Kapitel 05 ~ Emily

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Emily

„Und hier ist der Wellnessbereich. Wie sie sehen, ist es hier in Dortmund nicht sehr viel anders als in Berlin“ erklärte mir mein neuer freundlicher Chef Herr Kaufmann. Ich nickte verständnisvoll und sah mich erstaunt im großen Schwimmbereich um.

„Sie werden hier eh nicht so viel sein, da sie in den Bereichen Rezeption, Gastronomie und Zimmerservice arbeiten werden.“. Wieder nickte ich und schenkte ihm ein Lächeln. Bis jetzt fühlte ich mich in meinem neuen Job pudelwohl und ich hoffte, dass das auch so blieb.

„Vielen Dank für den Rundgang, es ist wirklich ein sehr schönes Hotel. Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit“ sagte ich freundlich und schüttelte seine Hand, die er mir reichte.

„Ebenfalls. Bis Montag dann Frau Fritsch.“ verabschiedete er mich und ich ging gemäßen Schrittes durch die große Lobby ins Freie. Ein Blick auf die Uhr lies mich erschrecken. Es war schon Halb 10! Um 10:00 Uhr wollte eigentlich nochmal Caro kommen, um mir beim endgültigen Einzug zu helfen. Noch hatte ich keine weiteren Bekanntschaften in Dortmund gemacht. Kein Wunder, ich war ja bisher wegen dem ganzen Umzugskram kaum aus der Wohnung rausgekommen.

Schnell winkte ich ein Taxi und keine 15 Minuten später stand ich vor meiner Wohnung.

„Guten Morgen, danke nochmal dass du mir hilfst“ begrüßte ich Caro gut gelaunt und zog sie in eine feste Umarmung.

„Kein Problem, deswegen hab ich ja auch Schlabberzeug an.“ lachte sie, schnappte sich die 1. Kiste und verschwand im Wohnzimmer. Kopfschüttelnd, aber grinsend, machte ich ihr es gleich. Caro hatte schon immer einen kleinen Ordnungsfimmel gehabt. Im Gegensatz zu mir. Nicht dass ich jetzt unordentlich war, aber ich verschob nicht ständig sämtliche Möbel in Zimmern und putze auch nur, wenn es nötig war. Wir waren sowieso wie Dick und Doof, wie Tom und Jerry… wie Arsch und Eimer – komplett unterschiedlich, doch die perfekte Ergänzung. Wenn sie mal wieder zu aufbrausend war, war ich diejenige, die sie beruhigte. Wenn ich mir mal wieder alles gefallen ließ, geigte sie denjenigen die Meinung… es passte einfach zwischen uns. Und genau darum war sie meine beste Freundin - und wird es immer bleiben. Ich wusste, dass sie immer hinter mir stehen würde, egal um was es ging und wenn ihr Bruder auch nur halb so toll war, wie Caro, würde dass der Anfang einer wunderbaren Freundschaft werden.

„Sag mal… Mo ist genauso alt wie ich oder?“ fragte ich Caro nach einiger Zeit, in der wir fleißig meine neue Wohnung verschönert hatten. Sie nickte und schloss mit einem Ratsch den Kissenbezug meines Kissens.

„Ja ist er und immer noch genauso bescheuert wie damals, aber du kennst ihn ja kaum.“

„Ich komm euch am besten heute Abend mal besuchen, weil ich erstens nicht weiß, wo du wohnst und zweitens will ich endlich auch mal diesen altberüchtigten Mo kennenlernen, der dauernd dein Gesprächsthema ist!“ beschloss ich und verschränkte grinsend meine Arme vor der Brust. Caro lachte auf und schmiss mich mit dem gerade erst frisch bezogenen Kissen ab.

„Hey“ beschwerte ich mich grinsend und ließ das natürlich nicht auf mir sitzen…

So, Küche war jetzt auch fertig. Zufrieden stellte ich das letzte IKEA Glas ins Regal und fing an Caro zu suchen. Gefunden hatte ich sie dann schließlich im Wohnzimmer, wo sie aufgeregt vor meinem großen Panoramafenster auf und ab hüpfte. Grinsend stellte ich mich neben sie.

