Greg verstand.
Er verstand, warum Mycroft, der große, starke, über alles erhabene Politiker, der mit einem eiskalten Lächeln über Wohl und Wehe ganzer Länder entschied, in diesem ganz privaten Bereich so verunsichert war.
Oh Gott.
Und er kochte innerlich.
Wenn dieser Maurice ihm jemals über den Weg laufen sollte... dann würde er, Greg, ganz schnell auf der anderen Seite des Gesetzes stehen und Anderson hätte vermutlich das zweifelhafte Vergnügen, ihn wegen Mordes zu verhaften.
Im Augenblick hielt er Mycroft einfach nur im Arm und war für ihn da.
Er spürte, dass sein Freund ihn brauchte und es fühlte sich gut an, ihm Geborgenheit und Schutz geben zu können.
„Mycroft", sagte er leise, „Ich liebe dich. Und egal, was dieser Mistkerl zu dir gesagt hat. Mir gefällt jedes winzige Detail an dir. Ich liebe dich und für mich bist du wunderschön. Und ..."
Er schluckte, es fiel ihm ein wenig schwer, darüber zu sprechen,
„ ... du weißt, dass ich dich nie zu etwas drängen würde, zu dem du nicht bereit bist."
„Aber ich verstehe mich selbst nicht", sagte Mycroft, und in seiner Stimme klang ein bisschen Verzweiflung mit.
„Nachdem das damals passiert ist, habe ich doch schon mit mehreren Männern geschlafen bzw. sie mit mir, wenngleich es mir nie etwas bedeutet hat. Aber da hat es immer funktioniert. Warum habe ich dann jetzt, ausgerechnet mit dir, solche Schwierigkeiten, mich darauf einzulassen? Ich liebe dich doch so sehr!"
„Vielleicht ist genau das der Punkt", sagte Gregory. „Du liebst mich und willst alles richtig machen. Willst, dass es mir gut geht und setzt dich selbst unter Druck. Obwohl du das überhaupt nicht müsstest. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass das alles zwischen uns dich zu sehr an damals erinnert, denn immerhin hast du diesen ... Maurice ... auch geliebt."
Gregory hatte den Namen ausgespiehen wie ein ekelhaftes Insekt.
Mycroft ließ den Kopf hängen.
„Ach Gregory. Es tut mir echt leid. Du hast es wirklich schwer mit mir."
Gregory küsste ihn sanft.
„Unfug", sagte er. „Na ja, manchmal machst du es mir nicht leicht, das stimmt. Aber jetzt, in diesem Augenblick, machst du es vor allem dir selber schwer. Ich liebe dich, wie du bist und bin dankbar für all das, was du mir gibst, hörst du?"
Er hielt Mycroft immer noch im Arm.
Eine Zeit lang schwiegen sie. Dann räusperte sich Gregory.
„Ich denke ... wir sollten wieder zurück nach Hause fahren. Ich bin erschöpft und möchte mich gerne mit dir zusammen zu Hause auf unser Sofa kuscheln. Was hältst du davon?"
Mycroft schwieg.
„Was ist?", fragte Gregory alarmiert. „Wir ... müssen auch nicht kuscheln, wenn dir das zu viel wird. Wir können auch einfach nur reden ... oder schweigen, was immer du willst, aber bitte, komm mit mir nach Hause, ja?"
Myke sah ihn mit großen Augen an.
„Du ...willst also wirklich ... weiterhin mit mir zusammen sein?"
„Natürlich! Was hast du denn gedacht!"
Greg schüttelte den Kopf.
„Mycroft Haggerty Holmes, manchmal bist du ein ganz schöner Dummkopf."
Er grinste.
„Aber du bist mein Dummkopf, und das ist gut so. Und jetzt lass uns aufbrechen. Ich gehe kurz John Bescheid sagen. Du kannst schon mal ein Taxi heranwinken. Diese Fähigkeit, dass immer sofort eines da ist und auch noch hält, habt ihr Holmes' alle beide und sie verblüfft mich jedes mal."
Mycroft lächelte verlegen.
Er gab Gregory einen Kuss und machte sich gemeinsam mit ihm auf den Weg.
John war ganz erleichtert, dass die beiden geklärt zu haben schienen, was auch immer sich da zusammengebraut hatte. So gerne er ihnen auch half, morgen würde Sherlock nach Hause zurück kehren und da wollte er nur ungern Besuch haben ... er wurde allein bei dem Gedanken an ihre Wiedersehensfeier schon knallrot.
Eine Stunde später waren Greg und Mycroft zu Hause, hatten frisch geduscht und sich tatsächlich auf das Sofa zurückgezogen.
Mycroft hatte Greg versprochen den Mund aufzumachen und zu reden, wann immer ihn etwas bedrückte. Greg hatte im Gegenzug versprochen, es ebenso zu halten, denn in einer guten Beziehung, so fand er, sollten solche Dinge auf Gegenseitigkeit beruhen.
Für den Moment jedoch genossen sie einfach nur das Beisammensein und kuschelten. Greg war vorsichtig und zurückhaltend gewesen, aber Mycroft hatte nach seinen Berührungen und seiner Nähe gedürstet wie ein Verschmachtender nach dem Wasser. Also hatte Greg seine Zurückhaltung aufgegeben und hielt Myke fest im Arm, während er sanft seine Wange streichelte.
Sie waren zusammen. Das war das, was zählte.
Alles andere war nicht so wichtig.
Und ob er nun mit Myke schlafen würde oder nicht, auch das war für Greg nicht entscheidend.
Entscheidend war, dass er mit ihm den Rest seines Lebens verbringen wollte.
Und das würde er Mycroft beweisen.
So schnell wie möglich.
Gleich Montag in der Mittagspause würde er losgehen und nach ein paar Ringen Ausschau halten.

DU LIEST GERADE
Bauchschmerzen
أدب الهواةMycroft und Greg lieben sich. Sie leben zusammen. Sie halten zusammen. Alles ist wunderbar. Nun ja. Bis auf eine Sache: Sie haben immer noch nicht miteinander geschlafen... (Dies ist die Fortsetzung zu "Fieber" und somit der zweite Teil der Liebeskr...