Kapitel 12 ~ Leo

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Leo

Ich stellte die kleine Schachtel sorgfältig in die Schublade, legte ein kleines Tuch darüber und schob die paar Geburtstagskarten, die ich darin verbarrikadierte, darüber. Wer wusste schon, wann Caro das nächste Mal etwas suchte und dann vielleicht diese Schublade auswählte? Der Ring war nirgends sicher. Wenigstens hatte der Verkäufer Geschmack bewiesen und wusste ganz genau, was ich benötigte. Elegant, schlicht, fein. Wie es Caro eben mochte.

Als ich vorhin auf der Couch saß, war ich so nervös, dass ich diese scheiß Schachtel tausendmal auf und zu gemacht habe. Schließlich war das ein Ding der Zukunft. Etwas, das Caro niemals weglegen würde, oder besser gesagt: dieser Ring machte etwas aus uns, das unbezahlbar war und man hatte es nur einmal mit dieser einen Person. Verlobung. Klang schon etwas seltsam in meinen Ohren, aber trotzdem konnte ich mir keine bessere Verlobte als Caro vorstellen. Sie war eben dieses eine Mädchen seit einer halben Ewigkeit. Diese halbe Ewigkeit wollte ich unbedingt verlängern und das ging nur durch diesen Ring. Im Grunde wusste ich ja gar nicht, ob Caro das überhaupt wollte. Sie war 18 und ich 19. Okay, in zwei Monaten, also Juli, hatte sie Geburtstag, da wäre sie auch 19 und ein halbes Jahr später wäre ich 20. Das Dreijährige würde auch schon gefeiert werden, am 25. Mai. Was sollte ich tun, wenn sie nein sagte? Keiner konnte mir garantieren, wie sie reagieren würde.

Mo war auch ziemlich schockiert, als ich ihm davon erzäht hatte. Was, wenn sie mich einfach nur stumm ansah? Was, wenn sie ablehnte? Was, wenn alles vorher in die Brüche ging? Nein, falscher Gedanke, Leo. Passierte mit Sicherheit nicht.

"Du bist echt mit deinen Gedanken woanders", lachte Mo und schlug mir leicht an den Hinterkopf. Sollte er nur, er wusste sowieso was gleich für eine Antwort kam.

"Ich hab wenigstens jemanden an den ich denken kann, du ewiger Single", scherzte ich.

"Ich auch...", schmunzelte mein bester Freund und fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare.

"Ahaaaa?" Nuri tauchte neben Mo auf, zog verdächtig die Augenbraue nach oben unf zwinkerte mich an.

"Caro hat dir doch sicher von Emily erzählt, oder?" Monoton nickte ich, setzte zum Sprint an, stoppte wieder und wartete bis Mo dasselbe hinter sich hatte.

"Gestern, als du gekommen bist, ist sie einfach abgedampft. Über die Terasse...das war richtig seltsam. Vor allem, erst fragt sie mich noch, ob das du bist, dann verabschiedest du dich mit deiner Standartschnulze und sie krallt sich in meinen Oberschenkel, du musst mal sehen wie der jetzt aussieht, und sie....-" Ich hielt Mo die Hand vors Gesicht, damit er aufhörte so viel zu plappern. War ja schlimmer als Caro manchmal, wenn sie wieder richtig gut drauf war.

"Okay?" antwortete ich nur. Mich störte das alles gerade bei meinen Gedankengängen. Mein Kopf plante gerade wann und vor allem wo ich sie fragen sollte. Noch dazu empfand ich es als wichtig, dass alles perfekt werden würde.

"Zeig mal deinen Oberschenkel", forderte ich und zuppelte am unteren Saum seiner Hose. Mo schlug einfach auf meine Hand.

"Ich bin nicht schwul und kann das selber machen", murrte er und zog sein Hosenbein hoch. Oh ja, da hatte er mit dem Begriff festkrallen definitiv ins Schwarze getroffen. Kleine Kratzer, beziehungsweise kleine blaue Flecken waren zu sehen.

"Die hatte aber einen festen Griff."

"Ach was du nicht sagst..." Mo rollte mit den Augen.

"Sag mal...gehst du heute mit Caro noch wohin oder kann ich mich drauf einstellen, dass du zu uns kommst?" fügte er hinzu. Irgendwie war mir im Moment alles lieber, als Zuhause. Da würde ich nur durchgehend an diesen scheiß Ring denken, aber das musste ich heute eh noch, weil ich das alles Mama erklären musste. Meine Familie hatte zum Glück kein Problem mit meiner Freundin, nur Caro's und Mo's Eltern kannten mich nur von Telefonaten her. Ich hatte sie noch nie gesehen, würde aber lieber wissen, was die dazu sagten.

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