„Was genau veranstaltest du da?“

„Ich such Leo, der wartet da unten.“ kicherte sie. Wow sie kicherte. Das musste ja wahre Liebe sein. Konnte ich zwar selbst nicht beurteilen, aber ich dachte es mir. Natürlich hatte ich schon Beziehungen, aber für mich war das nie Liebe gewesen. Liebe bedeutete für mich, dass ich jede einzelne Sekunde bei ihm sein wollte. Dass ich all seine kleinen Macken kannten, er für mich aber trotzdem perfekt war. Dass ich keine Angst vor unserer gemeinsamen Zukunft haben musste, auch wenn sie noch so hoffnungslos erschien. Und dass hatte bisher leider noch keiner geschafft. Nicht das ich jetzt gefühlskalt war, ganz im Gegenteil, süß fand ich schon viele, aber diese 3 Worte, diese 3 Worte die eine Beziehung nochmal auf ein neues Level brachten, diese 3 einfachen Worte die einem zum glücklichsten Menschen der Welt machen konnte, hatte ich bisher noch nicht über die Lippen gebracht. Ich liebe dich.

Schön, dass Caro diesen jemand schon gefunden hatte. Ich vergönnte es ihr aus ganzem Herzen.

Langsam kam ich wieder in der Realität an, wo meine aufgeregte Freundin immer noch vorm Fenster rumhampelte.

„Verliebt wie am ersten Tag, was?“. Ich konnte nicht verhindern, dass ein kleiner Stich durch mein Inneres ging.

„Da ist er! Du Ems, sorry, aber ich muss jetzt gehen. Wir wollten noch in die Stadt, ansonsten hätte ich ihn mit hochgenommen“. Ihre Augen glitzerten, als sie nach unten blickte. Neugierig folgte ich ihrem Blick und sah einen Typen mit rotem Cap, der lässig an einer Straßenlaterne lehnte.

„Das ist also dein Freund?“ grinste ich und versuchte einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen, doch leider sah man nur sein Cap.

„Ja das ist Leo. Aber ich muss mich jetzt echt beeilen weil…“

„Ist schon in Ordnung. Ich komm dann heute gegen 18:00 Uhr vorbei, okey?“ unterbrach ich sie lachend. Doch sie schien in Gedanken schon 5. Stockwerke weiter unten, bei einem gewissen Herr mit rotem Cap zu sein.

Schmunzelnd begleitete ich sie noch bis zur Tür und ließ mich dann kopfschüttelnd auf einen Küchenstuhl nieder. Dieses Mädchen war schon eine Klasse für sich.

Die restliche Zeit bis 17:30 Uhr vertrödelte ich mit unnötigen Soaps, Caros Straße in Google Maps zu suchen und mit meiner Familie zu telefonieren. Alles in allem war ich dann schon etwas erschrocken, als mein Blick zufällig auf die Uhr fiel und es schon 17:15 Uhr war. Schnell suchte ich mein Handy, dass, ich bei dem ganzen Ein-und Ausräumen verlegt hatte, holte meine Jacke und verließ gut gelaunt die Wohnung.

Geschlagene 35 Minuten später war ich endlich in der richtigen Straße und vor Haus Nummer 9 Nervös drückte ich die Klingel und starrte dann sofort auf meine Füße. Erst als die Tür überschwänglich von einer strahlenden Caro aufgerissen wurde, schaute ich lächelnd auf.

„Emily! Schön dass du da bist, gerade wollte ich dich anrufen. Nicht dass du dich noch verlaufen hast.“ plapperte sie darauf los und drückte mich kurz. War sie nervös?

„Leo konnte leider nicht kommen, aber ihr werdet euch schon noch kennenlernen. Er freut sich echt schon darauf. Solange musst du halt mit Mo Vorlieb nehmen.“. Ich lachte.

„Luft holen nicht vergessen“. Caro sah mich erst verdutzt an, bevor sie ebenfalls zu lachen begann und mir in die Seiten knuffte. Dann trat sie durch eine Tür, hinter der ich das Wohnzimmer und auch Mo vermutete. Tief Luft holend folgte ich ihr. Na hoffentlich ging alles gut.

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