundstück versperrten.
"Verdammt", brummte er, als er seine Dyna Superglide neben zwei schwarzen Luxus-Karossen parkte. Der Motor verstummte mit einem letzten Knurren.
Jax nahm den Helm vom Kopf, warf die Haare hinters Ohr und hängte ihn an seinen Lenker.
Er staunte nicht schlecht.
Eine solche Bonzenvilla hatte er schon lange nicht mehr von nahem gesehen. Die meisten Menschen in Charming waren nicht sehr wohlhabend, doch in dieser kleinen, eher abgeschiedenen Gegend machte man anscheinend keinen Hehl daraus, wie viel Geld man besaß.
Ein moderner Designerbau aus weißem Putz, glänzenden Chromelementen und riesigen Fenstern ragte über zwei Stockwerke empor. Das Obere lag jedoch in einem ungewöhnlichen Winkel zum Anderen, überlappte dieses sogar und ließ das Anwesen erstrahlen wie das Cover eines Immobilien-Hochglanz-Magazins.
Die sauber geschnittenen Buchsbäume, die die Auffahrt säumten, wurden zum Eingang hin immer höher, bis sie direkt an der breiten Steintreppe die Höhe des ersten Stockwerks erreicht hatten.
Stirnrunzelnd rieb sich Jax über die dreckige Jeans und betrachtete das Gebäude noch einen Moment, ehe er sich zurück an seinen Auftrag erinnerte. Er schüttelte schnaufend den Kopf und stieg von der Harley.
"Bin gleich zurück, Babe"
Zielsicheren Schrittes nahm er alle drei Stufen auf ein Mal und drückte den Zeigefinger ein paar Sekunden lang auf die verchromte Klingel, über der in geraden Lettern "Leith" geschrieben stand.

Es dauerte einen Moment, bis ihm tatsächlich jemand die Tür öffnete.
Erfreut über den Anblick, der sich ihm bot, schmunzelte Jax erst mal stumm und betrachtete die heiße Blondine vor sich. Über die knappe, atmungsaktive Yogapant, die durchtrainierten Bauchmuskeln und einem pinkfarbenen Sport-BH bis hin zu den Schweißperlen auf der Stirn musterte er sein Gegenüber.
Doch er war nicht der Einzige, der für einen Moment schwieg.
Die Blondine hatte ihn ebenfalls von oben bis unten begutachtet und schaute ihn nun mit hochgezogener Augenbraue an.
"Was kann ich für dich tun?", fragte sie mit ruhiger Stimme.
Jax schmunzelte noch immer und deutete auf die Klingel.
"Bin ich hier richtig bei Peter Leith? Sam Crow hat einen Auftrag von ihm erhalten und ich hab da noch ein paar Fragen dazu."
Die Blondine schaute ihm kurz über die Schulter und entdeckte die Harley.
Als hätte sie Jacksons Kutte übersehen, machte sie jetzt einen erleuchteten Gesichtsausdruck.
"Na wenn das so ist?", mit einem kurzen Lächeln ging sie einen Schritt zur Seite und ließ Jackson herein. Sie schloss die Tür hinter ihm und nippte an dem Glas Wasser, das sie in der Hand hielt.

Jax ging ein paar Schritte in den offenen Wohnbereich und ließ den Blick schweifen. Er zog anerkennend die Mundwinkel nach unten und runzelte leicht die Stirn.
"Schickes Haus", meinte er knapp.
Er steckte die Hände in die Hosentaschen und drehte sich dann wieder zu der heißen Blonden.
"Kann ich ihn sprechen? Mister Leith?"
Die Blonde lief an ihm vorbei, streifte mit den Fingerspitzen über das schwarze Leder der Couch und stellte dann ihr Glas auf der Bar zu ihrer rechten ab.
"Mein Mann ist nicht zu Hause", erklärte sie mit leicht gesäuselter Stimme, während sie sich nochmal nach schenkte.
Jax war etwas überrascht. "Okay" er blieb einfach im Eingangsbereich stehen und beäugte die großen Steinsäulen ein wenig argwöhnisch, die den oberen Teil des Gebäudes trugen.
"Vielleicht können Sie mir ja auch meine Fragen beantworten?"
Emma Leith hatte sich auf einen der Barhocker gesetzt, eine Hand auf der Theke hinter sich, in der anderen das Glas mit Wasser. Sie legte die schlanken Beine übereinander.
"Worum geht es denn?", sie stellte sich unwissend.
Jax schnaufte kurz und ging ein paar Schritte auf sie zu. Ihr gegenüberstehend, lehnte er sich gegen die Bar und schaute ihr in die stahlblauen Augen. Sie hatten etwas hypnotisierendes an sich.
Sein Mundwinkel zuckte kurz, als sie erneut das Glas an ihre Lippen legte und ihm tief in die Augen sah, während sie einen Schluck daraus nahm.
"Also...", begann er und atmete ein mal tief ein. "Sam Crow hat den Auftrag ihren Sohn Gabriel ausfindig zu machen. Dazu müsste ich aber wissen, wo der sich so rum treibt." erklärte er kurz und wartete dann auf ihre Reaktion.
Emma schmunzelte erst, setzte dann aber eine unschuldige Mine auf.
"Mein Stiefsohn", sie stellte das Glas ab, "treibt sich ganz gerne auf irgendwelchen Parties rum." Sie verdrehte ein wenig die Augen. "Peter reagiert manchmal über. Der Junge ist doch bestimmt nur wieder zu betrunken, um nach Hause zu finden"

the Anarchy of the HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt