Kapitel 18 ~ Leo, Emily

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Leo

"Hey Emily!" hörte ich meine Freundin und setzte automatisch ein Lächeln auf, als Mo und ich in den Gang traten. Man merkte, dass Caro unheimlich froh war ihre beste Freundin so nah bei sich zu haben.

"Also, das ist mein Freund Leo." Caro drehte sich um und ich sah zum ersten Mal diese Emily. Vor Schreck wich mir das Lächeln aus dem Gesicht. Ich kannte sie. Emily Fritsch. Das war genau die Emily.

"Was seid ihr jetzt so stumm?" lachte Caro auf, schob Emily auf mich zu, die panisch die Augen aufgerissen hatte. Jetzt sah ich sie zum ersten Mal nach Jahren wieder. Ich wollte weg, weg von diesem verletzten Blick, weg von diesem Mädchen.

"Hallo... Ich.. " Oh Leonardo, was war mit dir passiert.

"Ich bin Leonardo...", stellte ich mich vor, reichte ihr meine Hand und tat einfach so als wäre nichts. Sie kannte mich ja eigentlich, wieso stellte ich mich noch vor?

"Emily..", presste sie heraus und nahm gezwungen meine Hand in ihre. Sie war ein verdammt hübsches Ding geworden, obwohl wir uns ja eigentlich nicht mehr so viel verändert hatten. Sie war älter geworden und wirkte bodenständiger. Was hatte ich diesem Mädchen nur angetan...

Als sie Mo begrüßt hatte, schleifte Caro mich widerwillig hinter sich in die Küche, verschränkte ihre Arme und sah mich mit diesem Blick an, den Frauen perfekt draufhatten, wenn sie eifersüchtig wurden. Sollte das etwa heißen...

"Warum bist du so komisch zu ihr?"

"Bin ich doch gar nicht", verteidigte ich mich. Ja, ich war doch nur schockiert, weil ich mein Mobbingopfer wieder getroffen hatte. Oh Gott.

"Ach so... Seit wann kannst du dich dann nicht mehr normal vorstellen?" Caro würde mich hassen, wenn sie erfahren würde, was wirklich zwischen Emily und mir passiert war. Im Grunde kannte Caro mich schon immer, nur fand ich es jetzt nicht gerade prickelnd, dass sie mein altes 'Ich' ja eigentlich hasste.

"Kriegen wir jetzt mal was zu essen, oder ist hier grad der große Megastreit ausgebrochen?" funkte Mo dazwischen und warf mir einen warnenden Blick zu. Klar, Mo hatte den Ring noch. Ich musste aufpassen. Was wenn wir uns wirklich noch trennten, wenn Emily mein fieses Geheimnis herausplauderte? Es würde alles in die Brüche gehen, nur wegen meiner Vergangenheit, wo ich in dieser scheiß Gang war.

"Ja wir kommen ja jetzt und nein, es ist nichts", murmelte meine Freundin, nahm ein paar der Käsebrötchen aus dem Ofen und platzierte sie in der Mitte des großen Tellers, den ich jetzt gleich in die Mitte stellen musste.

Am Tisch war mir der Appetit auf pão de queijo vergangen, weil mich Emily mit ihren Blicken nur so quälte. Wenigstens gab es Mo, der sie immer wieder ablenkte und ich Caro meine Hand zur Beruhigung auf den Schoß legte, sodass sich auf ihren Lippen sogleich dieses bezaubernde Lächeln widerspiegelte. Mit der anderen Hand führte ich eins der Käsebrötchen an meinen Mund und biss herzhaft ab. Scheiße. Konnte das nicht ein schlechter Albtraum sein? Ich war mir sicher, dass ich sie nie wieder treffen würde, obwohl ich mich immer bei ihr entschuldigen wollte. Dazu gab es keine Gelegenheit mehr, weil wir relativ bald das Angebot vom BVB bekommen hatten. Jetzt saß ich hier mit meinem besten Freund, der mit Emilys Anwesenheit wie ausgwechselt wirkte, der Schwester meines besten Freundes, die meine Freundin und vielleicht bald Verlobte war und meinem Mobbingopfer. Gott musste mich ja wirklich hassen, aber im Grunde war ich selbst schuld. Ich hatte schließlich ihr das Leben zur Hölle gemacht, was wirklich nicht in Ordnung war. In Dortmund hatte mich alles verändert. Es war wie ein Neustart, so komplett ohne Freunde.

"Und Leo und ich spielen eben beim BVB", erklärte Mo, der anscheinend noch mehr erzählt hatte. Sie wandte sich von Mo ab und mir zu.

"Und.. Ihr seid also schon zwei Jahre zusammen?" Sie fälschte ein Lächeln, das sah man genau, nur Caro schien das gut zu umgehen.

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