Greg hatte seine Arme um Mycroft gelegt und dachte genau darüber nach, wie es dazu gekommen war. Sie beide liebten sich sehr und begehrten sich auch körperlich, das war keine Frage.
Sie waren beide gestandene Männer und hatten in der Vergangenheit durchaus ihre Erfahrungen gemacht. Mycroft, das wusste er, hatte noch nie Interesse an Frauen gehabt. Was er in der Vergangenheit gehabt hatte, waren im großen und ganzen unbedeutende Affären gewesen, doch keine davon mit einer Frau.
Er selber war jahrelang verheiratet gewesen. Und da er nun mal treu war, hatte es in dieser Zeit eben nur seine Exfrau gegeben. Aber davor, in der Jungendzeit, hatte er keinen Unterschied gemacht, ob er mit Männlein oder Weiblein in die Kiste hüpfte und auch in der Zeit nach seiner Ehe hatte er sich in beide Richtungen vergnügt.
Nun, das war jetzt vorbei, denn wie gesagt, Greg war seinem Partner treu in einer festen Beziehung. Unabhängig davon, ob dieser Partner nun ein Mann oder eine Frau war. Also war er auch Mycroft treu, und er genoss es einfach, wieder jemanden zu haben, dem er treu sein konnte.
Er fand Mycroft überaus sexy.
Die schlanke Figur, die natürliche Eleganz seiner Bewegungen.
Der entrückte Gesichtsausdruck, das leise und doch hingebungsvolle Stöhnen, wenn Mycroft unter seinen Händen oder Lippen zum Orgasmus kam. Oh Mann.
Und dennoch – sie hatten noch nicht miteinander geschlafen, und Greg wusste einfach nicht, wie er sie beide an diesen Punkt bringen konnte.
Sie waren gerade einige Wochen zusammen gewesen, als sie ein freies Wochenende gehabt hatten, an dem Greg fest entschlossen gewesen war, Mycroft liebevoll zu verführen und Sex mit ihm zu haben.
Doch dann war Myke krank geworden, war ohnmächtig zusammengebrochen und mit hohem Fieber ins Krankenhaus gekommen.
Und irgendwie schien dieses verpatzte Wochenende einen Stolperstein dazustellen, denn seit dem hatte es irgendwie nie mehr geklappt.
Denn entweder war ihnen etwas dazwischengekommen oder ... wenn er jetzt darüber nachdachte ... hatte eine Anspannung geherrscht, die fast körperlich zu spüren war, so dass sie es beim kuscheln und befriedigen mit den Lippen und dem Mund belassen hatten.
Greg glaubte allerdings nicht, dass das durch das Fieber verpatzte Wochenende die Ursache war. Viel mehr glaubte er, dass es auch ohne Mycrofts Zusammenbruch nicht zu richtigem Sex zwischen ihnen gekommen wäre, denn irgendetwas schien ihn davon abzuhalten, sich Greg richtig und vollständig hingeben zu können.
Und wenn er ehrlich war, machte das ganze Greg Sorgen.
Nicht wegen des Sexes. Herrgott, er liebte Mycroft so wie er war. Und wenn er niemals echten Sex mit ihm haben würde und sich den Rest seines Lebens mit Blowjobs würde zufriedengeben müssen, dann würde er das eben tun und genießen.
Was ihm Sorgen machte, war die Tatsache, dass Mycroft sich zurückzog, sobald er versuchte, das Thema anzuschneiden.
Die Tatsache, das Mycroft sich ihm nicht öffnete. Er wünschte sich, dass sie über alles reden könnten und er Mycroft bei allem was ihn bewegte zur Seite stehen könnte. Und wenn es da Dinge gab, die ihm Kummer bereiteten, dann wollte Greg für ihn da sein.
Er blickte zu seinem Freund, dessen Augen auf den Bildschirm gerichtet waren und der den Kopf auf Gregs Schulter gelegt hatte.
Er lächelte zärtlich.
Es kam ihm immer wieder wie ein Wunder vor, dass er diesen Mycroft erleben durfte, der so ganz anders war, als der, den die meisten anderen Menschen kannten. Mit Ausnahme vielleicht von Sherlock.
Er hatte sein ehrliches Lächeln kennen lernen dürfen. Ein Lächeln, das der eiskalte Politiker, der Mycroft in seinem offiziellen Leben nach wie vor war, niemals zeigte. Das beinahe wölfische, kalte, gefühllose Lächeln, das er Staatsgästen, Politikern und Untergebenen zeigte, war damit nicht zu vergleichen.
Nein, dieses Lächeln bekam nur er, Greg. Und er liebte es zutiefst.
Es zeigte all die Zärtlichkeit und Zuneigung, die Myke für ihn empfand und ließ sein Herz jedes mal höher schlagen, wenn er es zu Gesicht bekam.
Greg versenkte eine Nase in Mycrofts Haar.
Er mochte dieses weiche, seidige Haar und er mochte den Duft seines dezenten, edlen Shampoos. Er schloss genießerisch die Augen.
Niemand würde Myke je so nah kommen wie er. Das wusste er und es erfüllte ihn mit Liebe und Stolz. Er spürte der Besonderheit des Augenblickes nach und fühlte, wie Wärme ihn durchflutete.
Er wollte ihm gerne noch näher sein.
Er wollte gerne mit ihm schlafen.
Vielleicht ... nun, sie hatten Zeit an diesem Wochenende. Vielleicht würde es funktionieren. Ja, er würde es ganz langsam angehen lassen und Mycroft mit aller Zärtlichkeit, die ihm zu Gebote stand, verführen.
Langsam, liebevoll ohne Druck würde er ihm klar machen, wie sehr er nicht nur Mycroft als Mensch liebte, sondern auch seine schlanken, wunderschönen Körper begehrte und wie gerne er sich mit ihm vereinigen würde.
Und vielleicht würde es ihm gelingen Mycroft die Unsicherheit (oder Angst?) zu nehmen, die ihn bisher daran gehindert hatte, sich dem zu ergeben.
Er zog Myke etwas fester an sich.
Der wandte seine Augen vom Bildschirm ab und sah ihn fragend an. Doch Greg küsste ihn nur sanft auf die Nase und lächelte ihn an. Er fühlte sich stark, wollte seinen Schatz beschützen und für ihn da sein. Er wusste, das Myke das mochte, denn er musste bei allem, was er tagtäglich tun musste, Entscheidungen treffen, Menschen anweisen und über die Geschicke nicht nur des eigenen Landes bestimmen, der Starke, der Macher sein. Und daher war es eine angenehme Erleichterung für ihn, zu Hause von Gregs Schutz umfangen zu werden und auch, Greg die Entscheidungen treffen zu lassen.
Sie waren ein Paar auf Augenhöhe, keine Frage.
Und doch hatte es sich eingebürgert, dass Greg zu Haue bestimmte, was geschah und Mycroft sich dem anpasste.
Sie mochten es eben beide auf diese Weise und lebten ein glückliches, liebevolles Leben.
Greg strich Mycroft sanft über das Haar.
Er liebte ihn mehr als er je geliebt hatte.
Und ja, dieses Wochenende würden sie miteinander schlafen.
Da war er sich sicher.
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Bauchschmerzen
FanfictionMycroft und Greg lieben sich. Sie leben zusammen. Sie halten zusammen. Alles ist wunderbar. Nun ja. Bis auf eine Sache: Sie haben immer noch nicht miteinander geschlafen... (Dies ist die Fortsetzung zu "Fieber" und somit der zweite Teil der Liebeskr...