Als Mycroft das Haus betrat, hörte er leise Musik aus Richtung der Küche kommen.
Es war ein wunderbares Violinenstück.
Interessanterweise kannte er es nicht, aber er erkannte den Bogenstrich und damit die künstlerische Hand, die hinter den offenbar vom Band kommenden Klängen steckte.
Sherlock.
Und wie es aussah, war es ein von seinem kleinen Bruder selbst komponiertes Stück.
Mycroft hängte seinen Mantel an den Haken und zwang sich zur Ruhe.
Was immer hier vorging, es war nichts schlimmes im Gange und daher war es das beste, was er tun konnte, zu versuchen, so entspannt wie möglich die Dinge auf sich zukommen zu lassen.
Er schritt zur Küchentür und öffnete sie.
Seine Augen wurden groß und sein Atem stockte bei dem Anblick, der sich ihm bot.
Gregory stand vor ihm.
Er trug seinen besten Anzug und sah einfach umwerfend aus. Die Fliege war etwas schief gebunden, was Mycroft ein liebevolles Lächeln entlockte.
Auf dem Tisch war wie für ein Drei-Gänge-Menü gedeckt, mit ihren besten Weingläsern, dem silbernen Leuchter mit schlanken, weißen Kerzen sowie edlen Stoffservietten.
Gregory strahlte ihn an und sah gleichzeitig verlegen aus.
„Entschuldige, Mycroft, dass ich dich einfach so aus dem Büro entführt habe. Aber ... du und ich, wir haben jetzt ein Date."
Mycroft schluckte.
„Gregory ..."
„Psssht," machte Gregory und legte einen Finger auf die Lippen.
„Keine Widerrede!"
Er ergriff Mycrofts Hand und führte ihn zum Tisch.
„Setz dich. Ich habe gekocht, und ich hoffe, es schmeckt dir."
Es gab eine köstliche Maronensuppe.
Sie schmeckte großartig und Mycroft genoss sie sehr, obwohl ihm vor Aufregung das Herz flatterte. Es war schon verrückt, sie waren doch nun schon eine ganze Weile zusammen. Und doch fühlte er sich heute, als wäre es ihr erstes Date. Als wäre er ein verliebter Teenager, dessen Schwarm ihn das erste mal ausführte.
Sie aßen und unterhielten sich, und es fühlte sich gleichzeitig auch warm und geborgen an.
Das Hauptgericht war ein Rehbraten. Dazu gab es Klöße und Pfifferlinge. Es war ein klassisches Gericht, das Greg ganz meisterhaft gelungen war. Mycroft sparte nicht mit Lob.
Gregory glühte vor Freude. Es schien ihm viel zu bedeuten, dass Mycroft so begeistert war.
Gregory sah nervös aus.
Mycroft merkte, dass seine Hände ein wenig zitterten und seine Stimme unsicher klang ...
Herrgott und er hatte nicht die geringste Idee weswegen.
Jedem anderen hätte er sicher an der Nasenspitze angesehen, was hier eigentlich los war. Gregory nicht. Wahrscheinlich, so dachte er, weil einfach zu viele Gefühle im Spiel waren.
Zu viele? Nein, das war falsch ausgedrückt. Gefühle, ja, aber es war genau richtig so. Da war nichts zu viel.
Schließlich war der Hauptgang beendet und es kam zum Nachtisch.
Gregory stand am Küchenboard mit dem Rücken zu ihm und atmete tief durch. Anscheinend musste er seinen Mut sammeln.
Dann drehte er sich um und hatte eine kleine runde Silberplatte, die mit einer silbernen Haube bedeckt war, in den Händen.
Er trat an den Tisch und stellte sie auf seinem eigenen Platz ab. Dann nahm er die Silberhaube ab.
Darunter befand sich ein Schälchen mit Mousse au chocolat, etwas, was Mycroft besonders liebte.
Er trat erneut zur Anrichte, wo sich ein zweites solches Silbergedeck befand, das er vor Mycroft abstellte.
Mycroft hatte dem ganze Vorgang etwas verwirrt zugesehen.
„Nun, der Nachtisch, ,sagte Greg. „Du kannst entweder auch Mousse au chocolat wählen, so wie ich. Oder du wählst, was unter deiner Silberhaube ist."
Mycroft schluckte erneut und spürte, wie ihn Aufregung durchflutete.
Er hob die Haube und spürte wie Greg sie ihm aus den Händen nahm.
Dort auf seinem Teller stand ein kleines, mit schwarzem Samt ausgeschlagenes Kästchen und darin steckte ein Ring.
Ein Ring!
Er wandte den Blick Greg zu und musste zu seiner Verblüffung feststellen, dass der vor ihm auf die Knie gegangen war.
„Mycroft", sagte Greg, „du bist die Liebe meines Lebens. Du bist der Mann, der mich wahnsinnig macht mit seiner Starrköpfigkeit und gleichzeitig zutiefst anrührt, wenn du mir deine liebevolle, weiche Seite zeigst. Du bist der Mann, der mich beschützt, für mich da ist und mir immer wieder zeigt, wie sehr er mich wertschätzt. Du bist der Mann, der mich dazu bringt, in die Oper zu gehen, obwohl ich das verabscheue und der sich mir zuliebe Rockmusik anhört und zumindest versuchst du, zu verbergen, wie furchtbar du sie findest. Du bist der Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen mochte. Du bist der Mann, der es zulässt, dass ich ihn Myke nenne, wofür du jeden anderen schon nach Sibirien deportiert hättest.
Und daher möchte ich dich fragen, Myke: Willst du mich heiraten?"
Mycroft schluckte.
Er versuchte zu sprechen.
Es ging nicht im ersten Anlauf.
Er brauchte ein paar Atemzüge, bis es ihm gelang, wieder Worte zu finden.
Und dann kam es aus tiefstem Herzen, als er sagte:
„Je, Gregory, ja, ich will!"
* * *
Als aus Mycroft Holmes und Gregory Lestrade einige Monate später Mr. und Mr. Holmes-Lestrade wurde, hatte Gregory immer noch nicht mit Mycroft geschlafen.
Aber es spielte keine Rolle. Für Greg war es ohnehin nie ein Problem gewesen, und Mycroft hatte nun auch verstanden, dass die Nähe, die zwischen ihnen herrschte, dadurch nicht geschmälert wurde.
Natürlich lief auch ihre Hochzeit nicht ohne Verwicklungen ab, und John und Sherlock, die inzwischen Mr. und Dr. Watson-Holmes waren, stifteten ihren Teil an Verwirrung ... aber das ist dann schon Stoff für eine andere Geschichte.

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Bauchschmerzen
Fiksi PenggemarMycroft und Greg lieben sich. Sie leben zusammen. Sie halten zusammen. Alles ist wunderbar. Nun ja. Bis auf eine Sache: Sie haben immer noch nicht miteinander geschlafen... (Dies ist die Fortsetzung zu "Fieber" und somit der zweite Teil der Liebeskr...